[210] Der deutschen Dichter Hainen entweht
Der Gesang Alzäus und des Homer.
Deinen Gang auf dem Kothurn, Sophokles,
Meidet, und geht Jambanapäst.
Viel hats der Reize, Cynthius Tanz
Zu ereilen, und der Hörer belohnts;
Dennoch hielt lieber den Reihn Teutons Volk,
Welcher voran Bragor einst flog.
Doch ach verstumt in ewiger Nacht
Ist Bardiet! und Skofliod! und verhallt
Euer Schall, Telyn! Triomb! Hoch gesang,
Deinem sogar klagen wir nach!
[211]
O Sponda! rufet nun in dem Hain
Des ruinentflohnen Griechen Gefährt,
Sponda! dich such' ich zu oft, ach umsonst!
Horche nach dir, finde dich nicht!
Wo, Echo, wallt ihr tönender Schritt?
Und in welche Grott' entführtest du sie,
Sprache, mir? Echo, du rufst sanft mir nach,
Aber auch dich höret sie nicht.
Es drängten alle Genien sich
Der entzückten Melodie um ihn her.
Riefen auch, klagten mit ihm, aber Stolz
Funkelt' im Blick einiger auch.
Erhaben trat der Daktylos hier:
Bin ich Herscher nicht im Liede Mäoons?
Rufe denn Sponda nicht stets, bilde mich
Oft zu Homers fliegendem Hall.
Und hörte nicht Choreos dich stets?
Hat er oft nicht Sponda's schwebenden Gang?
Geht sie denn, Kretikos tönt's, meinen Gang?
Dir, Choriamb, weich' ich allein!
[212]
Da sang der Laute Silbergesang
Choriambos: Ich bin Smintheus Apolls
Liebling! mich lehrte sein Lied Hain und Strom,
Mich, da es flog nach dem Olymp,
Erkohr nicht Smintheus Pindarus mich
Anapäst, da er der Saite Getön
Lispeln liess? Jambos, Apolls alter Freund,
Hielt sich nicht mehr, zürnt', und begann.
Und geh nicht ich den Gang des Kothurns?
Wo ... Baccheos schritt in lyrischem Tanz:
Stolze, schweigt! ha, Choriamb, töntest du,
Daktylos, du, tönt' ich nicht mit?
Der schönste Päon eilte daher,
Didymäos, leichtgewendet daher:
Flögen Thyrs' und Dithyramb' schnell genug;
Risse sie nicht ich mit mir fort.
Ach Sponda! rief der Dichter, und hiess
In den Hain nacht ihr Pyrrichios gehn.
Flüchtig sprang, schlüpft' er dahin! Also wehn
Blüthen im May Weste dahin.
[213]
Denn, Sponda, du begleitest ihn auch
Der Bardiete vaterländischen Reihn,
Wenn der Fels treffend ihn mir tönt', und mich
Nicht die Gestalt täuschte, die sang.
Buchempfehlung
Die beiden Schwestern Julchen und Lottchen werden umworben, die eine von dem reichen Damis, die andere liebt den armen Siegmund. Eine vorgetäuschte Erbschaft stellt die Beziehungen auf die Probe und zeigt, dass Edelmut und Wahrheit nicht mit Adel und Religion zu tun haben.
68 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro