Naturpoesie

[238] Mel. Als der Sandwirth von Passeier.


O wie lieblich läßt sich träumen!

Lieder wehen aus den Lüften,

Lieder säuseln aus den Bäumen,

Aus der Blumen süßen Düften.

Aber Vetter Michel bleibet

Nur bei Raff's Naturgeschichte,

Holt sich daraus Stoff und schreibet

Große deutsche Prachtgedichte.[239]


O wie fröhlich läßt sich singen,

Wenn die Nachtigallen schlagen,

Trost dem deutschen Herzen bringen

In des Frühlings lichten Tagen!

Vetter Michel will nur singen,

Was die Elephanten machen,

Wie die Leu'n und Tiger springen

Und die Paviane lachen.


Vetter Michel hat's errungen,

Hat aus Raff's Naturgeschichte

Einen neuen Stoff versungen

Zu dem schönsten Prachtgedichte.

Seine Frau ist hochentzücket,

Und sie eilet fort nach Hause,

Kehret wieder und beglücket

Ihn mit einem seltnen Schmause.[240]


Weil er solches konnte schreiben,

Bringt sie ihrem Auserkohr'nen,

Erstlich Pumpernickelscheiben,

Dann noch Bier vom ausgegohr'nen,

Und sie lassen die Gedichte

Leben hoch viel tausendmale,

Segnen Raff's Naturgeschichte

Und die Thierweltideale.

Quelle:
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Deutsche Lieder aus der Schweiz, Hildesheim/New York 1975, S. 238-241.
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