Ihr Tod

[33] Schlaf sanft, du Grösste deines Stammes;

Weil du die menschlichste warst!

Die warest du, und das gräbt die ernste Geschichte,

Die Todtenrichterin, in ihre Felsen.


Oft wollt' ich dich singen. Die Laute stand,

Klang von selbst mit innigen Tönen von dir;

Ich liess sie klingen. Denn wie du

Alles, was nicht edel war, hastest,


So hass' ich, bis auf ihren

Verlorensten Schein,

Auf das leichteste Wölkchen

Des Räucheraltars, die Schmeicheley.
[34]

Jetzt kann ich dich singen. Die Schlangenzunge selbst

Darf nun von jenem Scheine nicht zischen. Denn du bist todt!

Aber ich habe geliebt, und vor Wehmuth

Sinket mir die Hand die Saiten herab.


Doch Ein Laut der Liedersprache,

Ein Flammenwort. Dein Sohn mag forschen strebend,

Ringend, dürstend, weinend vor Ehrbegier:

Ob er dich erreichen könne?


Friederich mag sein graues Haupt

Hinsenken in die Zukunft; Ob von ihm

Erreichung melden werde

Die Felsenschrift der Todtenrichterin?


Schlaf sanft, Theresia. Du schlafen?

Nein! denn du thust jetzo Thaten,

Die noch menschlicher sind,

Belohnet durch sie, in höheren Welten!


Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Band 2, Leipzig 1798, S. 33-35.
Lizenz:
Kategorien: