Herzog Georg Bernhard

[145] Blauer Himmel, Bergesluft,

Dunkler Hain und Blumenduft,

Zitternd glänzt auf grüner Au

Schon der frische Abendtau.
[145]

Kunstgebilde, Saitenklang,

Bei der Sonne Untergang,

Ganz allein am Waldessaum

Steht der Herzog wie im Traum.


Ja, des Herzogs Seele träumt,

Seine Lippen sind gereimt,

Und der Abendsonne Schein

Faßt sein schlichtes Bildnis ein.


Träumet er vom Wüstensand,

Von des Meeres grünem Strand,

Von der Welten Harmonie

Und der Wahrheit Poesie?


Träumet er von einem Licht,

Einstens strahlend – sichtbar nicht –

Jenes Wunderbild, es lebt,

Ueber ihm im Himmel schwebt.

Quelle:
Friederike Kempner: Gedichte. Berlin 81903, S. CXLV145-CXLVI146.
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