Eilfte Scene.

[138] Diether Faust. Käthe.


DIETHER.

Welch Geschrei!

Was giebt es hier![138]

KÄTHE das Gift fühlend.

– Und welche wilde Schmerzen!

DIETHER.

Bist du es?

KÄTHE.

Hier! – Was wüthet – o mein Gott!

DIETHER.

Gieb Antwort!

KÄTHE.

Faust

DIETHER.

Nun denn –?

KÄTHE.

Er stürmte fort! –

Ich trag's nicht mehr –


Sie ist an den Tisch getaumelt, und findet das leere Fläschchen mit der Signatur, aufschreiend.


Ha, Gift –!! – hab' ich getrunken!

DIETHER außer sich.

Gift, sagst du –?

KÄTHE in Todesangst ihn umfassend.

Rette, rette mich, mein Vater!

DIETHER.

Entsetzlich! – – Faust –?[139]

KÄTHE.

Nicht er – ich selbst! – O rette!

DIETHER mit einer Bewegung, die Thüre zu suchen.

Wie soll' ich – o mein Augenlicht!

KÄTHE die Hände ringend.

Nur Hülfe!

Ich sterbe nicht allein – – dein Kind ist Mutter!

DIETHER erstarrt.

Du, Käthe –

KÄTHE.

Mutter!

DIETHER.

Weh – entsetzlich! – Nirgends

Find' ich hinaus –

KÄTHE.

Es dringt schon nach dem Herzen –

So kalt und steinern – –


Aufzuckend.


Ha, jetzt ist's dahin –!


Mit irrem Blicke.


Schlaf wohl, mein Leben! – –


Heftiger.


Warum würgt' er dich!!

Das kann ich nimmer drüben ihm vergeben! –[140]

DIETHER.

Ha, fürchterlich! – Er war's?!

KÄTHE.

Nicht doch, mein Vater!

DIETHER.

Er gab dir Gift –?

KÄTHE schwach.

Ich selbst!

DIETHER.

Dein Ton – er bricht! –

Nimm keine Lüge mit! –

KÄTHE.

Ich war's!

DIETHER.

Beim Weltgericht!?

KÄTHE.

Mein Kind –!!


Leise und schaudernd.


Ja – er!!

DIETHER.

Ha, schrecklich – denn Vergeltung!

– Und Mutter du –?

KÄTHE still und hinsterbend.

– Nicht mehr –![141]

DIETHER hat an dem Tische herumfühlend plötzlich das Pistol ergriffen.

Das Feuerrohr!!

Zu Boden!! –

KÄTHE umfaßt ihn schmerzhaft.

Weh, er ist dein Sohn!

DIETHER.

Hinab!!

KÄTHE.

Ich lieb' ihn noch –

DIETHER fest und starr.

Hinab!

KÄTHE.

Nicht morden, Vater! –

Er ist dein Sohn! –

DIETHER Käthchens vorige Rede kalt und gräßlich wiederholend.

Nicht mehr!!

KÄTHE.

O mein – Erlöser!


Sie sinkt an ihm hinab auf den Boden, er steht stumm über ihr aufrecht.

der Vorhang fällt.[142]

Quelle:
Klingemann, August: Faust. Ein Trauerspiel in fünf Acten. Leipzig und Altenburg 1815 [Nachdruck Wildberg 1996], S. 138-143.
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