Die Ballade vom Schlaf der Kindheit

[50] Scheuche nicht den Schlaf des Kindes

In der schwarzen Bucht.

In den Zweigen des erwachten Windes

Hängt er hell wie eine runde Frucht.


Sonne wärmt sich an des Nackens Spiegel,

Echo strahlt in der erfüllten Flut,

Venus wünscht sich leichte Flügel,

Wo er in des Spieles Barke ruht.[50]


Jage nicht den Knaben in die Schule

Früh um sieben, wenn der Ofen kalt.

Hässlich hockt er an der Arbeit Spule

Und zerschmettert von des Lehrers Gramgewalt.


Sieh: an seinen langen schwarzen Wimpern

Hängt ein schmaler Schatten noch das Bild.

Und in seine wachen Qualen klimpern

Mondgesang und Schwert und Harfenschild.

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Klabund: Das heiße Herz. Berlin 1922, S. 50-51.
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