Der König weiß es nicht

[21] Wir warten aber eines neuen Himmels und einer neuen Erde, nach seiner Verheißung, in welchen Gerechtigkeit wohnet.

Petri Epistel 2, 3, 13.


Mel. Helft, Leutchen, mir vom Wagen doch.


Wie ist des Elends in der Welt

So viel und mancherlei!

Und dennoch giebt man soviel Geld,

Daß jeder glücklich sei.

Ach! wer das Elend einmal sah,

Ich weiß, das Herz ihm bricht.

Was hilft's? ihr saget immer: ja,

Der König weiß es nicht.


Wie geht das Unrecht allezeit

So sicher doch umher!

Wie ist doch die Gerechtigkeit

So theuer und so schwer!

Warum giebt's soviel Unrecht noch?

So manchen Bösewicht?

Ich weiß, ihr wißt es alle, doch

Der König weiß es nicht.


Wie das Verdienst so wenig gilt

Und doch Geburt so viel!

Ist das nach Christi Ebenbild?

Das unsrer Liebe Ziel?[22]

Ist Adel denn ein Vorzug noch?

So gebt mir doch Bericht!

Ich weiß, ihr wißt es alle, doch

Der König weiß es nicht.

Quelle:
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Unpolitische Lieder von Hoffmann von Fallersleben, 1. + 2. Theil, 2. Theil, Hamburg 1841, S. 21-23.
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