Nachts um meinen Tempelhain

[32] Nachts um meinen Tempelhain / wachen siebzig Bronzekühe. // Tausend bunte Steinlampen flimmern. // Auf einem roten Thron aus Lack / sitz ich im Allerheiligsten. // Ueber mir, / durch das Gebälk aus Sandelholz, / im ausgestochnen Viereck. / stehn die Sterne. // Ich blinzle. // Wenn ich jetzt aufstünde, /zertrümmerten meine elfenbeinernen Schultern das Dach. / und der eirunde Diamant vor meiner Stirn /stiesse den Mond ein. // Die dicken Priester dürfen ruhig schnarchen. // Ich stehe nicht auf. // Ich sitze mit untergeschlagenen Beinen / und beschaue meinen Nabel. // Der ist ein blutender Rubin / in einem nackten Bauch aus Gold.[32]

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Arno Holz: Phantasus. Stuttgart [1978], S. 32-33.
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