|
[54] Soliman. Mehmed. Levi.
Man hört Sturm blasen.
SOLIMAN.
Halte mich, Levi! Halte mich, ich sinke!
Allah, laß mich nicht eher sterben, bis
Der Roßschweif siegend von der Zinne weht,
Nicht eher laß mich sterben!
MEHMED.
Herr und Kaiser,
Gebiete deinem Leben, deiner Kraft!
Gewohnt ist die Natur, dir zu gehorchen.
SOLIMAN.
Der Tod verhöhnt mich, wie der Zriny. Ha!
Hört ihr's wild jauchzen? Hört ihr's wirbeln? Mehmed,
Das war mein Lieblingslied, mein Festtagslied;
Aus tausend Schlachten hat mir's zugedonnert,
Hat mir den blut'gen Sieg ins Ohr geheult.
Noch einmal vor dem Grabe muß ich's hören;
Nur diesmal, Glück, gehorche deinem Herrn!
MEHMED.
Liegt dir wohl sonst noch etwas auf dem Herzen?
Vertrau es deinem treuen Sklaven an,
Vermache mir das Erbteil deiner Sorgen.
SOLIMAN.
Wär' ich ein Held, hätt' ich mich je gesorgt?
Ich hab' gekämpft, genossen und bezwungen;
Den Augenblick hab' ich mit Blut erkauft
Und seine ganze Wollust ausgekostet;
Mein Thatenruf hat rings die Welt durchbebt,
Der Mitwelt Furcht und Zittern aufgedrungen,
Der Nachwelt ihre Stimme abgetrotzt
Und sich die Bahn zur Ewigkeit gebrochen!
Daß ich auf Trümmern und auf Leichen ging,
Daß ich Millionen in den Tod geschmettert,
Wenn's mein Gelüsten galt, das mag der Wurm,[54]
Der unter mir im Staube sich gewunden,
Der Welt erzählen; sein Gekrächz verstummt;
Das Große nur bleibt ewig, unvergessen,
Und hat kein Ende in dem Grab der Welt!
Baut euch nur eures Namens Tempel hoch,
Sei es auf Leichen, sei's auf Opfergaben,
Auf Haß, auf Liebe, – baut nur hoch, nur hoch!
Das Zeitmeer überflutet euer Leben,
Der Berg, auf den ihr bautet, wird bedeckt,
Und nur der Tempel bleibt reichprangend stehn.
In goldnen Zügen flammt da euer Name,
Und eure Nachwelt preist euch und vergißt
Den Grund, auf den sich eure Säulen pflanzten.
LEVI.
Schont Euch, mein kaiserlicher Herr, schont Euch!
Das Reden wird Euch schwer; Euch könnte Ruhe,
Wenn Gott ein Wunder will, gar friedlich stärken.
Schont Euch!
SOLIMAN.
Das Wort verzeih' ich deiner Treue.
Thor, der du glaubst, wer so wie ich gelebt,
Der möchte gern den letzten Hauch des Lebens
Im Traum des Friedens durch die Lippen ziehn.
Lebendig nenn' ich nur die That, die rüstig
Aus ihrem Schlaf die müden Kräfte weckt.
Die Ruhe tötet: nur wer handelt, lebt;
Und ich will leben, will vorm Tod nicht sterben!
Ausgewählte Ausgaben von
Zriny
|
Buchempfehlung
Der junge Wiener Maler Albrecht schreibt im Sommer 1834 neunzehn Briefe an seinen Freund Titus, die er mit den Namen von Feldblumen überschreibt und darin überschwänglich von seiner Liebe zu Angela schwärmt. Bis er diese in den Armen eines anderen findet.
90 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro