2.

[21] 1847.


O süße Täuschung! ja! den Friedensbogen

Hast du wohl oft ums kampfesmüde Haupt,

Wenn ich nicht mehr gehoffet und geglaubt,

Ein Engel, mir mit milder Hand gezogen.

Und wie man Öl gießt in die stürm'schen Wogen

Des Meeres, daß sich lege ihre Wut,

So gossest du mir oft ins stürm'sche Blut

Ein Öl, das es zur Ruhe hat bewogen.

Doch sieh! der Grundton meines Lebens ist

Der Schmerz, den du mir scheinbar nur entrissen,

Im Innern fort der Born des Schmerzes fließt,

Wenn außen auch die Lippen lächeln müssen.

Mein kleines Lied, das nur des Schmerzens Kind,

Wird wie der Born des Schmerzens niemals stocken,

Wird tönen fort, verhallend in die Glocken,

Die euch Verkünd'ger meines Todes sind.

Quelle:
Justinus Kerner: Werke. 6 Teile in 2 Bänden, Band 1, Berlin 1914, S. 21-22.
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