An Young

[115] Stirb, prophetischer Greis, stirb! denn dein Palmenzweig

Sprosste lang schon empor; dass sie dir rinne, steht

Schon die freudige Thräne

In dem Auge der Himlischen.


Du verweilst noch? und hast hoch an die Wolken hin

Schon dein Denkmal gebaut! Denn die geheiligten,

Ernsten, festlichen Nächte

Wacht der Freigeist mit dir, und fühlts,


Dass dein tiefer Gesang drohend des Weltgerichts

Prophezeyung ihm singt! fühlts, was die Weisheit will,

Wenn sie von der Posaune

Spricht, der Todtenerweckerin!
[116]

Stirb! du hast mich gelehrt, dass mir der Name Tod,

Wie der Jubel ertönt, den ein Gerechter singt:

Aber bleibe mein Lehrer,

Stirb, und werde mein Genius!


Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Band 1, Leipzig 1798, S. 115-117.
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