[161] Vorige. Friedrich öffnet die Seitenthüre. Hernach Graf Hyazinth.
FRIEDRICH. Ihre Excellenz, der Herr Graf Hyazinth –[161]
BARONESSE. Es ist der Herr, von dem ich Ihnen sagte – der stets – mit dem stets –
FIGARO. Stets Geister sind Bei Seite. und niemals Geist.
HYAZINTH kommt mit Verbeugung. Der Ihrige, Frau Baronesse!
BARONESSE ebenfalls. Wie haben Ihre Excellenz geruht?
HYAZINTH starr auf Figaro zu. Von ihm weg, schnell zur Baronesse. Das ist unser Figaro?
FIGARO. Gnädiger Herr!
BARONESSE. Er ist's.
HYAZINTH geht zu ihm und drückt ihm die Hand. Herzlich willkommen! Ach! Zur Baronesse. wollte Gott, wir träfen uns zu Paris! Mein liebster Figaro, Sie finden hier bei uns – habile Rechnungsräthe – treue Menschen – das ist wahr! auch gute Apotheken; allein an Leute, die die Geschäfte auf eine leichte, galante, agreable Art traktiren könnten, ist nicht zu denken. Wir sind verlegen, einen Mann wie Sie nach Würde zu empfangen –
FIGARO. Der Empfang, den man mir hier gewährt, und was ich zur Ehre des Landes, aus dem ich eben komme, schon gesehen – setzt mich in einige Verlegenheit.
HYAZINTH. Zu viel Modestie! – Mein liebster Figaro, den Männern Ihrer Art ist Herrschaft über uns gegeben. Zur Baronesse. Liebe Baronesse, ich hatte eine schlechte Nacht. – Herzklopfen – Kopfweh auf der linken Seite – Zittern in den Händen – Schwindel – sehr kurzen Athem – und eine fürchterliche Nacht.
BARONESSE. Ist's möglich?
HYAZINTH vertraulich. Ich bin terribel zugerichtet.
BARONESSE. Hat der Geist –[162]
HYAZINTH. Sie sehen hier den blauen Fleck – da auf dem linken Backen.
BARONESSE schlägt die Hände zusammen. Ja!
HYAZINTH. Nun da hat er – Macht eine Pantomime mit gebogenen Fingern.
BARONESSE schaudert. Schonen Sie meine lebhafte Fantasie.
HYAZINTH drückt ihr gütig die Hand, dann zu Figaro. Wie lebt der Doktor Bartholo?
FIGARO. Bei vielem Gelde – mit viel Genügsamkeit. Er blendet mit der Gravität des Standes – mordet in Privilegio. – Dem dreisten Spötter seiner Dummheit zeigt er das Baret, und Titel von Akademien.
HYAZINTH zur Baronesse. Ich werde diese Nacht viel Importantes sehen. Zu Figaro. Was macht Rosine – die Vermählte von Almaviva?
FIGARO. Die Gräfin Almaviva?
HYAZINTH ärgerlich. Nun ja denn –
FIGARO. Die gute Dame! – Sie muß mit Pracht für Liebe sich entschädigen.
HYAZINTH sehr ernst. Auch kann sie das; denn sie war nicht von altem Adel.
FIGARO. Allein – sie hat ein Herz – das Glück und Freude geben kann.
BARONESSE. Soll man nicht lachen, wenn Figaro mit uns vom Herzen spricht?
FIGARO. Wie? – Sie glaubten –
BARONESSE. Worin wir beide sicher einverstanden sind: daß dieses Wort im Leben brauchbar ist, wie kleine Münze im Verkehr. Allein, daß doch –[163]
FIGARO. Bin ich so mißverstanden?
BARONESSE. Nein, nein! – Ich rechne auf Ihren schönen Fehler. Diese schlaue Weise – die so genannte Herzlichkeit in allem Sturme wegzutändeln – ist es, was ich bedarf – worin ich Sie erwarte.
FIGARO. Ja freilich! – Jeder Thor hat seine Kappe.
BARONESSE listig. Und eben in dieser Kappe ihn zu fangen, ist – –
FIGARO hastig. Ist verdienstlich! Das räume ich willig ein.
BARONESSE. Wie ich Ihnen gesagt und oft geschrieben: In den Begebenheiten dieses Hauses, wie sie jetzt sich ordnen, liegt viel Tragisches.
HYAZINTH in hohen Gedanken. Viel Tragisches!
FIGARO ironisch. Viel Tragisches.
BARONESSE. Dies zu verhindern, und den Erfolg auf unsre Seite hin zu lenken – sei Ihr Verdienst.
HYAZINTH. Vor allem müssen Sie darnach trachten, ein Plus in meiner Kammer zu bewirken.
FIGARO. Wo sollen die Kammeralveränderungen anfangen? –
HYAZINTH. Gleich viel! – doch ich muß mehr empfangen.
FIGARO. Die Einrichtung ist leicht gemacht. – Wir nehmen –
HYAZINTH. Wo? –
FIGARO. Zu nehmen ist. – Das heißt Oekonomie.
BARONESSE. Dem Ding eine gute Wendung zu verleihen, so habe ich unlängst die Frage ausgesetzt: – Wie ist der Landmann wohl am besten zu beglücken? – Der Preis der besten Antwort ist zwanzig Louisd'or.[164]
HYAZINTH. Fort bien!
FIGARO. Nun wohl! Ich bin von allem unterrichtet, kenne durch Ihre Güte, Lage, Vortheile und Geschichte der Dinge, die mich umgeben; habe Vollmacht, Vertrauen und Befehl zu handeln. Ich gehe an mein Geschäft. Daß sich der Thor in seiner Kappe fange, daß der Erfolg die gute Sache lohne, und Thor und Weiser sich am Ende durch mich beglückter finde – das sei mein Werk.
Er geht mit leichter Verbeugung ab.
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