2. Auftritt.

[37] Vorige. Mehmed.


MEHMED in die Szene rufend.

Man soll vom Sturm ablassen, soll zurück!

Jagt, was ihr könnt! Vergeblich ist die Arbeit,[37]

Umsonst viel edles Türkenblut verspritzt.

Jagt, was ihr könnt, man soll zum Rückzug blasen!


Zu Ali.


Verdammt! – Ihr habt uns Schlimmes prophezeit,

Und Schlimmres noch, bei Gott, ist eingetroffen.

ALI.

Sokolowitsch, wohl manches sah ich kommen,

Doch Soliman liebt solche Weisheit nicht,

Und schlecht nur möcht' er's dem Propheten lohnen. –

Was kostet uns der heut'ge Sturm?

MEHMED.

Dreitausend

Von unsern besten Leuten. Saht Ihr's nicht?

Der Zriny schmetterte, ein angeschoßner Eber,

Was trunknen Muts die Mauern schon erstieg,

Kopfüber von dem steilen Wall herunter,

Ja, reihenweise stürzten sie herab.

MUSTAFA.

Die Janitscharen haben brav gefochten.

ALI.

Was hilft denn Bravheit gegen solches Volk,

Das in dem Narrenwahne, sich für Gott

Und seinen Glauben sterbend hinzuopfern,

Zum Tode wie zum Siegsbankette geht?

Traut mir, ich kenne sie. Das ist der Geist,

Der uns vor Rhodus viele Tausende,

Vor Malta unsern Ruhm gekostet hat.

MEHMED.

Habt ihr den Großherrn schon gesehn?

MUSTAFA.

Wir harren

Nach seinem Winke hier im Zelt seit kurzem;

Noch sind wir nicht gerufen.

MEHMED.

Still! Mich dünkt,

Ich hör' ihn kommen. Mag der Himmel ihm

Ein günstig Ohr für meine Botschaft leihen;

Denn wohl gefährlich ist's, ein solches Wort

Dem sieggewohnten Löwen zu vermelden.

ALI.

Er kommt.

MEHMED.

Helft mir mit Eurer Stimme, Ali,

– Er traut Euch viel, – wenn meine nicht mehr gilt.


Quelle:
Theodor Körner: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 3, Stuttgart [o.J.], S. 37-38.
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