Besitz

[156] Großer Garten liegt erschlossen,

Weite schweigende Terrassen:

Müßt mich alle Teile kennen,

Jeden Teil genießen lassen!


Schauen auf vom Blumenboden,

Auf zum Himmel durch Gezweige,

Längs dem Bach ins Fremde schreiten,

Niederwandeln sanfte Neige:


Dann, erst dann komm ich zum Weiher,

Der in stiller Mitte spiegelt,

Mir des Gartens ganze Freude

Träumerisch vereint entriegelt.


Aber solchen Vollbesitzes

Tiefe Blicke sind so selten!

Zwischen Finden und Verlieren

Müssen sie als göttlich gelten.


All in einem, Kern und Schale,

Dieses Glück gehört dem Traum ...

Tief begreifen und besitzen!

Hat dies wo im Leben Raum? ...

Quelle:
Hugo von Hofmannsthal: Gesammelte Werke in zehn Einzelbänden. Band 1: Gedichte, Dramen, Frankfurt a.M. 1979, S. 156-157.
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