[An Richard Beer-Hofmann]

[168] Als unser Hund im Comer See ertrank

Und wir zusahen und nicht helfen konnten

Da sahst Du lange nach auf der besonnten

Und dunklen Flut der kleinen weißen Leiche

Die, treibend, ganz zerging in goldner Bleiche,

Dann sagtest Du: »Es war am Ende gut

Daß er jetzt fort ist und für uns der gleiche

In der Erinn'rung dieser Tage ruht:

Denn kläglich häßlich ist ein altes Tier

Und grauenvoll in mancher Abendstunde

Dann später uns, den jungen, Dir und mir:

Denn er wär alt und wir noch jung gewesen

Und wie aus eines offnen Grabes Munde

So hätte Gott geschrien aus diesem Wesen« ...

Mir aber kam ganz anders in den Sinn

Dieselbe Sache, daß der Hund ertrank:

Ich sah die wunderschöne Uferbank

Wohin ihn spült das gleitende Gerinn,

Und in den Zweigen süßen zarten Wind

Und dort zwei Menschen wie wir beide sind:

Und ihre Schönheit drang in mich hinein

Und dann: die Einigkeit von alledem im Sein.

Quelle:
Hugo von Hofmannsthal: Gesammelte Werke in zehn Einzelbänden. Band 1: Gedichte, Dramen, Frankfurt a.M. 1979, S. 168-169.
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