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[71] Helene. Juranitsch stehen noch in stummer Umarmung.
JURANITSCH.
Noch diesen Kuß, so laß mich scheiden!
HELENE.
Lorenz!
Nein, nein, so scheide nicht! Kannst du die Braut
In dieses Augenblickes Sturm verlassen?
Soll ich von einem trunknen Janitscharen
Des Todes Seligkeit erbetteln müssen?
Soll grausam eine fremde Mörderfaust
Den Dolch nach meinem Herzen führen? Soll
Des Türken Wut die zarte Brust zerreißen,
Wo jede Ader nur für dich gebebt,
Wo alle Pulse nur für dich geschlagen?
»Der Todesengel knüpfe eure Hand!«
Der Vater sprach's, willst du sein Wort verhöhnen?
Nein, Juranitsch, stoß mir den Dolch ins Herz
Und küsse mir die Seele von den Lippen.
JURANITSCH.
Gott, was verlangst du?!
HELENE.
Was die schwache Hand
Des Mädchens nimmer dir verweigern würde,
Lägst du verwundet hier und könntest nicht
Hinaus, den Tod im freien Feld zu suchen,
Du aber scheutest eines Henkers Beil –
Und ohne Zittern griff' ich nach dem Dolche,
Und unsre Seelen hätt' ich schnell vermählt.
JURANITSCH.
Dich soll ich töten? Dich! Nein, nein, ich kann es nicht!
Der Tod hat oft um mich herum gedonnert,
Mein Bruder sank im Kampfe neben mir,
Auf meines Vaters Leiche stand ich einst,
Hab' nicht geschaudert, habe nie gezittert
Und warf mich wütend mit dem Schwert der Rache
In meiner Feinde Mörderschar hinein; –
Doch diese Rose brechen! – Wenn der Sturmwind
Die Eiche stürzt und in den Fichten wütet,
Er läßt die zarte Blüte unverletzt,
Und seine Donner werden Zephyrssäulen;
Und ich soll, wilder als der wilde Sturm,
Des Lebens schönsten Frühlingskranz zerreißen,[71]
An Grausamkeit das rohe Element
Noch überbietend, diese Blüte brechen,
An die des Schicksals Hand sich nicht gewagt? –
Nein, ich vermag es nicht!
HELENE.
Wenn du mich liebst,
Wenn deine Schwüre nicht der Wind verwehte,
Wenn dir was heilig ist auf dieser Welt:
Gott, Unschuld, Freiheit, Vaterland und Liebe –
O, töte mich! Dort komm' ich dir entgegen
Und reiche dir den Kranz der Palme zu.
Wenn du mich liebst! – Du kannst mir's nicht verweigern!
Ich muß ja sterben! der soll der Großherr
Mich mit sich schleppen unter seine Sklaven?
Ist dir mein Tod nicht lieber als die Schande?
Soll mich Gewalt –?
JURANITSCH.
Halt ein! Ich töte dich!
Er will sie erstechen.
HELENE.
Nicht so, Geliebter! Nicht im wilden Sturme,
Nein, ruhig, friedlich senke deinen Dolch
In meine Brust und öffne meiner Seele
Den schönen Weg der lichten Heimat zu. –
Umarme mich! O, wie ich glücklich bin!
Auf einmal wird es klar vor meinen Augen,
Der Schleier reißt, das Leben seh' ich licht,
Ein neuer Morgen strahlt in meinem Herzen!
So töte mich! und küsse mir die Seele
Mit deinem Brautkuß von dem blassen Mund!
JURANITSCH.
Dort also, dort! dort finden wir uns wieder?
HELENE.
Dort bin ich dir aus ewig angetraut!
JURANITSCH.
Von dort schaust du auf deinen Jüngling nieder?
HELENE.
Weile nicht lange! Ach, dich ruft die Braut!
JURANITSCH.
Und kommt der Tod, und rufen meine Brüder?
HELENE.
Dann stirb als Held und triumphiere laut;
Ich komme mit der Palme dir entgegen.
JURANITSCH küßt sie und ersticht sie zugleich.
So nimm den Kuß und bitte Gott um Segen!
HELENE.
Dank dir, Dank für den süßen, süßen Tod! –
Laß mich nicht lange warten! – Noch den Kuß! –
Mit diesem Kusse flüchte meine Seele!
Sie stirbt.
JURANITSCH.
Leb wohl, leb wohl! Du meine süße Braut!
Trompetengeschmetter.
Horch, wie sie rufen! Horch! ich komm', ich komme!
Er legt Helenens Leichnam im Hintergrund in eine Nische.
Ich lege deine Hülle thränend nieder,
Dies weite Grab bewahre deinen Staub. –[72]
Und nun hinaus, wo ihre Schwerter winken,
Wo Kampf und Mord durch blut'ge Nebel graut!
Willkommner Tod! Du trägst mich zu der Braut,
Mit deinem ersten Rufe laß mich sinken!
Ab.
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