|
[76] Zween gute Geister hatten Mäonides
Und Maro's Sprachen, Wohlklang und Silbenmass.
Die Dichter wallten, in der Obhut
Sichrer, den Weg bis zu uns herunter.
Die spätern Sprachen haben des Klangs noch wohl;
Doch auch des Silbenmasses? Statt dessen ist
In sie ein böser Geist, mit plumpen
Wörtergepolter, der Reim, gefahren.
Red' ist der Wohlklang, Rede das Silbenmass;
Allein des Reimes schmetternder Trommelschlag
Was der? was sagt uns sein Gewirbel,
Lermend und lermend mit Gleichgetöne?
[77]
Dank unsern Dichtern! Da sich des Kritlers Ohr,
Fern von des Urtheils Stolze, verhörete;
Verliessen sie mich nicht, und sangen
Ohne den Lerm, und im Ton des Griechen.
So weit wie Maro kam und Mäonides
Mit Liedestanze, kämen mit ihrem Reim
Die Neuern? unter seinem Schutze
Sichrer im Gange, da ganz hinunter?
Dank euch noch Einmal, Dichter! Die Sprache war
Durch unsern Jambus halb in die Acht erklärt,
Im Bann der Leidenschaften Ausdruck,
Welcher dahin mit dem Rithmus strömet.
Wenn mir der Ruf nicht fabelt; verschmähet selbst
Der Töne Land diess Neue: und dennoch ist
Die Sprache dort die muttergleichste
Unter den Töchtern der Romanide.
Weil denn in dieser Höhe die Traub' euch hängt;
So hab' ich Freundes Mitleid mit euch, dass sie
So gar es nicht vermag, die schönste
Unter den Töchtern der Romanide.
[78]
Die Sprächen alle stutzen, Begeistrung, oft,
Gebeutst du, tönen soll es, wovon du glühst!
Soll dir von allen deinen Flammen
Keine bewölkender Dampf verhüllen!
Beklagt den Dichter, wenn es der seinen jetzt
Gar an der Nothdurft Scherfe gebricht, ihr jetzt,
Wo sich dem Geist das Wort nicht nachschwingt,
Nicht die Bewegung die Schwesterhand beut:
Wenn er in ihr Anlage zum Silbenmass
Ausforscht, und gleichwohl schüchtern diess Gold nicht gräbt;
Fühlt, wie des Liedes Ernst der Reime
Spiele belachen, und doch sie mitspielt.
Des Guten mangelt viel ihm; des Schlimmen hat
Er viel. Und jetzo komt die Begeisterung,
Gebeut! Schnell blutet sie vom Dolch des
Stamlers! ihr Auge verlischt, sie sinket!
Buchempfehlung
Camilla und Maria, zwei Schwestern, die unteschiedlicher kaum sein könnten; eine begnadete Violinistin und eine hemdsärmelige Gärtnerin. Als Alfred sich in Maria verliebt, weist diese ihn ab weil sie weiß, dass Camilla ihn liebt. Die Kunst und das bürgerliche Leben. Ein Gegensatz, der Stifter zeit seines Schaffens begleitet, künstlerisch wie lebensweltlich, und in dieser Allegorie erneuten Ausdruck findet.
114 Seiten, 6.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro