Das Mädchen

[49] Gestern noch ein dürftig Ding,

Das so grau und albern ging,

Nichts an ihm zu sehen –

Und muß heut behutsam sein,

Wie wenn im Mai die Blüten schnei'n,

Daß nicht all verwehen.


Wie wenn ich Blüten an mir habe,

Als sei ich eine Gottesgabe, –

Ein reines Wunder bin ich ja,

Wie nie ich eins mit Augen sah.

Und muß mich sehr zusammennehmen

Und schämen.
[49]

Warum? Weil ich so blühend bin,

Und weil der Wind treibt Blüten hin,

Die nicht am Baum erröten

Und voller Vorsicht sind

Und Unschuld und Erblöden –

Der dumme Wind!


Quelle:
Peter Hille: Gesammelte Werke. Berlin 1916, S. 49-50.
Lizenz:
Kategorien: