Therese Huber

Geschichte eines armen Juden

Ich möchte gern etwas Fröhliches erzählen; da ich aber nicht auf dem Felde der Phantasie einen Strauß pflücke, sondern von dem langen Wege der Erfahrung meine Erinnerungen mir zuströmen, so will selten die Geschichte eines glücklichen Menschen mir gelingen. Verzeiht mir also, Ihr Frauen, denen diese Blätter zuerst gewidmet sind, daß ich Eure Aufmerksamkeit für Unglückliche niedern Standes in Anspruch nehme! – Einzig betrüben will ich Euch nicht. Unter dem düstern Lebenshimmel, wo Labäo und Sophie wandelten, blühten auch Blumen, und auf ihrem rauhen Pfade senkten sich Keime in den Boden, die jenseits im reinen Himmelblau schön emporstreben werden. Und wenn demnach Euer Sinn einen Augenblick getrübt wird, so kauft damit das billige Nachdenken über das unaufhaltsame Rollen des Schicksals, wenn sein ehernes Rad einmal den abhängigen Boden des Irrthums berührt; kauft damit den milden Entschluß, auch in dem unscheinbarsten Unglücklichen den fühlenden Menschen zu ehren und nie den Zorn der strafenden Gottheit da zu erblicken, wo die leidende Menschheit erseufzt.

Im Elsaß lebte noch im Jahr 1792 eine reiche Judenfamilie, die so ungleich zusammengesetzt war, wie[137] die Misverhältnisse dieses Volks zu der Gesellschaft es so oft veranlassen. Moses, der Großvater, hatte durch die gemeinste Judenbetriebsamkeit den Grund zu dem Vermögen des Hauses gelegt. Er war ein Mann von gewaltsamem Charakter, unermüdeter Thätigkeit und Scharfsinn. Diese Eigenschaften, in der peinlichen Beschränkung seiner Lage, bei den unaufhörlichen Beeinträchtigungen von Seiten der Gesetze und bei den Verletzungen von Seiten der Gesellschaft, hatten ihm den Haß und die Bitterkeit gegeben, die sein ganzes Leben zu einem Rachegeschäft machten. Daß diese Rache die Werkzeuge, welche er in seiner Lage vorfand, gebrauchte, lag in der Natur der Sache. Moses mordete nicht, vergiftete keine Brunnen, schlachtete keine Christenkinder, wie christlicher Haß ehemals die Juden beschuldigte; aber er ward reich auf Unkosten jedes Christen, und empfand nach jeder Bereicherung viel mehr Triumph, sein Volk gerächt zu haben, als Freude über seinen Gewinnst. Er selbst war nie aus dem elenden Haushalt seines Ahnherrn gezogen; die Geldkiste schimmelte in der feuchten Kammer; die Zobelmütze, die er in der Synagoge trug, schien ins Wasser getaucht, – sogar nicht sein Sohn, der einzige, den ihm von vierzehn Kindern, in denen er Abrahams Segen oft frohlockend gepriesen hatte, die Wuth einer zweimaligen Blatternseuche übrig ließ, zog ihn aus der ärmlichen Wohnung. Dieser Sohn, Moses Levi, trat in einem Zeitalter, verschieden von dem, in welchem sein Vater begonnen, die Handelsgeschäfte an. Unter dem eisernen Manne zur Biegsamkeit gebildet, bog er sich dem seinen willig an.[138] Er war ein moderner Jude, benutzte das im Kleinen zusammengescharrte Geld zu größern Unternehmungen, gewann ungemein viel und versöhnte damit des Vaters Widerwillen gegen seine Untreue an der alten Sitte der Väter. Wie Levi geheirathet hatte und zahlreiche Enkel um den Alten herumkreisten, empfand er auf Augenblicke weniger Haß gegen die Treiber seines Volks, weil der äußere Glanz, der seine Enkel umgab, einen Theil der gewohnten Schmach von ihnen abhielt. Dennoch ließ er sich nie bereden, seines Sohnes schönes Haus in der Stadt zu beziehen, sondern hielt sich in dem Nebengebäude eines schönen Landhauses auf, das dieser eine Stunde davon besaß, und trieb, einen Waarensack auf dem Rücken, trotz seines hohen Alters viele Jahre seinen mühseligen Handel fort.

Von allen seinen Enkeln war ihm Labäo, einer der jüngsten, am liebsten. Ernst und folgsam, wie der Knabe in früher Kindheit war, glaubte er sich in ihm wiederaufleben zu sehen. Er stellte ihm zu Liebe nach und nach seine Handelswanderungen ein, blieb, um den Knaben um sich zu haben, zu Hause, lehrte ihn die Sprache seines Volks und las mit ihm seine Geschichten. Durch den schneidenden Gegensatz von Moses Judenärmlichkeit zu Moses Levi's Überfluß, von der Verachtung, die seinem Großvater überall begegnete, und der Sicherheit, mit der sein Vater auch vornehme Christenherren ansprach, lernte Labäo die Misverhältnisse seines Volks zu der Gesellschaft sehr früh empfinden. Beide verletzten sein weiches Herz, beide erweckten früh schmerzliches Nachdenken in ihm. Dreizehn Jahre war[139] er alt, als im Sommer von 1792 die Volksunruhen den unglücklichen Hebräern im Elsaß die Verfolgung zuzogen, an der kein rechtlicher Bürger Theil nahm, und die von den Volksmännern selbst mit Abscheu verworfen ward. Moses Levi hielt sich eben mit all den Seinen auf seinem Landgute auf; die Blattern, die ihn von vierzehn Kindern zum einzigen Sohn gemacht hatten, herrschten damals von neuem und nahmen ihm sein Weib und seine beiden ältesten Söhne. Schon im dritten Tage saß er im Staub und in der Asche; da trat sein alter Vater vor ihn und tröstete ihn mit Elihu's Worten: »Siehe, Gott wird Dich reißen aus dem Rachen der Angst, die keinen Boden hat, und Dein Haus wird Ruhe haben, voll alles Guten.« – – Da brach das wüthende Gesindel in den Hof herein, ein Theil trieb das Vieh fort, ein andrer plünderte das Haus; endlich legte man Feuer an, und am folgenden Morgen war von Moses Familie keiner mehr zu sehen. Moses Levi ward, wie man später sagte, im Schutt erschlagen gefunden; seine älteste Tochter sah man in der Angst in den nahfließenden Rhein fallen oder springen; ein Paar der jüngern Kinder bettelten lange bis Worms und Oppenheim hinab und sollen, wie ihrem unglücklichen Volke wieder Ruhe zu Theil ward, von ihren Glaubensgenossen versorgt worden sein. Moses und Labäo wurden aber nie mehr gesehn.

Bei dem Einbruch der Unmenschen war der Alte, von der Furchtsamkeit, die auf dieses Volks gedrückter Seele lastet, getrieben, sogleich auf eine Hinterthür zugeeilt. Hier begegnete er Labäo, der bei des Vaters[140] Angstgeschrei, nur von seinem kindlichen Gefühl beseelt, sich hinzudrängte. Der Alte riß ihn heftig mit sich fort. Der tiefsten Ehrfurcht gewohnt, folgte ihm der Knabe, laut schreiend und emphatische Flüche auf die Mordbrenner herabrufend. Zwischen Hecken und in Gärten versteckt oder fortschleichend, erreichten sie den Gottesacker ihres Volks, wo die Nacht sie bald vollends verbarg. Sie sahen an dem Wiederscheine, der die hohen Gipfel des nah anstoßenden Waldes färbte, und an dem rothen Himmel ihnen gegenüber, daß ihr Landgut hinter dem Hügel brenne. Labäo weinte; der Alte zerriß seine Haare und rief mit den Worten des Psalms Verderben auf seine Feinde herab. Nach einiger Zeit ließ die erlöschende Feuerröthe am Himmel die Sterne wahrnehmen, und sie belehrten Moses, daß es Mitternacht sei. Er ward still und blickte furchtsam nach einem Punkte des Kirchhofs, wo die frischaufgeworfene Erde frische Gräber verrieth. Labäo kannte den Ort und weinte still um seine Mutter und Brüder. Moses zog ihn am Kleide und zeigte wieder hin; sein langer weißer Bart zitterte bei dem lauten Zusammenschlagen seiner Zähne, sein dünnes Haar sträubte sich. Der Knabe erblickte auf den flachen Gräbern weiße Wolkengebilde, die bald gerade emporsaßen, bald, vom leisen Nachthauch bewegt, an den Gräbern hinabgleiteten, bald sich gegeneinanderneigten und auf einige Momente ihre weißlichen Gestalten vereinigten. Labäo erschrak; aber nicht um zu fliehen. Sein Großvater hatte ihn gelehrt, daß die Geister der Verstorbenen, bis die Elemente ihre Grundstoffe zurücknehmen, um die Gräber schweben und[141] sich von ihrem vergangenen Leben unterreden. Gern hätte er der Mutter noch ein Lebewohl gesagt, aber wohl wissend, daß sie ihn nicht ferner vernehmen dürfe, beneidete er die Bruderseelen, wenn sich ihr Dunstgebild dem der Mutter zuneigte. Sobald der Morgen graute, gingen die beiden Unglücklichen in den Wald hinein und aßen ein Paar Tage Wurzeln und Beeren, bis sie in die Franche Comté kamen, die keinen Theil an der elsasser Unmenschlichkeit gegen ihr Volk genommen hatte. Dann zogen sie weiter durchs Land über den Jura in die französische Schweiz. Der Alte wollte nach Triest, wo sein Sohn mehrere Handelsverbindungen gehabt hatte; aber sein Unglück hatte seinen Kopf so zerrüttet, daß er in der Irre umherzog. Anstatt gefaßter zu werden, mischte sich je mehr und mehr wirklicher Wahnsinn zum Gefühle seines Elends. So kam er eines Tages auf ein Landgut am neuchateller See. Die weiblichen Bewohner waren, nach der ehrwürdigen Einfalt ihrer Sitten, selbst beschäftigt, das reingewaschne Weißzeug auf den Grasboden zu legen; Moses Erscheinung mit seinem Knaben zog sie von ihrem Geschäft ab. Der lange Greis war in einen dunkelrothen Schlafrock gehüllt, wie er ihn am Abend seiner Flucht getragen hatte; eine mitleidige Frau hatte ihm unterwegs ein Stück eines grünen Zeuches geschenkt, sein kahles Haupt damit vor dem Regen zu verwahren. Das hing schräg über seine Schultern; sein weißer Bart reichte bis zu seinem Gürtel herab; sein nackter Scheitel war von dünnen, ganz gebleichten Haaren begränzt. Mit einer Heftigkeit, die im Erzählen stieg, trug er sein[142] Unglück vor. Mit der einfachen kräftigen Action, die das Volk aus seinem Stammlande übrig behielt, stand er mitten unter seinen Zuhörern. Bald ward seine Erzählung eine fortgesetzte Verwünschung. Schon lange drückte er sich nicht mehr französisch aus, sondern stieß in den befremdlichen Tönen des jüdischen Hebräisch die üblichen Fluchesformeln aus. Ein starker Wind wehte seinen Bart in die Luft hinaus, zauste seine dünnen Locken; das weite Gewand, das grüne Tuch flatterten hinterwärts; seine entfleischten Arme streckte er, Rache rufend, gen Himmel. Daneben stand Labäo, von Hunger und Gram verzehrt, ein Bild der in Elend ersterbenden Kindheit. Unter seinen großen, schwarzen Wimpern sahen seine niedergeschlagnen Augen wie verschlossen aus, als könnt' er den Anblick des Lebens schon nicht länger ertragen. Jetzt stürzte der Alte ermattet an der Treppe nieder und schlug in dem Unsinn seines Zorns den Kopf mehrmals auf die steinernen Stufen. Labäo trat herzu, kniete, faßte das verletzte Haupt in seine Arme, und der körperliche Schmerz brachte den Alten zur Besinnung. Von milden Gaben überhäuft verließen beide den Landsitz. Moses war sehr ermattet; die Nacht überfiel sie auf einer Höhe, wo die Reuß im tiefsten Felsbette dem See zueilt. Da lagerten sie sich unter einem Baum. Der Mond schien hell. Moses schleppte sich auf einen Felsen dicht am Absturz und befahl seinem Enkel, mit ihm zu beten. Lange that er es stille, bis des Ahnherrn furchtbares Ächzen ihn bewog, sein Angesicht aufzurichten. Er sah ihn mit ausgestreckten Armen flehend gen Himmel sehen;[143] der volle Mond erleuchtete sein blasses Gesicht; seine graue Wimper zitterte vor dem Glanze der Nachtleuchte, als könne sie keinem irdischen Lichte mehr stehen. Wie der Betende Labäo aufblicken sah, legte er heftig seine Hand auf sein Haupt, schien Segensworte zu sprechen, aber drückte es nieder. Der Knabe verhüllte sich schaudernd; die Hand entzog sich ihm, er hörte den Großvater nochmals seufzen, dann seine Lage verändern und langsam sich abwenden. Von unendlichem Grauen ergriffen, sprang er auf – da glitt der Körper des eben entseelten Alten, von seiner leblosen Schwere hingezogen, den Felshang hinab und stürzte in den angeschwollenen Fluß, der seine Wellen über ihm zusammenschlug.

Labäo heulte laut in hülflos wildem Schmerze; im ersten Moment wollte er ihm nachstürzen; der Anblick der gewaltigen Wogen, die mit weißem Schaum aus der finstern Tiefe heraufblickten, schreckten die Lebensliebe in der Brust der Jugend auf, daß er von dem Absturz zurücktaumelte. Die ganze Nacht irrte er in der unbekannten Gegend umher, um an das Bette des Flusses zu kommen und Menschen und die Leiche des Großvaters zu finden. Es ward Tag, ehe er sich aus den Felsklüften herausfand. Die Landleute hörten untheilnehmend auf seine jammervolle Geschichte; die ihm Aufmerksamkeit schenkten, sagten kaltblütig: wenn sein Großvater bei der Kluft des Frühlings hineingestürzt sei, wie es nach seiner Beschreibung der Fall wäre, so finde ihn jetzt kein Mensch wieder; erst mit der Herbsttagesgleiche höb' ihn die Flut aus den Klüften[144] empor. Es schien Labäo, als hätte die Natur selbst ihr Siegel auf dieses tiefe nasse Grab gedrückt; ohne die Gründe der Leute zu begreifen, verlor er den Muth ferner zu bitten; seine Kräfte waren erschöpft; seit ihn seines Großvaters Elend nicht mehr beschäftigte, fühlte er sich so hülflos und verlassen, daß er schüchtern den See hinabwärtsschlich, froh, mit stumm erbetteltem Brote sein Leben zu fristen. Eines Abends kam er in ein Dorf, wo Jahrmarkt gewesen war. Die Krämer saßen um den Weinkrug und erzählten sich die schrecklichen Schicksale, welche die Juden vor wenigen Wochen im Elsaß erlebt hatten. Mit roher Gehässigkeit schimpften sie auf das verachtete Volk, konnten kaum ihre Schadenfreude über das ihnen eben widerfahrne Unglück verbergen; sie behaupteten, kein Binnenhandel könnte gedeihen, bis diese ganze Nation vertilgt sei. Labäo saß abgemattet auf der Thürschwelle; wie er diese Reden hörte, wünschte er sich in die Fluten, die seinen Großvater begruben. Am folgenden Tage wanderte er durch ein andres Dorf, wo vor einem ansehnlichen Hause ein betagtes Frauenzimmer saß und freundlich mit einer Bäuerin sprach. Sie hatte einen Korb mit Obst neben sich stehen. Labäo hatte noch nichts genossen, seine Kräfte schwanden; sein Hunger und die Güte im Gesichte dieser Frau gaben ihm Muth, um ein Paar Birnen zu bitten. Die Dame gab sie ihm, hieß ihn sitzen und schickte die Bäuerin, Brot für ihn aus dem Hause zu holen. Dann fragte sie ihn, ob er auch einer der Unglücklichen sei, welche die Bauernwuth aus Frankreich vertrieben. Die Erinnerung der Härte, mit der[145] man gestern über sein Volk geurtheilt hatte, benahm ihm den Muth, sich ausdrücklich als Jude zu bekennen; er benutzte den doppelten Sinn dieser Frage, die alle Ausgewanderte meinen konnte, und beantwortete sie mit einem schüchternen Ja. Nun folgten mehrere Fragen, die den Knaben in Lügen verwickelten, aber ihm auch, wie es so leicht geht, die Lügen selbst vorspannen. Er war eines Pächters Sohn, sein Vater erschlagen, seine Heimath verbrannt – dieses wahre Märchen kam endlich heraus. Die alte Dame ward von des Armen schönen Zügen und sichtbarer Erschöpfung innig gerührt. Sie ließ ihn von einem Bedienten in das Wohnhaus führen; er erhielt reine Wäsche und schlief seit seiner Flucht zum ersten Mal wieder in einem Bett. Am andern Morgen war er augenscheinlich gestärkt; seine Wohlthäterin gab ihm eine leichte Gartenarbeit, die er zu ihrer Zufriedenheit vollbrachte, und nach wenigen Tagen Probezeit, während der sie ihn beobachtete, erlaubte sie ihm, als Gärtnerbursche im Hause zu bleiben. Man war in jener Zeit an so viele befremdliche Erscheinungen des Unglücks gewöhnt, daß die Sonderbarkeiten in Labäo's Betragen keinen Verdacht erweckten. Er hatte sich Leo genannt, wie seine Mutter ihn in feiner Gesellschaft zu nennen pflegte; seine Kenntniß des Hebräischen verschwieg er sorgfältig, und jedem andern Widerspruch in der Rede entging er leicht, da ihm sein Kummer das Schweigen lieb machte. Er ward seiner Wohlthäterin so werth, daß er bald, mit Kleidern und Wäsche wohl versehen, seine Lage für sehr tröstlich hätte halten können, hätte nicht der Betrug,[146] in den er sich verwickelt sah, all' seinen frohen Muth zerstört. Dieser Betrug ward dadurch noch unzerstörbarer und peinlicher, weil unter den heilsamen Lehren, die seine gute Herrschaft ihm unaufhörlich wiederholte, die Warnung gegen die Lüge obenanstand. Je fürchterlicher die Verachtung war, die man dem Lügner zuschwor, je unmöglicher ward es ihm, die langverhehlte Wahrheit zu gestehen. Je schuldiger der Knabe sich für die Vergangenheit fühlte, je ernster blickte er bei dem Versprechen, sich nie einer Unwahrheit schuldig zu machen, in das fromme Angesicht seiner Lehrerin. In diesem Kampf zwischen seinem Gewissen und seinem Willen hätte der Knabe sehr verkehrten Herzens werden können, wäre nicht das Schicksal durch eine Veränderung seiner Lage dazwischengetreten.

Der Spätherbst kam heran; die Weinlese war vorüber; die Gutsbesitzer zogen in die Stadt herein. Wie Labäo eines Tages einen Korb mit Gartengewächs in das Haus trug, sah er einen Wagen voll Gäste aussteigen, in denen er sogleich einen Theil der Familie er kannte, die ihm und seinem Großvater gleich nach ihrer Ankunft in diesem Lande so reichliches Almosen gegeben hatte. Da er bei Tische mit dem Bedienten aufwarten mußte, sah er den Augenblick unentweichbar vor sich, wo seine Lüge entdeckt und er als elsassischer Judenjunge erkannt werden mußte. Der arme Knabe verlor alle Besonnenheit; der nächste Augenblick däuchte ihm eine moralische Vernichtung. Er schlich in seine Kammer, legte seine zerrissenen elsasser Kleider wieder an, stand einige Momente zitternd und weinend in dem[147] Garten, wo sein Elend mit dem Himmelsthau der Menschenliebe war gelabt worden, und verließ dann diese Zuflucht ohne einen andern Plan, als der Entdeckung zu entgehen. Er lief den ganzen Nachmittag und nach kurzer Ruhe einen Theil der hellen Herbstnacht durch, den See hinab, bei Neuville vorbei, bis er endlich in einem Schoppen vor Müdigkeit niederfiel und schlief. Bei seinem Erwachen schauderte ihm vor seiner Hülflosigkeit. Seit die Wellen seines Großvaters Leichnam verschlangen, trat er mit der Schmach, Jude zu sein, unter die Menschen und fühlte diese Schmach wie ein finstres Räthsel, vor dem seine Vernunft erstarrte. Eine viel drückendere Schmach, die er ganz begriff, ganz verabscheute, lud er freiwillig auf sich: die, ein Lügner zu sein und ein Verleugner seines Volks. Schon lange däuchte ihm, diese Schuld mache ihm sein Volk lieber; durch seine Reue glaubte er es zu versöhnen, durch den festen Entschluß, lieber zum Märtyrer seines Glaubens zu werden, als ihn je wieder zu verleugnen, stärkte er sein junges Herz. Wehmüthig verglich er das Elend, das ihn jetzt drückte, mit den Wohlthaten, die seine Lüge ihm verschafft hatte, und versprach sich, sie nie wieder mit einer Lüge zu erkaufen. Ohne um sein Herkommen gefragt zu werden, bettelte er sich fort, bis er an einem Sabbath Mittag nach Münster in der westlichen Schweiz kam. Er wußte, der Weg führe nach Basel; von da wollte er nach Strasburg, wo, wie er Fremde an seiner Herrschaft Tische hatte erzählen hören, die jüdische Gemeine nicht mishandelt worden sei. In Münster trat er in einen Gasthof, wo[148] ein ganzer Tisch voll Landleute beim Speisen saß; der Aufwärter stieß ihn aus dem Zimmer zurück, und der Knabe blieb, durchfroren, hungrig und tief gekränkt, stehen, um von den herausgehenden zu bitten. Neben der Thür in der Ecke des Zimmers saß ein ältlicher Mann ganz allein, mit Brot und Wein auf dem Tische. Er winkte Labäo zu sich, gab ihm ein Stück Brot und reichte ihm Wein. Der Arme war von der Güte überrascht; er trank, aber beim zweiten Schluck fielen große Thränen in sein Glas. Der Fremde sah ihn mitleidig an, that einige Fragen an ihn, denen bald die folgte: wer waren Deine Eltern? – Elsasser Juden, antwortete Labäo mit einer Art von Feierlichkeit, denn zum ersten Mal legte er mit diesen Worten der Wahrheit ein Zeugniß ab. Der Fremde fragte dann weiter, dabei so theilnehmend, daß es den Knaben drängte, mehr zu thun als für die Wahrheit zu zeugen, er wollte auch für den Betrug büßen, in dem er gelebt hatte, und erzählte schamglühend, aber unverholen, was ihm am See begegnet sei. Der Fremde schien bewegt, sann nach und sagte dann: Wenn Du den Entschluß in Dir befestigst, immer wahr zu bleiben, so nehme ich Dich mit mir; ich gehe nach Wien. – Ich darf also einem Jeden sagen, daß ich ein Jude bin, ohne daß Sie mich verstoßen? fragte Labäo mit lebhafter Spannung. – So oft man Dich fragt. – Der Fremde trug nun dem Wirth auf, schleunig eine reinliche Kleidung zusammenzukaufen. Sobald Labäo diese angelegt hatte, reiste er mit seinem neuen Wohlthäter in einem sehr bequemen Wagen nach Basel ab. Während der Knabe[149] mit dem Fremden im Gasthofe gesprochen hatte, mußten einige der Gäste zugehört haben, denn er vernahm, daß sie untereinander sagten: »Er ist selber ein Jude.« Diese Worte machten es ihm auffallend, daß er allein und nur bei Brot und Wein gesessen hatte. Der Gedanke, daß also Laban sein Volk auch verleugne, quälte ihn und vermehrte die Unruhe in seinem Blute, die, noch ehe er Basel erreichte, in ein heftiges Fieber ausbrach. Laban blieb seinetwegen einige Tage in Basel und pflegte ihn wie seinen Sohn. Wie er sogar des Nachts an seinem Bette sitzen blieb, überwältigte Dank und Sorge das Kindergemüth. Labäo ergriff Laban's Hände und fragte dringend: Nicht wahr, Sie sind ein Jude? – Ja wohl bin ich das, antwortete dieser sehr ruhig. Sobald man mich fragt, sag' ich's; allein ungefragt sowenig wie andre Glaubensgenossen. Du konntest es ja an meinem Speisen sehen. Denn wenn ich Niemand Ärgerniß gebe, erfülle ich gern die Satzung. Wenn Du gesund bist, will ich Dir das schon begreiflich machen. –

Das that er. In Wien erhielt Labäo die besten Lehrer in Allem, was einen Knaben zur hohen Schule vorbereiten kann; Laban selbst unterrichtete ihn aber in der Religion seines Volks. Die von jedem fremden Zusatz gereinigte Lehre mußte Labäo's unverdorbene, dem Guten so ernst anhängende Seele erheben. Die aufs graueste Alterthum gegründeten Satzungen waren ihm ehrwürdig; die späteren Zusätze lernte sein Verstand dulden, und seine frühe Gewohnheit machte sie seinem Herzen lieb. Laban rieth ihm, ein Arzt zu werden;[150] dann wollte er ihm in Siebenbürgen, wo er eigentlich zu Hause war, zu einer sichern Lage verhelfen. Labäo verlebte fünf glückliche Jahre; er war seinem Wohlthäter so innig ergeben, daß er oft wünschte, sich dem in jeder andern Rücksicht ihm verhaßten Handelsgeschäft ergeben zu können, um ihn nie zu verlassen. Da begleitete er ihn auf einer Reise an den Rhein. Bei ihrer Rückkehr, in einer protestantischen Reichsstadt, wo sie im Begriffe waren, sich einzuschiffen, fand er ihn am Morgen ihrer Abreise todt in seinem Bette. Ein Nervenschlag hatte ihn hinweggerafft. Labäo war unfähig seine verlaßne Lage zu fühlen; er empfand nur seinen Verlust und die Umstände, die dessen Bitterkeit noch vermehrten. In dem Orte wurden keine Juden geduldet; es war also kein jüdischer Gottesacker daselbst. Ein Paar zufällig anwesende Hebräer der ärmsten Classe schienen gar nicht empört, wie man Labäo erklärte, sein Pflegevater werde neben der Mauer des christlichen Kirchhofs auf einer Schaftrift beerdigt werden. Die herbeieilenden Gerichte, denen Labäo unverholen sagte, daß er nicht des Verstorbnen Sohn sei, versiegelten alle seine Habseligkeiten, zeichneten sich nach seiner Angabe die Namen seiner siebenbürgischen Verwandten auf (denn in Wien hatte deren Labäo keine gekannt) und überließen dann den Jüngling seinem Schicksal. Verlaßner war er wol nie gewesen! selbst nicht an dem Tage, wie die tobende Reuß seinen Großvater begrub. Damals kannte er die freundlose Welt noch nicht; nun aber hatte er Aussichten, Plane, Hoffnungen gehabt, und sie waren alle verloren. Von der Familie seines[151] Wohlthäters in Siebenbürgen hatte er nichts zu erwarten; Laban war in keinem vertrauten Verkehr mit ihr gewesen; sie kannte ihn vielleicht gar nicht, und die wenige Baarschaft, die ihm übrigblieb, reichte zu der gewagten Reise nicht hin. Voll Schmerz folgte er daher der gastfreien Einladung seiner armen Glaubensgenossen und ging mit ihnen nach Alfingen, wo eine große Judengemeine größtentheils in Armuth lebte. In diesem Zustande hatte er sein Volk noch nicht gekannt. In elenden Hütten fand er kränkliche Eltern und verkrüppelte Kinder eingezwängt. Unempfindlichkeit für Verachtung bei ihnen, Unempfindlichkeit ihrer eignen Unmenschlichkeit bei den Christen um sie her. Der Jude, der ihn bei seiner Ankunft aufnahm, hieß Oswald und war einer der wohlhabendsten in der Gegend. Von der intellectuellen Ausbildung der berliner Juden, von dem gesellschaftlichen Wohlbehagen der wiener hatten die Juden dieser Landschaft keinen Begriff. Oswald behandelte Labäo's Vorsatz, Arzneikunst zu studiren, wie eine Tollheit und malte ihm das Elend, das ihm als verachtetem Juden auf dieser Laufbahn bevorstehen würde, mit gräßlichen Farben. Gram und Unruhe griffen den Jüngling so an, daß ihn ein hitziges Fieber befiel. Das wenige Geld, das ihm nach seines Wohlthäters Tode geblieben war, reichte nicht weit; aber an Pflege fehlte es ihm nicht. Oswald wohnte nicht so ärmlich, wie der größte Theil seiner übrigen Glaubensgenossen; aber das Bedürfniß des Raums, der Reinlichkeit, der frischen Luft war in seinem Hause auch nur sehr beschränkt; was sie aber besaßen, was sie für eine Erquickung[152] hielten, theilten sie mit dem Kranken und schafften es herbei. Er genas, und Bedürfniß und Dankbarkeit nöthigten ihn, an den Handelsgeschäften Oswald's Theil zu nehmen. Wenn der Arme, mit einem schweren Sacke beladen, die langen Wege zwischen Alfingen und den benachbarten Städtchen und Dörfern zurücklegte und seiner Vergangenheit, seiner Hoffnungen gedachte, glaubte er oft, sich selbst entrückt und in einen fremden Leib gebannt zu sein. Die Geringschätzung, mit der ihm überall begegnet ward, durch welche die Theilnahme selbst, die er hier und da einflößte, den Ton des neugierigen Mitleids oder der scheuen Befremdung annahm, die Mishandlung, die er hier und da erlitt, wirkten so heftig auf ihn, daß er oft mit abenteuerlichen Planen von Rache, oft mit noch abenteuerlichern von Rettung seines Volks umherging. Diese heftigen Bewegungen konnten aber in einem Gemüth, das selbst im Gewohnheitsdruck erzogen war und ringsum Alles dem Drucke sich unterwürfig fügen sah, nicht zu Entschlüssen kommen, sondern führten auf ein grübelndes Untersuchen der Möglichkeit, wie ein so zahlreicher, genau verbundner Haufen von Menschen sich allenthalben dem Elende hingäbe, ohne es durch völlige Unterwerfung oder allgemeine Widersetzlichkeit zu erleichtern. Diese Träumereien brachten ihn mit einem alten Rabbiner in nähere Verbindung, einem gelehrten, aber ganz beschränkten Juden. Hier lernte Labäo eine dritte Ansicht seines Glaubens kennen. Sein Großvater war ganz der hassende, über keinen Gegenstand als seinen Handel nachdenkende Schacherjude gewesen, der in den[153] Verhältnissen seiner Nation nur die Hindernisse, die ihrem Handel und Wandel in Weg gelegt werden, rügte, alles Übrige aber als todte Masse mit in die Wagschale des Hasses legte. Die Beeinträchtigung des Handels hatte den dreizehnjährigen Labäo wenig angefochten; der Haß war für sein junges Gemüth wenig gemacht und wurde bei seines Vaters gedeihlicher Lage wenig erregt; des Großvaters Denkart war also bei seinen Lebzeiten ganz unwirksam gewesen; erst jetzt begriff er sie, da er unter der unglücklichen Volksclasse, wo jener sie ausgebildet hatte, lebte. Bei Laban hatte er sie ganz aus den Augen verloren. Er hatte dort in einem idealischen Judenthume gelebt, in einer Kirche gleichsam außer der Gemeine, in der Kirche eines reinen Deismus bei höchst alterthümlichen, bedeutsamen Formen. Eleasar, der alfinger Rabbiner, zog ihn jetzt ins gemeine Judenthum hinab, das heißt: in die Religionsbegriffe eines haß- und furchterfüllten Gemüths. Das Räthsel, warum ihr Volk den Jahrtausende dauernden Druck ertrage, glaubte er sehr schnell durch die Versicherung zu lösen, daß dadurch Gottes Zorn gebüßt würde, und die Entschädigung für diese Jahrtausende der Schmach verhieß er untrüglich in der endlichen Wiederherstellung des Volkes Gottes. Der erste Satz nöthigte zur unbedingtesten Knechtschaft unter den Buchstaben des Gesetzes; der zweite erweckte eine sonderbare Spannung bei den Schicksalen der Völker nahe um sie her, weil die Hoffnung, daß der Retter ihres Volkes nun auftrete, bei jedem neuen Vorgange angeregt werden mußte. Bei den gewaltsamen Bewegungen, die seit einigen Jahren im[154] Westen von Europa ausgebrochen waren, glaubte Eleasar die Wiedergeburt der jüdischen Herrschaft sehr nahe. Labäo hatte in den fünf Jahren, die er mit Laban verlebte, zu viele Kenntnisse gesammelt, um diese Begriffe als Glaubensartikel anzunehmen; allein ihre Wirksamkeit konnte ihm nicht entgehen, und er ahnte, obschon in einem von Eleasar's ganz verschiednen Sinne, die Möglichkeit ihrer Erfüllung. Mit der Ehrerbietung, die seine Lehre der Jugend gegen das Alter einprägt, hütete er sich vor Widerspruch; indem er aber seinem eifrigen Lehrer Zweifel entgegensetzte, spannen sich die Erörterungen aus und gewährten dem bedrückten Jüngling ein Mittel zur Entwickelung seines Verstandes. Nach einem Jahre, das er mühselig durchlebt hatte, ohne irgend eine Aussicht zur Fortsetzung seiner Studien zu entdecken, trug ihm Oswald, der sei nen Handel immermehr ausbreitete, auf, seinen Waarenverkauf in **gen, einem lebhaften Städtchen an der Donau zu besorgen. Ein größeres Glück konnte Labäo in seiner Lage nicht widerfahren. Dort war eine hohe Schule; er konnte hoffen, daselbst Bücher, vielleicht Unterricht zu finden. Da sich in **gen keine Juden niederlassen durften, brachte er nur die drei, seinem Handel gesetzlich zugestandnen Tage der Woche daselbst zu, die vier übrigen in einem nahen Dorfe. Für diese drei Tage hatte er für sich und seine Waaren ein Zimmer bei einem wohlhabenden Sattler gemiethet, der billig genug war, nach kurzer Zeit Labäo von dem gemeinen Juden zu unterscheiden. Er bot ihm anfangs freundlich die Tageszeit, lud ihn dann Abends in sein Zimmer ein, und Labäo[155] fand bald in der Unterredung dieses derben, welterfahrnen Mannes Zerstreuung und Unterricht. Der Sattler las gern ein gutes Historienbuch, eine Reisebeschreibung, auch zuweilen eine Predigt. Diese letzte legte er, wenn Labäo seiner Einladung folgte, sogleich bei Seite; in den andern hörte er aber den jungen Juden gern vorlesen, aber noch lieber darüber reden und seine Fragen beantworten. Gesprächsweise entdeckte ihm Labäo seinen langgehegten Plan, Arzneiwissenschaft zu studiren, und seine Sehnsucht nach Unterricht. Der Sattlermeister hatte in seinem Städtchen nie davon gehört, daß Juden wirklich studiren und Doctoren werden könnten; er meinte also gewiß, Labäo wollte sich taufen lassen. Sein gesunder Verstand ließ sich von seiner Religiosität nicht bestechen, sondern stellte dem Juden sehr beweglich vor, daß er damit wenig Glück machen werde; wenn ihn sein Gewissen nicht mächtig dränge, solle er lieber ein Jude bleiben. Labäo ward sehr schmerzhaft von diesem Irrthum verletzt; er verabscheute den Gedanken, sein armes Volk zu verleugnen; aber es kam ihm grausam vor, das Herrschende auch durch dieses Opfer nicht einmal versöhnen zu können. Sehr ernstlich benahm er dem Manne seinen Wahn und erzählte ihm, wie es hier und da jüdische Ärzte gäbe, die durch ihre Geschicklichkeit alle Hindernisse ihrer Verhältnisse überstiegen hätten. Rechtliche Gesinnungen gefallen allen gesunden Gemüthern; der Sattlermeister gewann den Juden seiner Glaubensbeharrlichkeit wegen um so lieber, da er aus seinem Gespräche hier und da eine richtigere Ansicht dieses Glaubens aufgefaßt hatte. Er[156] schlug ihm nun vor, ihn dem Director der hohen Schule, einem wackern katholischen Geistlichen, vorzustellen, damit dieser ihm Rath, vorzüglich aber Bücher für sein Fach verschaffte. Der geistliche Herr nahm den Juden gütig auf, stellte ihm freundlich die ungeheuern Hindernisse, die er finden würde, dar; wie aber der stille, bescheidne Jüngling mit Beharrlichkeit sie zu überwinden betheuerte, versprach er, einen groß müthigen reichen Edelmann in der Gegend mit seiner Sehnsucht nach Wissenschaft bekanntzumachen, und verschaffte ihm indeß alle Bücher, die er zu seinen Selbststudien bedurfte. Nun lebte Hoffnung in Labäo auf. Die vier Tage, die er auf seinem Dorfe zubrachte, saß er ununterbrochen über seinen Büchern; in der Stadt benutzte er die wenige Zeit, die ihm sein Handel übrig ließ, zum Abschreiben, womit man ihm auf des geistlichen Herrn gütige Empfehlung ein kleines Verdienst verschaffte.

Seit er in des Sattlermeisters Hause lebte, war ein junges Mädchen darein aufgenommen worden, die ein hartes Schicksal zu einer neuen Lebensweise zwang. Ihre Mutter war des Sattlers Base, ihr Vater Beamter eines Reichsprälaten. Er hatte die Gelegenheit, sich zu bereichern, so unvorsichtig benutzt, dabei seinem Herrn so wenig zu gefallen gesucht, daß eine Untersuchung über ihn ausbrach, die ihn verarmte. Eine tödtliche Krankheit verkürzte seine Strafe; der Gram hatte seine Gattin schon hinweggerafft; seine zahlreichen Kinder mußten ihr Unterkommen ihrer Hände Arbeit oder der Barmherzigkeit Andrer verdanken. So nahm der wackre Sattlermeister [157] Sophien in sein Haus, um seiner Frau zur Hand zu gehen und dafür alle Rechte eines Kindes zu genießen, da er selbst keines hatte. Sophie war eine schöngeborne Seele. Ihre Mutter hatte sie Frömmigkeit und Fleiß gelehrt, Abscheu vor allem Unreinen. Siegwart, das einzige weltliche Buch, das ein günstiges Geschick ihr in die Hände führte, eines der Bücher, die an der Donau ins wirkliche Leben eingreifen, indeß man sie in Norddeutschland nur als phantastische Romane liest – Siegwart hatte Ahnungen eines höhern Glücks, als ihre Umgebungen bieten konnten, in ihr erweckt. Daß sie arm und abhängig geworden sei, fühlte sie peinlich; aber bald fand sie den Aufenthalt in dem Hause des fleißigen Handwerkers ihrem Herzensbedürfniß angemessener als die lärmende, rohe, sich nur an der Tafel und beim Becher gefallende Gesellschaft der Prälatur. Nach einigen Wochen hätte ein schärferer Beobachter wohl wahrgenommen, daß die Abendstunden, wo Labäo mit ihrem Vetter in den schönen Historienbüchern las und ihm von seinen Reisen erzählte, oder gar aus der alten Geschichte, bald von dem Volke Gottes, bald von den Völkern, die ihre Ahnen Göttern gleichstellten, die täglichen Blüten ihres Lebens waren. Sie eilte, mit sorgsamem Eifer alle häuslichen Geschäfte zu vollenden, damit sie Abends nicht nöthig hatte das Zimmer zu verlassen Dann saß sie unbeweglich an ihrer Kunkel und warf die Spindel so behende durch die Luft, daß sie kaum den Boden berührte, und spann so zart und schnell, daß die Base Sattlerin nur ungern die zehnte Stunde schlagen hörte,[158] über die hinaus der Hausherr kein Licht mehr gestattete. Die Natur lehrte die achtzehnjährige Sophie Dem Freude machen, der ihrer Seele so neue, erhabene Freuden zuführte. Ein verschämt freundlicher Gruß, eine bessere Milch zu seinem Kaffee, der einzigen warmen Speise, die der strenge Jude in dem christlichen Hause zu sich nahm, die Reinigung und Anordnung seines Zimmers waren die einzigen Mittel ihm wohlzuthun. Diese häuslichen Berührungspunkte verwischten nach und nach die Scheu, die Labäo's Nationalität in ihr vorgefunden hatte. Sie fand in seinem Zimmer keine Spur jüdischer Eigenheit. Ordnung, Reinlichkeit, Liebe zur Zierlichkeit sogar, die sich in dem armen Raum nur durch die Anordnung der Päcke und Kisten andeuten konnte, benahmen ihm in Sophiens Augen das Judenzeichen. Wie das Frühjahr Blumen schenkte, brachte er deren täglich, wo er bei seinen Handelsgängen botanisirte, von den Feldern nach Hause, und sein kleines besonntes Fenster war immer mit der schönsten Auswahl der Wiesen und Büsche geschmückt. Labäo war nicht ungerührt von der Nähe des liebenswürdigen Mädchens. Wenn er sie am Brunnen schöpfen sah, gedachte er Rebekka's; trug sie einen Arm voll frisches Gras zum Stalle, so glich sie der Ruth, und wenn sie Abends die leichte Spindel drehte, indeß er vorlas und der Sattler, aufmerksam die Hände gefaltet, im Lehnstuhl saß, mahnte ihn ihr stilles Beisammensein an den Frieden in den Hütten der Väter. Weder er noch sie konnte ahnen, daß Liebe in ihnen entglimme. Die Kluft, die sie trennte, kam jedem Gedanken an[159] Annäherung zuvor, und das eben schmiedete ihre Ketten. Von dem stummen Gruß zum freundlichen Wort, dann zum langen vergessenden Anblicken, dann zu einer gefundenen Gelegenheit kleiner Dienste, bis zu dem tödtlichen Schrecken, der Sophie befiel, wie der geistliche Herr Labäo meldete, daß er ihm Mittel geschafft habe, seine unentbehrlichsten Bedürfnisse auf einer norddeutschen Universität zu bestreiten, war ihnen keine Abstufung sichtbar. Sophie ging todtenbleich zum Zimmer hinaus. Labäo gerieth in eine Bewegung, deren Heftigkeit ihm nur allmälig erklärlich ward, aber je länger je mehr seine Seele mit Schrecknissen füllte. Plötzlich fand er in jeder Falte seines Herzens Sophiens Bild, wohin er den Blick wendete, die unbezweifelte Unmöglichkeit, ihr und sein Glück zu gründen, und über alles dieses eine erstarrende Scheu vor seiner Liebe und seinem Kummer, die in der früh angewöhnten Absonderung vor jedem fremden Religionsverwandten lag. Der geistliche Herr drang in ihn, unverzüglich nach Estfelden zu gehen, wo der großmüthige Mann seinen Sitz hatte, der ihn durch eine drei Jahre lang wiederholte Unterstützung von dreihundert Gulden in Stand setzen wollte, eine Universität zu besuchen. Er machte sich sogleich auf den Weg; und so sehr seine Schüchternheit dem ganzen Ausdruck seiner edeln Gestalt schadete, gewann er dennoch den Beifall dieses wahrhaft wohlthätigen Mannes so sehr, daß er ihn durch seine Behandlung ermuthigte und ihm noch ein ansehnliches Geschenk zu seinen Reisekosten machte. Er that noch mehr, er ging in seine Religionsverhältnisse ein und veranlaßte[160] dadurch in Labäo eine Erneuerung der bei seinem Pflegevater Laban aufgefaßten Begriffe, durch die seine Seele sich hob. Seit langem waren sie durch seine gedrückte Lage und Eleasar's starre Religiosität in den Hintergrund gedrängt worden. Der Baron war der erste Christ, der über diesen Gegenstand mit ihm sprach. Er war betroffen, in ihm eine, Laban's so ähnliche Ansicht des Judenthums und der Verbindlichkeit der bloßen Satzungen äußern zu hören; der Baron stellte ihm die Wichtigkeit seiner bevorstehenden Laufbahn als durchaus jede Observanz überwiegend vor; auch in der Rücksicht, daß sie ein Mittel für ihn sei, seine Kirche zu ehren und seinen Glaubensgenossen zu nutzen. Diese Sprache, diese Behandlung wirkten auf Laban's Gemüth wie eine warme Sonne auf die vom Reife erstarrte Pflanze. Er fühlte Muth, seine Lage mit seinem Gewissen zu einigen; daß ihm dieser Mann erschienen sei, däuchte ihm eine Zusage, daß sein Pfad fortan aus der Dunkelheit emporführe zum Licht. Sophie war dabei sein steter Gedanke. Den Siegwart hatte er nicht gelesen; aber Griechen und Römer, und aus ihnen hatte er sich die Ansicht gebildet, daß der Mann dem Gute entsagen müsse, das ihm die Pflicht verweigre; jedoch er hatte auch einen Ernst des Gefühls aus ihnen gelernt, der gegen alle Hindernisse, die ihm Armuth und Gewalt in den Weg legten, anzukämpfen im Stande war. Aber auch gegen Glauben und Gewissen? – Hier gab ihm keine Vorwelt einen Leitfaden; seine Vernunft befahl ihm, Die aufzugeben, die er liebte, und das beschloß er zu thun. Ohne den Wohnort des wackern Sattlermeisters[161] zu berühren, ging er quer durchs Land nach Alfingen, um Oswald Rechnung abzulegen von dem Stand seines Handels und ihn mit seiner Abreise nach Jena bekanntzumachen. Der gutmüthige Jude hörte seinen Entschluß mit Besorgniß; aber der Gedanke, daß er wol ein so angesehener Mann werden könnte, wie zu den Zeiten der Väter mancher Hebräer bei den Fürsten fremder Völker geworden, entzündete seine Phantasie; er machte ihm ein Geschenk und ermahnte ihn, seines Volkes stets zu gedenken. Anders empfing ihn Eleasar. In dieses Eifrers Augen war der Entschluß, von christlichen Lehrern zu lernen und Christen zum Besten eine Wissenschaft zu treiben, eine Apostasie. Nachdem er vergeblich Das, was er für Beweggründe hielt, aufgezählt hatte, gerieth er in einen so heftigen Zorn, überschüttete den armen Jüngling mit so furchtbaren Verwünschungen, daß dieser verstummt vor ihm stand, noch mehr wegen der Erinnerung, die er ihm zurückrief, als wegen der Wichtigkeit, die er seinem Unwillen gab. Gerade so mit wild fliegendem Bart, mit glühendem Blick und aufgehobnen Händen sprach Moses, sein Großvater, den Fluch über die Treiber seines Volks aus am Tage seines Todes am Felsufer der Reuß.

Sehr gedrückt kehrte Labäo nach ** en zurück. Er sah sich nun wieder an einem Abschnitt seines jungen Lebens und fühlte wieder, daß, wohin er sich wendete, er immer in eine fremde, feindliche Welt trat. Bis zu Michaelis, wo seine Abreise nach Jena festgesetzt war, mußte er noch Oswald's Handelsgeschäfte besorgen. Er nahm sich fest vor, durch keinen Wink, durch kein[162] Wort Sophien den Kampf seines Herzens zu verrathen. Er fand den Meister Sattler sehr ernst und seine Frau mit rothgeweinten Augen. Sophie kam nicht ins Wohnzimmer, er sah sie nicht im Hause, und hatte erst spät den Muth zu fragen, wo sie sei. Sie sei krank, war der Bescheid. Es lag etwas in dem Betragen der Leute, das ihn bestürzte; aber da Sophie hineinverflochten schien, fehlte es ihm an Unbefangenheit es zu erforschen. Sehr wehmüthig saß er noch spät in der Nacht auf und suchte vergeblich seine Aufmerksamkeit auf seine Bücher zu heften, als er einen leisen Schritt vor seiner Thür hörte, und gleich darauf trat Sophie in ihrem Nachtzeuge herein, ein großes schwarzes Cruzifix in einer Hand und ein geistliches Buch in der andern. Sie setzte das Gottesbild auf den Tisch, langte nach einer großen Schale mit reinem Wasser, die sie immer Sorge getragen hatte selbst in Labäo's Zimmer zu unterhalten; und nachdem sie solche vor das fromme Bild gestellt hatte, wendete sie sich mit schwärmerischer Feierlichkeit zu Labäo. Seine erste Bewegung bei ihrem Eintritt war zu entfliehen. Noch nie hatte er das Mädchen allein, noch nie in dieser Stunde, nie in diesem Anzuge gesehn. Vielleicht hatte er bei seiner Bemühung, zu studiren, in dieser Mitternachtsstunde seine Gedanken nicht streng genug bewacht – er fühlte sich in einer Gefahr, die keine Untersuchung erlaubte, und wollte der Thür zueilen; aber Sophiens Handlung, noch mehr die ernsten Worte, die sie sprach, belehrten ihn, daß hier nicht seine Tugend bedroht, aber wol sein Herz zerrissen werden sollte. Sophiens Verstand war[163] zerrüttet. Viele Monate lang hatte sie sich unbewußt die Glut im Herzen getragen; plötzlich war sie durch den Schrecken über Labäo's Abreise zur Flamme aufgeschlagen, und gegen sie kämpften nun vergebens Abschied, Selbstverdammung und Scham. Dieser Zustand zerrüttete, von zufälligen Einflüssen begünstigt, in wenigen Tagen das Gleichgewicht ihrer Seelenkräfte und nöthigte ihre Verwandten, sie in ihrem Zimmer eingeschlossen zu halten. Ihre quälenden Empfindungen waren von den früh eingesognen Grundsätzen ihrer Vernunft so beherrscht, daß diese sogar bei ihrer Verwilderung ihr Geheimniß verwahrte, sodaß ihre Verwandten nicht deutlich erfuhren, was ihren Zustand veranlaßte. Daß Liebe daran schuld sei, vermutheten sie wol, weil sie oft von solchen Beispielen gehört hatten. Das arme Mädchen hatte Labäo's Rückkehr nicht eher vernommen, als spät in der Nacht, wo sie, von Unruhe gequält, noch ihre Wärterin am Schlafen verhinderte, die ihr denn ohne alles Arge zu ihrer Zerstreuung des Juden Rückkunft erzählte und unterrichtet, wie in einfachen Bürgerfamilien gute Dienstboten es immer in den Angelegenheiten ihrer Brotherren sind, hinzusetzte, wie ihm ein vornehmer Baron vieles Geld gäbe, damit er ein gelehrter Doctor werden könnte, und wie sie überzeugt sei, er ließe sich doch endlich noch taufen. Der Hauptgrund von Sophiens Krankheit war durch Labäo's Rückkehr verloren; denn mit der Gegenwart des Geliebten, wenn er auch Tod und Verderben an der Hand führte, ist der Liebende dennoch dem größten Elende entrückt. Allein der Schluß von der Dienstmagd Erzählung öffnete[164] ihren Phantasien ein ganz neues Feld. Sie ward sehr ruhig, und die Wärterin schlief fest ein. Die Absicht, mit der die Arme in Labäo's Zimmer trat, verräth, was ihre Gedanken beschäftigt haben mochte. Mit frommer Unschuld war von dem ganzen Schicksal ihrer Liebe das Seelenheil des Geliebten der einzige Punkt, der sie fortwährend beschäftigte. Durch die Taufe mit ihm in den Bund der Christen zu treten, hielt sie für das Ziel ihrer Wünsche; da aber die ganze Wirklichkeit um sie her ihren Träumen widerstrebte, entrückte sie sich ihr; sie hielt sich nun nicht mehr für die arme Sophie, die unübersteigliche Schranken von Labäo trennten; sie war ein schon erlöster Todter, und nun bestimmt, des Geliebten Schutzgeist zu sein, sollte sie sich mit ihm durch die Taufe des Geistes vereinen. Nach dem ersten furchtbaren Eindruck, den die unerwartete, herzzerreißende Erscheinung auf ihn machte, übersah Labäo den ganzen Zusammenhang seines und ihres Elends. Seine Seele errang eine Fassung, die der schwache Mensch in solchen Augenblicken wol lieber Inspiration nennen möchte. Er antwortete ihr auf ihre feierliche Anrede mit der ernsten Versicherung, diese Taufe des Geistes habe er schon empfangen; das sei das heilige Band, was von Anbeginn alle Frommen der Erde verbinde. Die Erörterung, in die er über diese Versicherung mit ihr einging, verstand sie ebenso wenig, als er sie überdacht haben mochte; aber ihr Resultat konnte ihr in ihrem überspannten Zustande genügend vorkommen; es lehrte sie, daß Labäo Gottes Kind sei wie sie und somit ihr Bruder im Glauben. Sie hielt[165] sich nun nicht mehr von ihrem Geliebten getrennt; ihre Spannung legte sich, und sie ließ sich nach einer Weile ruhig in ihr Zimmer führen, wo die festschlafende Wärterin ihre Abwesenheit gar nicht wahrgenommen hatte.

Labäo's erster Blick bei der Rückkehr in seine Kammer fiel auf das Cruzifix, das Sophie an einige Blumentöpfe, die auf seinem Tische standen, gelehnt hatte. Von Blättern umschattet, blickte die weiße elfenbeinerne Gestalt wie eine Lilie unter dem Laube hervor. Dieser befremdliche Anblick in seinem Zimmer gesellte sich zu allen übrigen Umstanden seiner Lage, um ihn außer sich selbst zu versetzen. Wie hätte die junge Erfahrung eines einundzwanzigjährigen Jünglings in diesem Labyrinth den Faden sollen finden? Mit zerstörter Heftigkeit durchstreifte sein Geist die verworrenen Pfade seines Schicksals; mit überwältigender Bitterkeit schien es ihm, als wenn diese weiße Lilie am Kreuz all sein und seines Volkes Elend gestiftet hätte – und er streckte seine Hand aus, um es zu zerstören. Bei dieser Bewegung stieß er an seine blühenden Rosen, daß alle ihre Kinderhäuptchen sich schüttelten und sie bittend ihn anzublicken schienen. – Ach, Menschen hatten ihn wenig angelächelt, die Blumen aber immer; jenen würde er vielleicht getrotzt haben, diese konnte er nicht verletzen; bis er behutsam sie zurückbog, um das Bild zu ergreifen, war sein Ideengang schon geändert; denn wie er seiner sich wieder bewußt ward, rief er laut: Und wenn Du nun auch mein Heiland würdest? Du Verderber am Kreuze! und fühlte das Bild in seinen Händen, das er heftig emporhielt. Erschrocken warf er es von[166] sich und suchte die Ideenreihe zu verfolgen, die ihn zu dieser Blasphemie gebracht hatte. – Kann er denn nur dann mein Heiland sein, indem ich mein Volk verleugne? – sprach er sinnend fort. Muß ich denn darum zu den Harten übertreten, die ihn bekennen? Ward er nicht schon mein Heiland trotz meines Abscheus gegen ihn, seit ich von den Lehren meiner Väter die am heiligsten übe, die auch er seinen Jüngern befahl? Ward er es nicht auch dadurch, weil sein Reich die Schmach über mein Volk herbeiführte, und ich darum frommer Jude ward, indem ich sie um meines Volkes willen ertrug und sie täglich zu tilgen suche durch Tugend und Rechtthun? – Dann wärest Du ja mein Heiland in einem ganz andern Sinne wie Deine Jünger mir aufdringen möchten, und in diesem mußt Du es bleiben – so sagte er leise.

Die Nacht war unter seinem Ringen nach Licht entflohn, und sobald es laut im Hause wurde, schritt Labäo zu dem schweren Wege, den er für seine Pflicht hielt. Er fand den Sattlermeister mit Gesinde und Gesellen vor eben dem Bilde, das seine Nacht so stürmisch beschäftigt hatte, im frommen Morgensegen knien. Schnell, aber ohne eine Spur von Bitterkeit, trat er zurück und wartete an der Stubenthür, bis der Meister herauskam. Nachdem nun ein Jeder an die Arbeit gegangen war, erzählte er dem Alten, was er diese Nacht mit Sophien erlebt, und was er zu ihrer Beruhigung gesagt habe. Dann setzte er hinzu, daß er nie vom Judenthum lassen würde, es ihm also gar nicht erlaubt sei, zu gestehen, wie unaussprechlich er Sophien[167] liebe, noch daß sie so gütevoll sei, an seinem Wohl so innigen Antheil zu nehmen; daß er aber glaube, ihr krankes Gemüth werde heilen, wenn er ihr mit Bewilligung ihres Oheims versichern dürfe, was er hoffe vor dem Gott seiner Väter zu verantworten: daß diese Liebe ihn auf immer jeder Frauenliebe entsagen mache, und er, so deutlich sein Gesetz das Gegentheil gebiete, unbeweibt sterben wolle. Je fester sein Entschluß und je heiliger seine Versicherung hierüber wären, je sicherer dürfe er dann mit Sophien über das Wohl seiner Seele sprechen und den Begriff, der sie schon in der vergangenen Nacht so sehr beruhigt habe: daß er mit ihr und allen guten Menschen, durch ihren gemeinschaftlichen Schöpfer schon allein in einen Bund der Tugend aufgenommen sei, in ihr begründen und befestigen. Der ehrliche Sattlermeister kämpfte mit sich selbst. Im ersten Antrieb seiner ungebildeten Sitten hätte er Labäo wol mit Verachtung und Härte zurückweisen mögen; aber die Gewalt besserer Seelen äußerte sich hier. Sein Zorn beugte sich vor dem Jüngling, dessen tadellosen Wandel er kannte, und dessen edler Schmerz ihm jetzt Mäßigung auflegte. Labäo's Rede beruhigte ihn auch über die Hauptsache, indem sie die Furcht, er möchte durch Ablegung des Judenthums endlich doch eine Heirath beabsichtigen, ganz aufhob. Um über Sophiens künftige Behandlung zu berathschlagen, hielt er die Meinung seiner Hausfrau für nothwendig, rief sie demnach ins Zimmer und erzählte ihr noch ziemlich verdrießlich, was eigentlich die Ursache zu ihrer Base Krankheit sei, wie Labäo der Meinung sei,[168] auf ihre Genesung zu wirken, und sie deshalb die wenige Zeit, welche bis zu seiner Abreise nach Jena verfließen müsse, das Mädchen wohl bewachen und auf des Hauses Ehre achten solle. Die Frau ließ ihn kaum zu Worte kommen, sondern unterbrach ihn ein Paar Mal mit der Versicherung, Sophie sei wieder ganz vernünftig, sie habe bis jetzt geschlafen und verlange nun, an ihre gewöhnliche Arbeit zu gehen. Diese Wirkung von Labäo's nächtlichem Gespräch mit ihr verschaffte ihm Vertrauen. Von dem Tage an schien das gute Kind, bis auf einen unverkennbaren Tiefsinn, wirklich geheilt. Sie verrichtete alle ihre Geschäfte und machte sich keiner verworrenen Äußerungen schuldig; nur im einsamen Gespräch mit ihren Verwandten spielte sie zuweilen darauf an, daß Labäo mit der Taufe des Geistes getauft sei. Das geheime Einverständniß, in welches der Oheim und seine Frau unwillkürlich mit Labäo getreten waren, veranlaßte nach und nach diesen, in jener Gegenwart mit Sophie über das, was sie Taufe des Geistes nannte, und seine Neigung zu ihr, zu sprechen. Sittenreinheit und einfache Begriffe räumen durch ihre Treue gegen die Natur eben Das ein, was, am andern Ende der sittlichen Bildung Überlegenheit der Ansichten und Befreiung von jedem Vorurtheil erlaubt. Die beiden zu ewiger Trennung bestimmten Liebenden sprachen in der alten Verwandten Gegenwart von ihrer Liebe und von ihrer ewigen Trennung, und wollte der alte Sattler zuweilen seine Weichheit unter dem strengen Befehl, die Pinselei sein zu lassen, verbergen, so sagte seine Hausfrau unter ausbrechendem Schluchzen: Ach[169] Gott! laß doch den Leuten ihr frommes Unglück! glücklich kannst Du sie ja doch nimmermehr machen.

Die Zeit, wo die harte Trennung wirklich vollzogen werden mußte, kam schnell heran. Labäo's Gönner, der Baron, befahl ihm über ** nach Jena zu gehen und sich dort in dem Hause des reichen Juden Itzig darzustellen, der seinen Sohn ebenfalls nach Jena schickte, und dem er Labäo, zur großen ökonomischen Erleichterung seiner Lage, als ältern Gefährten vorgeschlagen habe. Der Abschied der Liebenden war sehr ernst; allein Labäo litt mehr dabei als das Mädchen. Er sah ihn ohne Täuschung als die Entsagung aller Erdenfreuden an; sie schwärmte in einer übersinnlichen Welt; den Gedanken, ihrem Geliebten je irdisch anzugehören, hatte sie nie aufkommen lassen; sie stellte sich also diese Trennung auch nur als eine scheinbare Trennung dar. Weine nicht, Dein Schutzgeist umschwebt Dich, war daher auch ihr letztes Wort an den Jüngling.

Dieser fand in der Familie des reichen Juden Itzig mehr, als er erwartet hatte. Er fand Menschen, die, ohne ihre Kirche zu verlassen, keine ihrer Satzungen mehr beobachteten, als die freigebigste Mildthätigkeit gegen ihr Volk; die, ohne sich an eine andre Kirche anzuschließen, alle Geistesbildung erlangt hatten, zu der die christliche Kirche freien Spielraum gestattet. Der junge Mensch, den Labäo als Gesellschafter begleiten sollte, fiel den Tag nach seiner Ankunft in eine heftige Krankheit; aus natürlicher Theilnahme pflegte er ihn, anfangs mit pflichtmäßiger Sorgfalt, bald wie er ihn[170] näher kennen lernte, mit herzlicher Freundschaft. Seine medizinischen Kenntnisse lehrten ihn eine unerwartete, gefährliche Crisis des Kranken zu einem glücklichen Resultate bringen; die Familie glaubte ihm sehr verpflichtet zu sein, indem er einen bisher unbekannten Genuß erworben hatte, einen Jugendgefährten und Freund. Felix's, so hieß der reiche Judenjüngling, Genesung war langsam; in den vier Wochen, die sie Labäo nöthigte, auf seine Abreise zu warten, lernte er das Innere der Familie kennen. Die Mutter suchte eine Aufseherin für ihre jüngern Kinder; die Eigenschaften, die sie von ihr foderten, erweckten den lebhaften Gedanken in Labäo, Sophien zu diesem Platze zu verhelfen. Eine Christin sollte es sein; nach der Sitte reicher Juden in großen Städten bestanden alle Hausgenossen von Felix's Eltern aus Christen. Er gewann es über seine Schüchternheit, Sophien zu empfehlen. Die Achtung, die er sich bei Madame Itzig erworben hatte, gab seinem Vorschlag Gewicht. Sie war froh, ein Frauenzimmer zu finden, die noch in keiner großen Stadt gelebt hatte, die ihrer Kinder Dankbarkeit zu schätzen wissen würde; der wackere Sattler begriff seinerseits sehr leicht, daß eine Ortsveränderung, ein vielseitigeres Leben seiner Base Gemüthszustand heilsamer sein würde als die Einsamkeit seiner Werkstatt; wenige Wochen nach Labäo's Abreise nach Jena bezog also Sophie ein Haus, dem sie unbekannt schon wohlwollte, weil ihr Freund dort geschätzt und geliebt war.

Sophie fand noch mehr Heilmittel in ihrer neuen Lage, als Labäo berechnet hatte. Sie fand Kinder, die[171] sie lieben konnte, und mit jener einzig echten Liebe, die keine Schätzung ihres Grades, ihres Werthes in ihrer Berechnung begreift, sondern nur liebt, weil sie wohlthut, und wohlthut, weil sie liebt. Madame Itzig nahm bald wahr, daß in Sophiens Seele ein ungewöhnlicher Antrieb wirke; sie hätte vielleicht ihre Liebe für Labäo errathen; da aber das zärtliche Mädchen sie vor ihren eignen Augen ganz in das Gewand der Frömmigkeit gehüllt hatte, so hielt sie diesen Antrieb für reine religiöse Schwärmerei. Bei der Güte ihres Herzens und der Reinheit ihres Wandels war ihr diese nicht anstößig. In solcher günstigen Lage gewann Sophiens Geist schnell an Klarheit und Ruhe; freudig fühlte sie sich täglich tüchtiger, ihre Pflichten zu erfüllen. Ihrer Abrede gemäß war der Briefwechsel der getrennten Liebenden ein fortgesetzter Unterricht von Seiten des Freundes und ein wahres, mildes Ergießen jeder Empfindung von Seiten des Mädchens. So veränderte eine Zeit von mehreren Jahren gar nichts in dem Liebesbunde der beiden Menschen; er stand nur fester als Alles, was auf festem Grunde besteht, Berge und Eichen und ein dem Guten geweihtes Gemüth. Wollte Gott, der Beiden ganzes Leben hätte auf so festen Pfeilern geruht wie ihre Liebe! Die Liebe strebte aber nach einer Vereinigung im bürgerlichen Leben, und dieses hat Menschenwahn und Menschensatzung zur Basis und wankt nur zu oft.

Mit festem Entschluß, allen Hindernissen der Umstände zum Trotz einen Wirkungskreis zu gewinnen, fing Labäo seine Studien in Jena an. Vernunftreife[172] und mehrseitige Ausbildung des Geistes führten ihn zu allmäliger Modification seiner Denkart. Die norddeutschen Universitäten haben wol am längsten das deutlichste Bild anständiger Denkfreiheit gegeben. Der Jude ward von keinem seiner Mitbürger verletzt; aber diese Anerkennung seiner Menschenrechte genügte seinem grübelnden Sinne noch nicht. Er fühlte mit Kummer, daß seine Anhänglichkeit an sein Volk von dem Augenblick an ein Hirngespinnst geworden sei, wo er sich durch seine Bildung dem großen Haufen entzog; daß das Judenthum also ganz in genauer Gemeinschaft seiner Glieder, ganz in äußern Zeichen bestehe. Daraus folgte der Schluß, daß der aufgeklärte Jude überall kein Jude mehr sei; sein Volk selbst erkannte ihn nicht dafür, sondern diesem Volke selbst war der aufgeklärte Jude ein Greuel. Um dem Zweck seines Universitätsaufenthalts zu entsprechen, hielt er sich in Jena von allen Gebräuchen seiner Kirche entfernt; allein einst, wie er sich eben an einem Lauberhüttenfeste in einem nahen Städtchen, in dem Juden wohnten, befand, ergriff ihn Erinnerung und Sehnsucht, unter Brüdern, wären es auch die ärmsten, zu sein, und er trat in eine Lauberhütte ein. Ein alter Jude hielt eben das Tischgebet. Ein grüner Himmel von Tangeln und Buchs wölbte sich über den kleinen Raum, Goldflittern und gelbe Herbstblumen malten freundliche Farben auf das Grün; eine blanke Messinglampe erleuchtete eine ärmliche Mahlzeit von weißem Brot und dürrem Obste. Vor einem Christen hätte diese Judenfamilie ihr Gebet andächtig vollendet, ihn dann gastfreundlich eingeladen –[173] aber der Hausvater hatte Labäo in Jena gesehen, hatte erfahren, wie er ein Jude sei, der christlich unter Christen lebe und den Sabbath entheilige; er hielt daher in seinem Gebet inne und heftete schweigend den zornigen Blick auf den Glaubensschänder. Einer der Söhne, von jugendlicher Gutmüthigkeit getrieben, eilte, dem Fremden einen Becher Bier zu reichen, und stand erschrocken, als ihm der Vater diesen streng aus der Hand nahm. Ohne Zweifel hätte eine freundliche Rede von Labäo diese Überraschung des Religionseifers besänftigt; aber der Auftritt ergriff ihn so schmerzlich, daß er schnell hinwegeilte. Von den Juden war er also ausgestoßen, zu den Christen gehörte er nicht, ja die Taufe selbst gab ihm so wenig einen moralischen Rang unter ihnen als der Adelsbrief einen gesellschaftlichen unter dem Adel. Ein andres Mal ward er in ein reiches Haus eines Glaubensgenossen in **, wo er mit Felix die Ferien zubrachte, zur Osterfeier geladen – so glaubte er wenigstens, denn es war der Tag dieses Festes. Er fand eine ganz gemischte Gesellschaft, ein köstliches Mittagsmahl und unter vielen auserlesenen Schüsseln ein Osterlamm nach der Vorschrift des Gesetzes zugerichtet, das ohne anderes Gepränge mit den Leckerbissen dargereicht ward. Ein junger Geck, dem der Wein früh zu Kopf stieg, sagte rücksichtslos einige Worte zum fröhlichen Wirth, die an die Bedeutung dieser Speise erinnerten. Ohne Verlegenheit, aber abweisend, antwortete dieser: Man behält noch immer einige Obliegenheit gegen die Meinung. – Labäo fühlte sich im Innern betrübt. Er verglich diese Erschlaffung[174] der Begriffe mit der Härte des armen Hausvaters, der ihn vor sechs Monaten aus seiner Lauberhütte wies, und mußte diesen Verachteten ehren, indeß sein heutiger Wirth, ein wackerer, geachteter Mann, ihm Schamröthe verursachte. Er gedachte, wie er in Alfingen am Ostertage Judenfamilien gesehen, die, zu arm, die wenigen Groschen für ein ganzes Osterlamm zu bezahlen, es in Viertel vertheilten, nach alter Weise vor dem Tische standen und ihren kleinen Bissen mit den Worten und in dem Andenken speisten, wie ihre Väter mehrere Jahrtausende durch es gethan hatten. Warum, wenn man gar nicht mehr Jude war, wurde man nicht Christ? Hier mußte er die Bitterkeit seines Herzens bekämpfen; denn er hatte Juden gesehen, wackere, nützliche Männer, die aus ruhiger Überzeugung den Entschluß gefaßt hatten, die Kluft, die zwischen ihnen und den Bürgern des Landes, dem sie angehörten, stattfand, durch freiwilliges Anschließen an das Christenthum zu füllen, aber nie hörte er sie selbst von den Aufgeklärtern ihrer neuen Glaubensgenossen als Brüder behandeln; der schmähliche Beiname eines getauften Juden folgte ihnen bis auf ihre Kinder nach. Und auch hier, wie immer, schien ihm die Stimme des Volkes Gottes Stimme; denn, seit seine Begriffe an Freiheit gewannen, mußte er sich selbst eingestehen, daß der Übergang vom reinen Judenthume zur christlichen Kirche ihm unmöglich falle. Welcher Halt auf Erden blieb nun für sein bedürftiges Herz? Nicht Vaterland, nicht Familie, nicht Glaubensgenossen. – Er hatte nur ein Gut, und das durfte er nicht besitzen – er hatte nur seine Sophie.[175]

Im letzten Jahre seines Universitätslebens kam ein Jude aus dem Elsaß nach Jena, ein reicher froher Jüngling, der, seit den wilden Auftritten im Anfange der Revolution aufgewachsen, die Vortheile der neuen Verfassung für seine Glaubensbrüder genossen hatte. Labäo kam in genauern Umgang mit ihm, und in ihren vielfältigen Gesprächen verband er die Erinnerung an sein Geburtsland nun zum ersten Mal mit dem Gedanken an seine Zukunft. Der Elsasser kannte seine Familie gar nicht; die seit ihrem Unglück verflossenen Jahre hatten jede Spur von ihr vertilgt; aber er zweifelte nicht, daß Labäo in der Judengemeine in Strasburg Nachrichten von ihr finden und seine Wiederaufnahme in ihren Schoos sehr leicht erhalten würde. Er hatte dort keine Freunde, er war sich bewußt, nicht einmal die Trümmer mehr seines väterlichen Herdes nachweisen zu können; aber die Schilderung, die der leichtsinnige französirte Hebräer von den bürgerlichen Verhältnissen seiner Glaubensgenossen machte, regte Gedanken in ihm auf, denen seit einiger Zeit nicht mehr sowol seine Grundsätze als die Umstände entgegengestrebt hatten. Wenn die Wege endlich ausgemittelt waren, die sein Volk zu Mitgliedern der Nation erhoben, so konnte er ja, sobald sein Gewissen über ihre Statthaftigkeit im Reinen war, diese Vortheile zum Besten seiner Liebe benutzen. Sein Gewissen war im Reinen; aber neben seinem Gewissen winkte eine Gewalt, die er nicht anerkannte, und die dennoch so mächtig war, daß nur äußere Einflüsse sie aufzuwägen vermochten.

Seine und Felixens Studien waren nun beschlossen.[176] Sein Wohlthäter, der Baron, war von den Zeugnissen, die ihm von allen Seiten zu Labäo's Gunsten zukamen, so erfreut, daß er seinen, nun drei Jahre genossenen Zuschuß noch um zwei Jahre fortzusetzen versprach, damit sein Schutzbefohlner eine Reise zu machen und ein Unterkommen abzuwarten im Stande sei. Felix sollte nach Paris gehn und bat Labäo dringend, ihm dort ebenso als älterer Freund zur Seite zu bleiben, wie er es in Jena gethan hatte. Nichts konnte diesem erwünschter sein; die Reise ward verabredet, aber bevor sie begonnen wurde, mußte Labäo einwilligen, einige Wochen mit Felix bei seinen Eltern zu verleben. Labäo war nicht mehr, der er war, als er dieses Haus und Sophiens Nähe verließ, nicht mehr der Märtyrer jugendlich erfaßter Begriffe. Seiner Verbindlichkeit, an seinem Volke zu hängen, war er noch mit Herz und Gewissen ergeben; aber die Bedingungen, unter denen er dieses könne, hatten sich in seiner Erfahrung vervielfältigt; er fühlte sich unsicher über den Charakter der Neigung, die er jetzt dürfte gegen Sophien an den Tag legen. Vernunft und Nothwendigkeit hatten sie bisher immer in die Schranken ernster, belehrender Freundschaft gefesselt. Sophie machte ihm dieses leicht. Ihre Leidenschaft war von ihrer Entstehung an in ihr Innerstes zurückgedrängt worden und durch ihren Gemüthszustand selbst eine Art von Geheimniß für sie geblieben. Ganz anders bewegte sich aber ihr Herzensverhältniß in dem freien Familienkreise der gesellschaftlichen Madame Itzig als in des Sattlermeisters einsamem bürgerlichen Haushalt. Sophie hatte sich ihre[177] Lage durch ihre Verdienste gebildet. Sie war als Aufseherin über die jüngern Kinder in dieses Haus gekommen, aber bald zur Freundin von deren Mutter geworden. Ihre Fähigkeiten hatten sie aus dem Unterrichte der älteren Töchter und eigner Lecture soviel Nutzen schöpfen lassen, daß sie jetzt ihre kleinen Zöglinge selbst unterrichtete. Ein so weiches, heftiges und doch auch schüchternes Geschöpf mußte durch den langen Aufenthalt in diesem Hause, durch ihre Verbindung mit Labäo, sich selbst unbewußt vielleicht, die unübersteigliche Kluft zwischen den beiden Glaubensgenossen aus den Augen verlieren – so schien es wenigstens; denn nach einigen Wochen, die Labäo mit Felix in ** verlebte, nach einigen Wochen, in denen freilich manche trübe Stunde, mancher harte Kampf von der Liebe überwunden werden mußte, willigte Sophie in einen Plan, vor dessen Gelingen ein innerer Schauder sie zurückschreckte ... Labäo sollte auf seiner Reise nach Paris in Strasburg die Rechte, welche die französische Constitution ihm als Elsasser gab, zurückfodern und dann nach seinem wissenschaftlich benutzten Aufenthalt in Paris als praktischer Arzt in einer elsassischen Stadt aufgenommen zu werden suchen. So weit war der Plan klar ausgedacht und festen Schrittes zu verfolgen; – Sophiens eheliche Verbindung, als sein letztes Ziel, ward ersehnt, erbeten, versprochen, beschworen – – – aber beide Liebende fühlten, daß sie durch dieses Bündniß, ohne das doch für ihre Zukunft kein Glück möglich war, in einen ewigen Kampf mit den Umständen eintraten. Kühn hoffte Labäo, in ihm zu überwinden;[178] bang betete Sophie um Kraft, ihn zu bestehn; aber in Beider Seele blieb ein scheuer Schmerz. Nicht sowol die Zeit als die Sehnsucht stumpfte ihn ab. Eines von dem Andern getrennt, schien ihnen kein Zustand so mühselig, als der der Getrennten, kein Unglück so niederdrückend, als das, sich einander nicht anzugehören; daher hielt auch Sophie jedes Ereigniß, welches Labäo's Verhältnisse in seinem Geburtslande festsetzte, für eine Vorbereitung zu ihrem Glück. Die Hindernisse waren endlich alle überstiegen. Labäo war als französischer Bürger eingeschrieben, von der strasburger medicinischen Facultät examinirt und unter sehr günstigen Aussichten in einer Provinzialstadt des Oberrheins als Arzt aufgetreten. Der Augenblick, das Glück seines Herzens zu gründen, war gekommen, und mit ihm empfand er den ersten Schmerz, an dem nun fortan sein und Sophiens Leben erkranken sollte. Sein Verhältniß mit seinem Wohlthäter, dem Baron, war bisher immer vertraulicher geworden; einige Besuche und ein fortgesetzter Briefwechsel hatten ihm die Achtung dieses braven Mannes ganz gewonnen. Ihm mußte er seine eheliche Verbindung melden, und wie befremdlich kurz er dieses auch that, mußte es doch mit einem Gewebe von Lügen geschehen. Mit den Vorwürfen eines bösen Gewissens empfing er seinen Segen; mit bittrer Scham warf er ein väterliches Geschenk für seine Hochzeit in einen Winkel seines Schrankes. Er hatte betrogen, er mußte verbergen, und fortan stockte seine Feder auf dem Papier, wenn er dem alten Manne dankte, wenn er ihm schreiben wollte, er sei seiner Achtung noch werth.[179]

Madame Itzig und Felix waren allein in Sophiens Schicksal eingeweiht; alle ihre Verwandte und den ganzen Kreis ihrer Bekanntschaft ließ sie bei ihrer Abreise glauben, daß eine reiche Judenfamilie in Warschau ihr unter sehr annehmlichen Bedingungen die Erziehung einer Tochter übergäbe. Bei dem Antritt einer so weiten Reise fand man den tiefen Schmerz, mit dem sie ** verließ, sehr natürlich; hätte man gewußt, sie eile in die Arme eines lange und innig Geliebten, so würde man erstaunt sein. Aber nicht der Abschied aus ihren bisherigen Verhältnissen schmerzte sie; die Dunkelheit, welche sich um ihre Zukunft hüllte, machte sie erbeben. Wahrheit war fortan aus der Geschichte ihres Lebens geschieden; denn um der Rüge der Gesetze in ihrem Vaterlande, um dem Urtheil der allgemeinen Meinung zu entgehen, mußte ihre Spur an der Donau verloren gehen, und im Elsaß ihr Ursprung an den Fluten des Rheins beginnen. Sie übergab sich Labäo, wie ein Geisterbeschwörer sich den unsichtbaren Mächten dahingibt; sie entäußerte sich ihrer selbst, und der einzige Bürge ihres Wohls war der Betrug. Auf dem Wege nach ** ich, den sie größtentheils allein zurücklegte, ward das Gefühl der Entäußerung ihrer Persönlichkeit endlich so gewaltig in ihrer leicht aufzuregenden Phantasie, daß es kaum mehr ein Gegengewicht in der Aussicht auf die nahe Vereinigung mit ihrem Freunde fand. Labäo's Anblick, der ihr einige Stunden vor ** ich entgegenkam, rief sie zu einem natürlichen Zustande zurück. Er hatte alle Mittel angewendet, um mit so wenig Unwahrheit wie möglich seine Verhältnisse zu[180] Sophien zu einer gültigen Ehe zu machen. Die Gesetzlichkeit der Landesconstitution konnte er ihr ohne alle Schwierigkeit geben, und somit war des Mannes Ehre gesichert. Dem Segen seiner Kirche wich er aus, indem sich in ** ich keine Synagoge befand, und er den nächsten Rabbiner schon gewöhnt hatte, ihn für einen Mann zu halten, der Gewissensfragen zurückwiese. Seine ärmern Glaubensbrüder, die ihre Geschäfte in sein Haus führten, maßen seine Rechtgläubigkeit nach seiner Wohlthätigkeit ab, und die Reichern hatten, da er ihren Handel nicht zu theilen suchte, kein Interesse, dem Herkommen seiner schönen, guten, schwermüthigen Frau nachzuspüren. Sophie hätte können, Labäo hätte sollen glücklich sein. Beide hatten in reifen Jahren, mit vollkommner Kenntniß der Umstände ihr Schicksal freiwillig bestimmt. Sie liebten sich innig; ihre häusliche Lage war, Dank der Vorsorge ihrer Freunde in Deutschland und Labäo's anerkanntem ärztlichen Verdienste, bequem und gesichert, ihre Umgebungen schätzten die Tugenden ihres stillen Wandels; aber das Alles reichte nicht hin, ihnen freien Lebensmuth zu geben. Das Bewußtsein ihres Geheimnisses lag wie eine schwere Gewitterwolke auf ihrem Herzen und nahm in seiner Wirkung die Gestalt einer Schuld an. Demuth und stilles Dulden ward der Charakter ihres Lebens. Sie thaten unendlich viel Gutes; aber sie selbst fühlten es als eine Versöhnung gegen die Gesellschaft, die sie hintergingen. Jede kleine Fehlschlagung, jede Unannehmlichkeit des täglichen Lebens ertrugen sie als das Geringste, was sie zu erwarten hätten, da auch viel Größeres[181] verschuldet sein könnte. Sophie ward schwanger. Die innige Freude liebender Gatten ward von dem Gedanken, daß sie ihr Geheimniß auf ihr Kind fortpflanzen müßten, gestört; und als Sophie einen Sohn zur Welt brachte, legte sie ihn zitternd in ihres Gatten Arm, denn unausrottbare Begriffe sagten ihr, er sei kein eheliches Kind, sie übergäb' ihn einer verachteten Kirche. Labäo, in dem der Grundsatz und das Bedürfniß, seinem Volke anzuhangen, durch die Opfer, die er ihm brachte, immer lebhaft blieb, erfüllte mit Freude die Satzung seines Gesetzes. Er unterwarf seinen Knaben den jüdischen Ceremonien. Sophie nahm wahr, daß eine befremdliche, wahre, innige Rührung und Freude während der Feierlichkeit aus ihres Gatten Augen strahlte – er sah aus, wie Einer, der nach langer Trennung das Vaterhaus begrüßt – ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen, und wie der Rabbiner ihr den Sohn auf den Schoos legte, war es ihr, als habe man ihn mit einem fremden vertauscht. Die Heftigkeit dieses Eindrucks ging vorüber; aber ihre Gesundheit litt von ihrem stillen Gram. Der Knabe kränkelte, welkte und starb am Schluß seines ersten Jahres. Labäo ertrug den Schmerz wie ein Mann; allein Sophie beweinte den ungetauften Sohn und durfte ihrem Gatten nicht sagen, daß sein Tod sie vor dem Gram rettete, ihn lebend zu betrauern. Ein zweites Kindbett gab ihr eine Tochter; diese schien ihr weniger entrissen zu werden, da das jüdische Gesetz sie seiner Kirche nicht so unverkennbar aneignete. Zwei Jahre gingen glücklich vorüber. Labäo hatte sich einen bestimmten Wirkungskreis gebildet, den[182] er zweckmäßig ausfüllte. Vor ihm traten die religiösen Grübeleien, sowie die Herzensbedürftigkeit nach Volks- und Kirchengemeinschaft zurück. Die Freude, welche Sophie an ihrem Kinde hatte, die Achtung, welche ihr das Publicum bewies, gab ihr eine Art von Zuversicht, die ihr ängstliches Bewußtsein beschwichtigte. Vielleicht hätte eine längere Gewohnheit des Glückes sie des Glücks fähiger gemacht, aber ein geringfügiger Zufall unterbrach es. Ein **scher Officier, der sich eine Zeit lang in ** aufgehalten hatte, wo er Madame Itzig's Haus mit manchen andern Fremden besuchte, war nachmals in preußische Dienste getreten und befand sich nun auf einer Reise nach Paris. Der Zufall wollte, daß er den ungewöhnlichen Weg über ** ich nahm und nahe an der Stadt durch einen Fall mit dem Wagen einen sehr gefährlichen Beinbruch erlitt. Der Fremde ward in ein nahes Wirthshaus gebracht, Labäo herbeigerufen, und des Leidenden Zustand sowol als die männliche, einnehmende Art, mit der er seine Schmerzen ertrug, vermochten den sorgfältigen Arzt, seine dringende Bitte, ihn doch nicht während der langsamen Heilung in einen elenden Gasthof zu bannen, stattfinden zu lassen. Er willigte ein, ihn bis zu seiner Genesung als Kostgänger zu verpflegen. Sophie war mit herzlichem Eifer bemüht, das Zimmer ihres Gastes zu bereiten, und wie er durch einige Stunden Ruhe sich gestärkt hatte, begleitete sie ihren Gatten zu ihm, um fortan einen Theil seiner Pflege persönlich zu übernehmen. Auf den ersten Blick begrüßte sie der Oberste sehr unbefangen als alte Bekannte aus dem[183] Itzig'schen Hause, und eben so schnell erinnerte sich Sophie, ihn dort als **schen Major gesehen zu haben. Das war nun das erste Mal, daß ein lebendiger Zeuge sie an ihr vergangenes Dasein erinnerte. Die Verhehlung ihres Christenthums, die sie immer für eine Apostasie hielt, der Betrug, den sie allen ihren Mitbürgern gespielt, die Gefahr, ihres Mannes bürgerliches Wohl durch eine Entdeckung zerstört zu sehen, stellten sich ihr so lebhaft vor Augen, daß sie nicht fähig war, ein Wort zu erwiedern, sondern nach wenig Augenblicken, von einem krampfhaften Zittern befallen, das Zimmer verließ. Dieser Vorfall schien die lose Hülle, welche die letzte ruhige Zeit um ihr zernagtes Herz gesponnen hatte, zu zerreißen, und zum ersten Mal sah ihr Gatte ohne alle Täuschung, wie hoffnungslos es von Zweifeln und Selbstquälen zerstört sei. Da er ihre Anlage zur Schwermuth seit dem Ursprung ihrer Liebe kannte, war ihm ihre Gewissensscheu nicht fremd, und sein Bemühen war immer dahin gegangen, ihr entgegenzuwirken; ja, dieses stets Bemühen hatte seinen Geist, dem frühere Schicksale eine gleiche, zerstörende Neigung mitgetheilt hatten, gestärkt; allein seiner Menschenkunde, die bei ihm wie bei allen Menschen so leicht durch die tägliche Gewohnheit in Anwendung auf unsere nächsten Umgebungen eingeschläfert wird, war die Märtyrerkraft schwacher Seelen, den Wurm, der am Leben nagt, zu verbergen, entgangen; er schauderte vor dem Todtenbilde des Grams, das sein Weib ihn erblicken ließ; er schauderte vor der Sicherheit, mit der er bisher neben dieser langsam Sterbenden im Geiste gelebt hatte.[184]

Der Oberste war schnell zurechtgewiesen, indem ihn Labäo sehr gleichgültig beschied, daß er sich geirrt habe, ehemals Sophien für eine Christin zu halten. Neben dem Zustande seiner Frau schien ihm diese Lüge ein rechtmäßiges Opfer seines Gewissens. Wäre der Fremde sogleich fortgereist, so hätte die Zeit den gefährlichen Eindruck, den er in Sophien hervorgebracht hatte, vielleicht verwischt, und die volle Kenntniß ihres Seelenzustandes, zu der Labäo nun gelangt war, hätte ihn vielleicht Mittel finden lassen, auf sie zu wirken; aber die Gegenwart dieses Mannes, die ebenso wie seine gleichgültigsten Gespräche immer die wehe Seite ihres Gemüthes berührte, hielten ihr Übel wach. Endlich reiste er ab, voll Dankbarkeit für seine vortrefflich gelungene Heilung, voll Achtung für seinen Arzt, voll Theilnahme an »seiner schönen schwermüthigen Wirthin« wie er in unbedachtem Scherze sie nannte. Jetzt hoffte Labäo, daß seine Gattin ruhiger werden würde, als eine neue Störung die traurige Last des Übels vermehrte. Eine neue Schwangerschaft erregte in Sophien die Furcht, wieder einen Sohn zu gebären und durch seine Aufnahme ins Judenthum eine neue Schuld auf ihre Seele zu laden; ihre Tochter, die Freudenbringerin ihrer letzten Jahre, entwickelte eine unheilbare Kopfkrankheit, von der die kleine Unglückliche nach mehrern leidenvoll verlebten Monaten ihres Verstandes beraubt ins Grab sank. Von da an war Labäo's Einfluß nicht mehr stark genug, Sophiens kranken Geist zu stärken; der schreckliche Gedanke, ihr Unglück als Strafe der rächenden Gottheit anzusehen, ward immer herrschender[185] in ihr und verkehrte die heiligsten Beweggründe zum Trost in neue Nahrung des Jammers. Labäo suchte ihr die neue Mutterhoffnung als den Beweis darzustellen, daß es Gott ihr nicht an Kindersegen wolle fehlen lassen – sie sah nur eine neue Zuchtruthe darin, und mit furchtbarer Gewalt zog sie das Böseste herbei, vor dem ihr graute; denn wahrscheinlich mochte ihr finstrer Gemüthszustand die Hauptursache sein, daß sie zur rechten Zeit, aber von einem todten Knaben genas. »Siehe, du Gefährte meiner Schuld! rief sie mit sterbender Stimme; mein Schoos gebiert nur dem Jammer, oder dem Tode;« und seitdem war ihr Geist selten mehr klar. Ein ganzes Jahr kämpfte die irdische Hülle, ihren himmlischen Gast auch unter so drückenden Bedingungen zu behalten; Labäo wendete mit blutendem Herzen seine Kunst an; wie aber die arme, bleiche Hülle aus seinen unterstützenden Armen niedersank, blickte er beseligt und dennoch in Schmerz versunken empor, als säh' er den fröhlichen Flügelschlag der Befreiten in den himmlischen Räumen.

Labäo hatte viel ertragen; für das Maß der Seelenkraft, die in ihm sich entwickelte, zu viel. Seine Fassung nahm daher von dieser Zeit an äußere Stärkungsmittel zu Hülfe. Das gesellschaftliche Leben war ihm in den letzten beiden Jahren sehr beschwerlich geworden; Leiden zu mindern war noch seine einzige Labung, aber Freuden zu theilen ward ihm schwer, gleichgültigen Verkehr zu pflegen, unmöglich. Nach Sophiens Tod schienen ihm seine bürgerlichen Bande zerrissen; er zog sich daher nahe an der Stadt in ein einsames[186] Häuschen zurück, dessen dunkle Umgebungen er noch mit einem Walde von Bäumen und blühenden Stauden vermehrte. Hier lebte er ganz seiner Wissenschaft und der Pflege der Armen. Erst während Sophiens letzten Lebensjahren, vielleicht erst seit des Obersten Anwesenheit, war die Sage in Umlauf gekommen, sie sei eine Christin; doch so lange ihr Gatte in seiner gewohnten Lage, bei seinem hergebrachten Geschäftsgange blieb, hatte sie keine Aufmerksamkeit erregt. Sein häusliches Unglück wirkte aber auf die Menge wie auf Sophiens schwaches Gemüth, sie sah Gottes Strafe in ihm, und wie der Gezüchtigte sich freiwillig der Vortheile begab, die er über die Ärmern seiner Mitbürger besessen hatte, ward diese Menge vom Richter zum Schergen; sie arbeitete mit kleinlicher Beeinträchtigung, mit nachbarlichen Neckereien, mit boshaften Reden der strafenden Gottheit in die Hand. Labäo fand jedes Frühjahr seine jungen Bäume geknickt, seine Blumen geraubt, seine Bienenstöcke umgestoßen, seine Brunnen verunsäubert. Jetzt wiederholte er sich die Gründe, die er Sophien angab, um von ihrem kranken Gemüthe den Begriff, als läge Gottes rächende Hand auf ihr, abzuwehren. Es gelang ihm, und die Menschen um ihn wurden müde, ihn zu quälen. Oft beschäftigte ihn in seiner tiefen Einsamkeit der Weg durch sein mühseliges Leben; er hatte das Rechte gewollt, er hatte nicht Unrecht gethan, und das schreckliche Warum, das so oft das Forschen unsers Verstandes abschneidet, endigte jedesmal seine schmerzlichen Betrachtungen. Manche Nacht blieb er mit diesem Warum vor der Thür seines[187] Hauses, bis die Morgenröthe strahlend hinter den hohen Ulmen emporstieg; dann war es, als gäbe sie ihm eine Antwort, und er ging beruhigt an die Arbeit seines Tages. In dem ersten Monate dieses Jahres drangen die befreienden Heere der Deutschen in jenen Gegenden vor. Vielleicht ward der böse Willen seiner Feinde wieder wach und reizte die Vorurtheile der Sieger gegen den abgeschiednen Klausner; vielleicht benutzten sie auch nur ihre Gegenwart, um ihre Schuld zu bemänteln; genug, daß Labäo's Hütte jetzt in Asche liegt und, da jede Spur seines Daseins verschwunden ist, wahrscheinlich seinen Leichnam deckt.

Quelle:
Therese Huber: Erzählungen. Theil 1–6, Teil 2, Leipzig 1830–1833, S. 137-188.
Entstanden:
1815.
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