Der Mandrill

[124] Ich spielte auf der Lotoswiese

Und wusste nichts von Licht und Leid,

Da wehte eine stete Bise

Mich an das Eiland dieser Zeit.


Ich war ein Staub der Algenblüte,

Der aufwärts in die Erde will.

Und bald in meinen Adern glühte

Die Urwaldsehnsucht des Mandrill.


Als schnaubend einst ich die Genossen

Sah durch die Schachtelhalme fliehn:

Lag plötzlich vor mir ausgegossen

Ein Wesen, das mir lieblich schien.


Um ihre Glieder sich zu ranken:

Welch Übermass an Seligkeit!

Und herrisch griffen meine Pranken

Nach ihr, zu jeder Lust bereit.


Sie schlug die Augen auf. Der Himmel

War ganz in den Opal gebrannt.

Es hat sein Bann mich dem Gewimmel

Der Brüder wieder zugewandt.[124]


Nun such ich stets das zarte Wesen

Als Mensch, als Blüte oder Tier.

Denn mir nur ist sie auserlesen,

Ihr Nichtsein selbst gehört noch mir.

Quelle:
Klabund: Das heiße Herz. Berlin 1922, S. 124-125.
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