Zwey Nordamerikaner

[222] Nichts von dem, was der Franke des Guten verhiess, und des Edlen,

Nichts von Allem diesen geschah;

Wie es auch mit entzückendem Ton die Beredtsamkeit aussprach,

Und die Begeistrung es hob.

Aber alles geschah, was je die stärksten der Worte

Schreckliches nanten, oder was nie

Selbst der Sprachen redendste nicht au nennen vermöchte,

Alles, alles dieses geschah!

Und je schwärzer es war, je grausender, ungeheurer,

Desto öfter geschah's.

Ha was wählest du dir, dich zu trösten? blutige Thränen?

Oder der Franken ewigen Hass?[223]

»Nein, die Thräne nicht, und nicht den Hass. Ich verachte

Jeden, der rasen die Rasenden liess.«

Aber fluchest du nicht den Rasenden? »Wer zum Steine

Wurde, verstumt.«

Hätt' ich euch nur nicht gerührt, ihr Saiten, die von der vertilgten

Freyheit sangen, und gleich

Tönten dem ernsten klagenden Bach, der mit der Zipresse

Neben Begrabenen rauscht.

Denn ihr strebtet umsonst den tiefgetrofnen zu heilen;

Risset die Wunde nur auf.

Wer an dem Frühlingsmorgen der neugeborenen Freyheit

Meine Freuden empfand,

Der allein, und kein anderer fühlt den innigen Schmerz auch,

Welcher jetzo die Seele mir trübt.

O vergäss' ich auf immer! Denn Linderung wird mir, so lang mich

Kühlet ein Trunk aus Lethe geschöpft.


Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Band 2, Leipzig 1798, S. 222-224.
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