[891] Die Rosenhöfer Nacht
Weder Jakobine noch der General machten je ein Geheimnis daraus – nämlich aus ihrem wechselseitigen; – es kann also die Anverwandten von beiden auf keine Weise zu etwas Juristischem gegen den Verfasser der Flegeljahre berechtigen, wenn er im Strahlkies bloß kalt erzählet, daß Zablocki ein wenig in den nächsten Garten spazieren gegangen, und die Aktrice Jakobine zufällig nicht sowohl, als in der guten Absicht, von ihrer Rolle der Johanna von Montfaucon im Freien zu verschnaufen. Noch viel weniger als schreibende Verfasser sind von hohen Anverwandten allgemeine Sätze anzugreifen, wie z.B. dieser: daß sehr leicht der weibliche theatralische Lorbeer sich rückwärts in eine Daphne verwandle – und der Satz, daß eine Schauspielerin nach einer schweren tragischen Tugend-Rolle am besten ihr eignes Theater aux Italiens und ihre eigne Parodie werde – am wenigsten dieser, daß das Militär, es sei auf Kriegs- oder Friedensfuß, den griechischen Möbeln gleiche, die meistens auf Satyrfüßen standen und endlich der, daß wohl nichts einander mehr sucht und ähnlich findet (daher schon die Worte Kriegstheater und Theaterkrieg, Aktion und Staatsaktion, Truppen) als eben Theatertruppen[891] die Kriegstruppen, und vice versa. Ich fahre also, nachdem ich berichtet, daß beide spazieren gegangen, gleich ihnen ruhig und ungestört, hoffe ich, fort.
Walts Gesicht wurde eine Rose unter dem Ausbleiben des Vaters. Wina heftete die Augen, die sich wie süße Früchte unter das breite Laub der Augenlider versteckten, unter dem Hute auf ihr Strickzeug nieder, das einen langen Kinderhandschuh vollendete. Über den Notar kam nun wieder die Furcht, daß sie ihn als den Auslieferer ihres Briefes zu verabscheuen anfange. Er sah sie nicht oft an, aus Scheu vor dem zufälligen Augen-Aufschlag Beide schwiegen. Weibliches Schweigen bedeutet – ohnehin als das gewöhnlichere – viel weniger als männliches. Die befeuernde Wirkung, welche der Wein hätte auf den Notar tun können, war durch seine Anstrengung, den feinsten Gesellschafter zu spielen, niedergehalten worden. Indes wär' ihm die Lage nicht unangenehm gewesen, wenn er nur nicht jede Minute hätte fürchten müssen, daß sie – vorbei sei.
Endlich sah er sehr scharf und lange auf den Strick-Handschuh und wurde so glücklich, sich einen Faden der Rede daraus zu ziehen; er schöpfte nämlich die Bemerkung aus dem Handschuh, daß er oft stundenlang das Stricken besehen, und doch nie begriffen.
»Es ist doch sehr leicht, Hr. Harnisch«, versetzte Wina, nicht spöttisch, sondern unbefangen, ohne aufzublicken.
Die Anrede »Herr Harnisch« jagte den Empfänger derselben wieder in die Denk- und Schweig-Kartause zurück. – »Wie kommts«, sagt' er, spät heraustretend und den Strick-Faden wieder aufnehmend, »daß nichts so rührend ist als die Kleidungsstücke der lieben Kinder, z.B. dieses hier – so ihre Hütchen Schühchen? – – Das heißet freilich am Ende: warum lieben wir sie selber so sehr?«
»Es wird vielleicht auch darum sein«, versetzte Wina und hob die ruhigen vollen Augen zum Notar empor, der vor ihr stand, »weil sie unschuldige Engel auf der Erde sind, und doch schon viele Schmerzen leiden.«
»Wahrhaftig, so ist es – (beteuerte Walt, indem Wina wie eine[892] schöne stille Flamme glänzend vor ihm aufstand, um ihr Mädchen herzuklingeln) – Und wie dürfen Erwachsene klagen? – Ich will wahrlich das Sterben eines Kindes (setzt' er hinzu und folgte ihr einige Schritte nach) ertragen, aber nicht sein Jammern; denn in jenem ist etwas so Heilig-Schauerliches.« Wina kehrte sich um und nickte.
Luzie kam; Wina fragte, ob der General ihr nichts aufgetragen. Luzie wußte von nichts, als daß sie ihn in den nahen Garten hineinspazieren sehen. Rasch trat Wina ans mondhelle Fenster, atmete einmal recht seufzend ein und sagte schnell: »Den Schleier, Luzie! Und du weißt es gewiß, liebes Mädchen, und auch den Garten?« – Mit einer leisen Stimme, wie nur eine mährische Schwester anstimmen kann, versetzte Luzie: »Ja, Gnädigste!« Wina warf den Schleier über den Hut und redete, hinter diesem gewebten Nebel und fliegenden Sommer unbeschreiblich blühend und liebreizend, den Notarius mit sanftem Stocken an: »Lieber Hr. Notar – Sie lieben ja auch, wie ich hörte, die Natur – und mein guter Vater« – –
Er war schon nach dem Hut-Stock geflogen und stand bewaffnet und reisefertig da – und ging hinter beiden mit hinaus. Denn ein fremdes Zimmer zu verlassen, fühlt' er sich ganz berechtigt. Indes aber solches geschlossen wurde, kam er wieder vorauszustehen, nahe an der Treppe; – und in ihm fing ein kurzes Treffen und Scharmützel an über die Frage, ob er mit entweder dürfe oder solle – oder weder eines noch das andere. Wina konnte ihn nicht zurückrufen – und so kam er, innen fechtend, auf die Treppe und trug das stille Handgemenge bis zur Haustüre hinaus.
Da ging er ohne weiteres mit und setzte den Hut von seinem Stock auf den Kopf; aber er zitterte, nicht sowohl vor Furcht oder vor Freude, sondern vor einer Erwartung, die beide vereinigt. O es ist eine lächerliche und reine Zeit im Jünglingsalter, wo im Jüngling die alte französische Ritterschaft mit ihrer heiligen Scheu erneuert und wo der Kühnste gerade der Blödeste ist, weil er seine Jungfrau, für ihn eine von dem Himmel geflogne, eine nach dem Himmel fliegende Gestalt, so ehret wie einen großen Mann, dessen Nachbarschaft ihm der heilige Kreis einer[893] höhern Welt ist, und dessen berührte Hand ihm eine Gabe wird. Unselig, schuldvoll ist der Jüngling, der niemals vor der Schönheit blöde war.
Die drei Menschen gingen durch eine waldige Gasse dem Garten zu. Der Mond zeichnete die wankende Gipfel-Kette auf den lichten Fußsteig hin, mit jedem zitternden Zweig. Luzie erzählte, wie schön der Garten und besonders eine ganz blaue Laube darin sei, aus lauter blauen Blumen gewebt. Blauer Enzian – blaue Sternblumen – blauer Ehrenpreis – blaue Waldreben vergitterten sich zu einem kleinen Himmel, worin gerade im Herbst keine Wolke, d.h. keine Knospe war, sondern offne Ätherkelche.
»Da die Blumen leben und schlafen«, sagte Walt bei diesem Anlaß, »so träumen sie gewiß auch, so gut wie Kinder und Tiere. Alle Wesen müssen am Ende träumen.« – »Auch die Heiligen und die hl. Engel?« fragte Wina. »Ich wollte wohl sagen: ja«, sagte Walt, »insofern alle Wesen steigen und sich also etwas Höheres träumen können.« – »Ein Wesen ist aber auszunehmen«, sagte Wina. – »Gewiß! Gott träumet nicht. Aber wenn ich nun die Blumen wieder betrachte, so mag wohl in ihren zarten Hüllen der dunkle Traum von einem lichtern Traume blühen. Ihre duftende Seele ist nachts zugehüllt, nicht durch bloße Blätter, sondern wahrhaft organisch, wie denn unsere auch nicht durch bloße Augenlider zugeschlossen wird. Sobald nun einmal die farbigen Wesen am Tage Licht und Kraft verspüren: so können sie ja auch nachts einen träumerischen Widerschein des Tages genießen. Der Allsehende droben wird den Traum einer Rose und den Traum einer Lilie kennen und scheiden. Eine Rose könnte wohl von Bienen träumen, eine Lilie von Schmetterlingen – in dieser Minute kommt es mir ordentlich fast gewisser vor – das Vergißmeinnicht von einem Sonnenstrahl – die Tulpe von einer Biene – manche Blume von einem Zephyr- Denn wo könnte denn Gottes oder der Geister Reich aufhören? Für ihn mag wohl ein Blumenkelch auch ein Herz sein, und umgekehrt manches Herz ein Blumenkelch.«
Jetzt traten sie in den Zauber-Garten ein, dessen weiße Gänge und finstere Blättergruppen einander wechselnd färbten. Die[894] Berge waren, wie Nachtgötter, hoch aufgestanden und hoben ihr dunkles Erdenhaupt kühn unter die himmlischen Sterne hinein. Der Notar sah den bisher auseinanderliegenden Farbentau der Dichtung an Winas Hand sich als einen Regenbogen aufrichten und im Himmel stehen als der erste glänzende Halbzirkel des Lebens-Kreises.
Er wurde – so wie Wina immer einsilbiger – immer vielsilbiger und betrank sich im Taufwasser seiner Worte, das er über jeden Berg und Stern goß, der ihnen vorkam. Es gab wenige Schönheiten, die er nicht, wenn er vorbeiging, abschilderte. Es war ihm so wohl und so wohlig, als sei die ganze schimmernde Halbkugel um ihn nur unter seiner Hirnschale von einem Traume aufgebauet und er könne alles rücken und rauben und die Sterne nehmen und wie weiße Blüten herunterschlagen auf Winas Hut und Hand. Je weniger sie ihn unterbrach und abkühlte: um so größer machte er seine Ideen und tat zuletzt die größte, jene ungeheure auf, worin die Welt zerschmilzt und blüht, so daß Luzie, die bisher weltliche Lieder murmelnd gesungen, damit aufhörte, aus Scheu vor Gottes Wort.
Eben wurde das Completorium geläutet, als Wina vor einer überlaubten kleinen Kapelle vorbeiging. Sie ging wie verlegen langsam, stand und sagte Luzien etwas ins Ohr. Walt war ihrer Seele zu nahe, um nicht in sie zu schauen; er ging schnell voraus, um sie beten zu lassen und sie heimlich nachzuahmen. Luzie hatte leise Winen gesagt, seitwärts oben die schwarze Laube sei die blaue. In dieser wollte er die Beterin erwarten. Als er näher trat, flog aus der Laube Jakobine lustig heraus und warf ihm scherzend einen Schal über den Kopf und entführte ihn am Arme, um an seiner grünen Seite, sagte sie, die kostbare Nacht zu genießen.
Ob er gleich nicht von weitem ahnte, mit welcher frechen Parodie der Morpheus des Zufalls den Menschen oft mit seinem Geschicke paare und entzweie: so widerstand doch der Spaß und die Freiheit und der Kontrast dem ganzen Zuge seiner höhern Bewegungen. Er setzt' ihr eiligst auseinander, woher und womit er komme, und sah bedeutend nach der Kapelle, als werd' er von[895] dort aus stark erwartet. Jakobine scherzte schmeichelnd über Walts Damen-Glück und verschloß ihm den Mund durch das Überfüllen seines Herzens. Indes er nun äußerlich scherzend focht – und innen es auf allen Seiten überschlug, wie er ohne wahre Grobheit Jakobinens Arm von seinem schütteln könne: so sah er, wie vom Eingange des Gartens her, den General auf die Tochter loskommen, sehr freudig ihre Hand in seinen Arm einpacken und mit dem Engel der Sterne davon und nach Hause laufen.
»Ach wie schnell gehen die schönen Sterne des Menschen unter!« dachte Walt und sah nach den Bergen, wo morgen ein paar Bilder davon wieder aufgehen konnten; und war nicht imstande, Jakobinen zu fragen, ob sie die Reize der schönen Nacht empfinde.
Diese flog kalt vor dem Notar ins Haus und verschwand auf der Treppe. Er brauchte diesen Abend nichts weiter als ein Kopfkissen für seine wachen Träume und ein Stück Mondschein im Bette. Aber in der Nachmitternacht – so lange träumt' er – fuhr wieder auf der Gasse eine Nachtmusik auf, welche Zablockis Leute abbliesen. Nachdem Walt die Gasse wie ein Lorettohäuschen in die schönste welsche Stadt getragen und niedergesetzt nachdem er die herrlichen Blitze des Klanges, die an den Saiten wie an Metalldraht herabfuhren, auf sich einschlagen lassen und nachdem er die Sterne und den Mond nach der irdischen Sphärenmusik in Tanz gesetzt – und nachdem die Lust halb aus war: so flatterte Jakobine, deren Flüstern er vorher fast im Nebenzimmer zu hören geglaubt, zur Türe hinein und ans Fenster, vor brennender Ungeduld, die Töne zu hören, nicht aber den Notar.
Walt wußte nicht sogleich, wo er war oder bleiben sollte. Er schlich sich heimlich und leise aus den Kissen in die Kleider und hinter die Hörerin; wie angezündeter Flachs war er in höhere Regionen aufgeflogen, ohne einen Weg zu wissen. Nicht daß er von ihr oder von sich etwas besorgte; aber nur die Welt kannte er und ihre Parterres-Pfeifen gegen jedes kühne Mädchen, ein Unglück, wogegen er lieber sich von der zweiten Famas-Trompete[896] jagdgerecht anblasen ließe, um nur das Weib zu retten; – und er wußte kaum, ob er nicht aus der Stube so lange unvermerkt entflüchten sollte, bis die Aktrice in ihre heimgegangen.
Sie hörte drei Seufzer – fuhr um – er stand da – sie entschuldigte sich sehr (zu seiner Lust, da er gefürchtet, er habe sein eignes Dasein zu exkusieren), daß sie in ein besetztes Zimmer gekommen, das ihr, da es ohne Nachtriegel gewesen, frei geschienen. – Er schwur, niemand habe weniger dawider als er; – aber Jakobinens Reinheit glaubte sich damit noch nicht rein gewaschen, sie fuhr fort und stellt' ihm unter dem musikalischen Getöse, so laut sie konnte, vor, wie sie denke, wie ihr Nachtmusik in Mark und Bein fahre, an Fast- und Freitägen ganz besonders, weil da vielleicht ihr Nervensystem viel rührbarer sei, und wie dergleichen sie nie unter dem Bette lasse, sondern wie sie die erste beste Wasch-Serviette (sie hatte eine um) über den Hals schlage, um nur ans Fenster zu kommen und zu hören.
Unter dieser Rede hatte eine fremde Flöte so närrisch mit feindlichen Tönen durch die Nachtmusik gegriffen und geschrien, daß diese es für angenehmer hielt, überhaupt aufzuhören. Jakobine sprach laut, ohn' es zu merken, weiter: »Man überkommt dann Gefühle, die niemand gibt, weder Freundin noch Freund.«
»Etwas leiser, Vortreffliche, ums Himmels willen leiser!« sagte Walt, als sie den letzten Satz nach der Musik gesagt, »der General schläft gerade nebenan und wacht. Wohl, wohl ist meistens für ein weibliches Herz eine Freundin zu unmännlich und ein Freund zu unweiblich.« – Sie sprach so leise, als ers haben wollte, und faßte ihn an der Hand mit beiden Händen an, wodurch die dicke plumpe Serviette, die sie bisher mit den Fingern wie mit Nadeln zugehalten, auseinanderfiel. Er erfuhr, was Höllenangst ist; denn das leisere Sprechen und Beisammenstehen, wußt' er, konnt' ihn ja jede Minute, wenn die Türe aufging, bei der Welt in den Ruf eines Libertins, eines frechen Mädchen-Wolfs setzen, der nicht einmal die Unschuld schonet, wofür er Jakobine hielt, weil sie sanfte blaue Augen hatte.
»Aber Sie wagen beim Himmel zu kühn!« sagt' er. »Schwerlich, sobald nur Sie nicht wagen«, versetzte sie. Er deutete, was sie von[897] seinen Anfällen sagte, irrig auf seinen unbefleckten Ruf und wußte nicht, wie er ihr mit Zärte die Rücksicht auf seinen ohne Eigennutz – denn ihr Ruf war ja noch wichtiger – in der größten Eile und Kürze (wegen des Generals und der Türe) auseinandersetzen sollte. Und doch war er von so guten ehrlichen Eltern, von so unbescholtenem Wandel – und trug den Brautkranz jungfräulicher Sittsamkeit so lange vor dem Bruder und jedem mit Ehren – – er hatte den Henker davon, wenn der verfluchte Schein und Ruf hereingriff und ihm den gedachten Kranz vom Kopfe zog, gesetzt auch, es wuchs ihm nachher eine frische Martyrerkrone nach.
Ihm wurde ganz warm, das Gesicht rot, der Blick irre, der Anstand wild: »Gute Jakobine«, sagt' er bittend, »Sie erraten – es ist so spät und still – mich und meinen Wunsch gewiß.«
»Nein«, sagte sie, »halten Sie mich für keine Eulalia, Hr. v. Meinau. Schauen Sie lieber die reine keusche Luna an!« sagte sie und verdoppelte seinen Irrtum. – »Sie geht«, versetzte er und verdoppelte ihren, »in einem hohen Blau, das kein Erden-Wurf durchreicht. So will ich wenigstens meine Tür zuriegeln, damit wir sicher sind.«
»Nein, nein«, sagte sie leise, ließ ihn aber mit einem Handdruck los, um ihre Serviette zurechte zu falten. Er kehrte sich jetzt um und wollte dem Nachtriegel zufliegen, als etwas auf den Boden hinflog – ein Menschen-Gesicht. Jakobine schrie auf und rannte davon. Er nahm das Gesicht, es war die Maske des Larvenherrn, den er für den bösen Genius gehalten.
Im Mondschein durchkreuzten sich seine Phantasien so sehr, daß es ihm am Ende vorkam, Jakobine habe selber die Maske fallen lassen und ihm und seinem armen Rufe nachgestellt. Er litt viel; – es richtete ihn nicht auf, daß er sich der besten Behauptungen seines Bruders erinnerte, daß z.B. solche Befleckungen des Rufs heutzutage, gleich den Flecken von wohlriechenden Wassern, aus den Schnupftüchern und der weißen Wäsche von selber herausgehen, ohne alle Prinzessen-Waschwasser und Fleckenausmacher – es tröstete ihn nicht, daß Vult ihn einmal gefragt, ob denn die jetzigen Fürsten noch wie die alten gewisse[898] moralische Devisen und Symbola hätten, dergleichen gewesen »praesis ut prosis« und andere spielende, und daß der Flötenist selber geantwortet, dergleichen habe jetzt nicht einmal ein tiefer Stand, und es könne überhaupt, wenn schon in Tassos und Miltons christliche Heldengedichte die heidnische Götterlehre hab' eindringen dürfen, auch in unserem Christentum so viel Götterlehre (wenigstens in betreff der schönsten Abgöttin) Platz greifen, als wir gerade bedürfen und begehren.
Darauf dachte Walt wieder an die Möglichkeit, daß irgend jemand das arme unschuldige Mädchen gesehen, und daß er ihren unbescholtnen Ruf anschmitze, der – schloß er – unbeschreiblich rein und fest sein mußte, da sie so viel gegen die Weiblichkeit sich herausnehmen durfte – Dann fiel ihm die 9te Testaments-Klausel »Ritte der Teufel« ein, die Ehebruch und ähnliche Sünden an ihm besonders bestraft – Dann der General mit seiner heiligen Briefsammlung von erotischen Platonikerinnen – Dann Wina und ihr Auge aus dem Himmel – – Der Notar bracht' eine der dümmsten und elendesten Nächte zu, die je ein Mensch durchgelegen, der unter dem Rückgrat keine Eiderdunen gehabt, welche freilich noch stärker einheizen.
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