Als Flavia einsmahls an einem groben sack arbeitete

[48] C.H.v.H.


Was macht doch Flavia mit ihrer weissen hand?

Bald hebet sie sie auff/ bald sencket sie sie nieder.

Mich deucht/ ein grobes tuch/ ein nichtiges gewand

Bemüht den schönen arm/ und plagt die zarten glieder.

Ach schönste Flavia/ so muß denn deinen muth[48]

Ein ungestalter zwirn und schlechte leinwand binden?

Doch weil dein werther leib im sacke busse thut/

So sage mir doch auch den Zufall deiner fünden.

Ich irre. Flavia will lebens-göttin seyn;

Der faden/ den sie zeucht/ trägt tausend männer leben/

Doch führt sie ihn mit fleiß nicht allzu zart und klein/

Es möchte sonst allhier zu viel der leichen geben.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 48-49.
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