Sturmnacht

[92] Die Sturmnacht hat uns vermählt

In Brausen und Toben und Bangen:

Was unsre Seelen sich lange verhehlt,

Da ists uns aufgegangen.


Ich las so tief in deinem Blick

Beim Strahl vom Wetterleuchten:

Ich las darin mein flammend Glück,

In seinem Glanz, dem feuchten.


Es warf der Wind dein duftges Haar

Mir spielend um Stirn und Wangen,

Es flüsterte lockend die Wellenschar

Von heißem tiefem Verlangen.


Die Lippen waren sich so nah,

Ich hielt dich fest umschlungen;

Mein Werben und dein stammelnd Ja,

Die hat der Wind verschlungen ...

Quelle:
Hugo von Hofmannsthal: Gesammelte Werke in zehn Einzelbänden. Band 1: Gedichte, Dramen, Frankfurt a.M. 1979, S. 92-93.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die Gedichte 1891-1898
Gedichte. Dramen I. 1891-1898
Gedichte. Dramen I: (1891-1898)