[15] Hertzog Philip, der Gutt genant,
Ein Fürst in der Burgunder Landt,
Hat viele Jahr regieret wol,
Wie ein Christlich Regent thun sol:
Also das kaum ein Fürst der zeit,
Ihm gleich gewesen an Weißheit,
Vnd andern hohn Tugenden mehr,
Damit von Gott war bgnadet er.
Solches bezeugen sein Geschicht,
So er allzeit weißlich verricht.
Er hat geführet schwere Krieg,
Darinn erhalten Lob vnd Sieg:
Hat viel Lender vnter sich gbracht,
Theils durch Heyrath, vnd theils durch Macht.
Des Gülden Flusses Ritter Ordn
Von jhm ist erst gestifftet wordn,
Da lsabel aus Portugal
Ihm beygesetzt, das dritt Gemahl.
Er hat erfahrn wolln auff ein' zeit
Des Menschlichen lebens Eitelkeit,
Hat derowegen von der Gassn
Ein vollen Mann auffheben lassn,
Vnd bringen auff seinen Palast,
Ins Fürstliche Bette zur rast.
Hatt jhn des morgens lassen ziern,
Von fuß zu heupt Fürstlich staffiern,
Und jhn zur Meß lassen beleitn
Gar prächtig, wie es zu den zeitn
Gehalten ward, vnd im Bapstum
Noch heute ist der grössest ruhm:
Hernach jhn auch zu Tisch lassn führn
Vnd vberall Fürstlich tractiern,
Bis man nach der Abentmahlzeit
Ihm geben hat seinen Abscheid,
Ihm zugesoffn so risch vnd frisch,
Das er entschlaffen hinterm Tisch.
Da hat der löblich Fürst alßbalt
Ihm sein gepletzte kleider alt
Anlegen lassen wiederumb,[15]
Von jhm genomn das Hertzogthumb,
Vnd haben die Trabanten forth
Ihn tragen müssen an den orth,
Da er für vier vnd zwantzig stundn
Im Rinnstein schlaffend war gefundn.
Als er die nacht dahin gebracht,
Vnd des morgens vom schlaff erwacht,
Hat er aus was jhm widerfahrn
Seinem Weib, Kindern, vnd Nachbarn
Erzehlt wie ein nächtlich gesicht
Vnd Traum, dem er wolt glauben nicht.
Das ist dieses Spiels Argument,
Welchs der Author zum guten end:
Wie Momus meint, vergeblich nicht
Sondern Zur Lehr hat angericht.
Daraus auch warlich yederman
Viel guter Lehren fassen kan.
Dann hie in einem Spiegel klar
Wird fürgestellet offenbar,
Das vnsers Lebens Ehr vnd Macht,
Frewd, Herligkeit, Ruhm, Zier vnd pracht
Sey nur ein Traum vnd falscher schein,
Darumb soll man gewarnet sein,
Trachten mit ernst vnd ja bey zeit
Im glauben nach der Seligkeit.
Sonst wird etwas, doch auch zur lehr
Vnd zier des Spiels, eingfürth beyher.
Laßts euch gefallen, seid fein still,
Hört was der Juncker sagen will.
Buchempfehlung
Den Bruderstreit der Herzöge von Gothland weiß der afrikanische Anführer der finnischen Armee intrigant auszunutzen und stürzt Gothland in ein blutrünstiges, grausam detailreich geschildertes Massaker. Grabbe besucht noch das Gymnasium als er die Arbeit an der fiktiven, historisierenden Tragödie aufnimmt. Die Uraufführung erlebt der Autor nicht, sie findet erst 65 Jahre nach seinem Tode statt.
244 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro