4. Auftritt.

[68] Vorige. Eva. Helene.


ZRINY.

Ihr seid gefaßt? nicht wahr, ihr seid's?

EVA.

Ich bin's.

Mit meinem Gotte hab' ich mich versöhnt

Und warte auf die Stunde der Erlösung.

ZRINY.

Und du, Helene?

HELENE.

Was die Mutter tröstet,

Goß seinen Balsam auch in meine Brust.

Der Schmerz hat sich verklärt, ich bin bereitet,

Wenn du gebeutst, vor Gottes Thron zu stehn.

ZRINY.

So mögen uns die letzten Augenblicke

In traulicher Umarmung noch begrüßen! –

Mein teures Weib! Viel Freuden dank' ich dir,

Du hast mir manche Stunde schön beleuchtet,

Haft manchen Tag mit stiller Lust geschmückt;

Den heil'gen Eid, den wir am Altar schwuren,

Schön hast du ihn gelöst, hast Kampf und Schmerz

Mit treuer Liebe sorgsam tragen helfen[68]

Und mancher Frühlingsblüte gern entsagt,

Die meines Lebens Wellensturm dir knickte.

Gott lohn' es dir!

EVA.

Mein teurer Held! Du hast

All', was ich that, mir tausendfach vergolten

Mit deines Herzens großer, treuer Liebe

Und mit des Augenblicks Verklärung, wo du

Mir's zugesagt, ich dürfte mit dir sterben! –

Doch, wie? – Du bist geschmückt, als ging's zum Feste?

ZRINY.

Kennst du das Kleid?

EVA.

Hätt' ich's vergessen? So

Lagst du im Gotteshaus in meinem Arm,

So hast du mich als deine Braut begrüßt.

ZRINY.

In diesem Schmuck ging ich am schönen Morgen

Zum schönsten Feste, teures, gutes Weib!

In diesem Schmuck stürm' ich am Lebensabend

Dem schönsten Siege frohen Mutes zu.

Zur zweiten Brautnacht hat der Tod geladen.

Komm, edles Weib! so halten wir den Schwur!

EVA.

Mein teurer Zriny! Ach, es schwindelt mir,

Wenn ich mich auf zu deiner Höhe träume!


Umarmung.


HELENE.

Mein Vater! Mutter! Trug die Erde je

Ein edler Paar, zwei glückeswertre Seelen!

Und ihr müßt sterben! Ihr? Das Schicksal raubt

Dem Leben seinen Stolz, der Welt ihr Kleinod,

Wenn es zwei solche Heldenherzen bricht. –

Die Erde war nicht wert, euch zu besitzen,

Da sie euch ihres Glückes Gunst versagte,

Euch nicht den Schuldbrief an des Lebens Kronen,

An jedes Schöne, Herrliche bezahlt!

ZRINY.

O, zürne nicht dem Schicksal, gute Tochter!

Nein, danke seiner väterlichen Huld,

Die uns vergönnte, in der Prüfungsglut

Das reine Gold des Herzens zu bewähren!

Die Tugend übt sich schlecht im Glück; das Unglück,

Das ist der Boden, wo das Edle reift,

Das ist der Himmelsstrich für Menschengröße.

Aus seinen Armen ging die Heldenschar,

Die Riesenbilder der vergangnen Tage,

Aus seiner Schule ging der Stolz der Welt.

Wo es dem Mengen seinen Kampf bereitet,

Da bricht die Kraft die unversuchte Bahn,

Da knüpft der Ruhm den Namen an die Sterne,

Es dehnt sich das Atom zum Ew'gen aus,

Und was sonst sterblich war, das wird unsterblich.[69]

Der Augenblick ist da, der Todesweihe

Freiwillig Opferfest beginnt.


Zu Eva.


Sag' mir,

Wo find' ich dich, und wie?

EVA.

Dort drüben, Held!

Und deiner würdig! Sorge nicht um mich!

Gereift ist mein Entschluß, beim Abschiedskusse

Sollst du erfahren, was das Weib vermag.

ZRINY.

Und unsre Tochter? und Helene?

HELENE.

Fürchtet nichts!

Ich schweb' euch schon von dort entgegen. Früher

Als ihr will ich dort drüben sein; mein Lorenz

Kann seiner Braut den letzten Kuß nicht weigern.


Quelle:
Theodor Körner: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 3, Stuttgart [o.J.], S. 68-70.
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