Zehntes Kapitel

Von der Verfassung der Deutschen

[396] Fr. Wer ist der Herr der Deutschen?

Antw. Die Deutschen, hast du mich gelehrt, haben keinen Herrn.

[396] Fr. Die Deutschen hätten keinen Herrn? Da hast du mich falsch verstanden. Dein eigner Herr, z.B., ist der König von Sachsen.

Antw. Der König von Sachsen?

Fr. Ja; der König von Sachsen!

Antw. Das war dieser edle Herr, mein Vater, als er noch dem Vaterlande diente. Er wird es auch wieder werden, so gewiß als er zu seiner Pflicht, die ihm befiehlt, sich dem Vaterlande zu weihen, zurückkehrt. Doch jetzt, da er sich, durch schlechte und bestochene Ratgeber verführt, den Feinden des Reichs verbunden hat, jetzt ist er es, für die Wackeren unter den Sachsen, nicht mehr, und dein Sohn, so weh es ihm tut, ist ihm keinen Gehorsam schuldig.

Fr. So sind die Sachsen ein unglückliches Volk. – Sind sie die einzigen, oder gibt es noch mehrere Völker in Deutschland, die keinen Herrn haben?

Antw. Noch viele, mein lieber Vater.


[Hier fehlen der Schluß des zehnten Kapitels, das elfte Kapitel und der Anfang des zwölften Kapitels.]

Quelle:
Heinrich von Kleist: Werke und Briefe in vier Bänden. Band3, Berlin und Weimar 1978, S. 396-397.
Lizenz:
Kategorien: