Der 3. Absatz.

[403] oder


Anhang

Zu den Fischen von der Fischerey.

Et juvat, & licitum est piscando fallere tempus,

Omne tamen tempus perdere pisce nocet.


Das Fischen niemand schadt noch irrt /

Wann Maaß und Zihl gehalten wird.15

GOtt gibt die Fisch zur Menschen Speiß /

Brauch sie nur nicht verkerter weiß.16


Ein schönes / lustig- und nützliches Ding ist es um das Fischen: Ein altes Herkommen ist es um daß Fischen.


Das Fischen / Voglen und Wilfdang /

Ist schier von der Welt Anfang.


Schier bey allen Völckeren und in allen Ländern (wo es fischreiche Wasser gibt) gehet das Fischen in dem Schwang: deßwegen seynd auch gemeiniglich an den fischreichen Wässeren so viel Städt und Flecken erbauet worden. An dem Galilæischen Meer ware Capharnaum, Tyberias, Bethsaida, Magdalum, und andere Städt mehr gelegen. Auch an dem Rhein / Mosel / Donaufluß etc. sehen wir herrlich- und Volckreiche Städt gebauet: deßgleichen an grossen Seen und Meeren liegen die Städt / Flecken und Dörffer in grosser Anzahl herum. Dann die Fisch seynd gewißlich ein sehr fruchtbar- und nutzliches Ding / sie thun sich sehr vermehren / sie werden bald groß und zahlreich /Krafft des Göttlichen Seegens / den sie bey Erschaffung der Welt empfangen haben / als GOtt gesprochen hat: Crescite & multiplicamini etc.17 Seyd fruchtbar und mehret euch / und erfüllet[403] die Wässer. Die alte Römer haben vor Zeiten gar viel auf die Fisch gewendt / und selbe mit grossen Kösten in ihren Lustgärten und Weyeren gehalten.

Viel tausend thun sich nur mit dem Fischfang hin und wieder ernähren und erhalten / absonderlich in Holl- und Engelland / in Dännemarck / Preussen etc. Wo die Fisch nicht nur in überaus grosser Menge gefangen / sonder auch von dort aus weit und breit gar in andere Länder häuffig verschicket werden.

Gleichwie aber die Fisch gar vielfältig und unterschiden seynd (ja fast unzahlbare Art und Gattungen derselben) also ist auch das Fischen gar unterschidlich / nicht nur mit Garn / Anglen / Körben / Stechstangen und Händen / sonder in gewissen Länderen thut man auch Fisch mit Fischen fangen / welche als wie die Jag-Hund abgericht seynd: ja auch mit gewissen Stoß- oder Raubvöglen / die aus dem Lufft auf die Fisch hinab schiessen / selbe einhohlen und ihren Herren lifferen.18

Man schreibt von gewissen Meer-Fischen / welche durch die Music gefangen werden / massen sie den Klang oder Thon eines jeden Instruments oder Gesangs also lieben / daß sie ihm gantz nahe zuschwimmen: Die Portugaller und Brasilianer zerstossen die Rinden eines gewissen Baums / Anda genannt / und werffen dieselbe in den Strom / welche alsdann die Krafft hat / die Fisch / so in selber Gegend seynd / unkräfftig oder ohnmächtig zumachen / und mithin werden sie leichtlich gefangen: In gewissen Americanischen Wässeren / wo etwan die Gegend unbewohnt ist / sollen sich die Fisch so häufig befinden / daß man sie leicht mit blossen Händen ergreiffen mag.

Das Fischen wird von allen Waydverständigen zu der Jägerey gezogen / und für ein Wasser-Jagen gehalten (gleichwie das Beitzen ein Jagen in dem Lufft ist) deßwegen soll ein guter und vollkommner Fischer nicht weniger als der Jäger ein fleißig-verschmitzt-oder listiger und wohl erfahrner Mann seyn: Er muß munter / hurtig und aufgeraumt seyn / damit er kein gute Gelegenheit versaume: Er muß starck und arbeitsam seyn / Hitz und Kälte wohl übertragen mögen /die Natur und Eigenschafften / das Röder / den List und die Geschwindigkeit der Fischen / die Zeit und das Ort ihres Leichs / ja auch die Witterung und Aenderung des Monds wohl erkennen / und wissen / wo diese oder jene Fisch sich gern aufhalten / in fliessendem oder stillem / im tieffen oder seichten Wasser.19 Ferners muß er auch mit gutem Fischer-Zeig wohl versehen seyn / als nemlich mit Kahnen oder Schifflein / Ruder / unterschidlichem Garn / Reussen / Anglen etc. und solche Ding wohl in obacht nemmen.

Wer der erste Fischer solle gewesen seyn / weiß ich für gewiß nicht zu sagen: Tribullus schreibt / das erste Fischen oder Schiffen denen Tyriis zu / indem er sagt: Prima remos ventis credere docta Tyrus: Gewiß ist / es daß es nach dem Sündfluß eines sehr alten Herkommens seye.

Christus der HErr selbsten hat das Fischen æstimirt und Gut geheissen / welches genugsam erscheint aus dem / daß er nicht nur seine Jünger Petrum und Andream etc. von dem Fischen zu dem Apostolat beruffen hat / sonder auch nach ihrem Beruff wiederum dem Fischen hat obligen lassen / bey dem Fischen nach seiner glorreichen Aufferstehung ihnen erschinen ist / mit ihnen geredt und geessen / auch selbst zum Fischen angewissen hat / mittite in dextram navigii rete.: Werfft zur rechten des Schiffleins das Netz aus.20 Er hat die Seelsorg / die Bekehrung der Sünder mit dem Fischfang verglichen / zu den Apostlen sprechend: Kommt! ich will euch zu Menschen-Fischer machen.21

Gleichwie nun die natürliche Fisch und Fischereyen gar vielfältig und unterschidlich seynd / welche ein guter Fischer wohl verstehen muß / also seynd auch die sittliche Fisch und Fischfang in diesem grossen Welt-Meer / nemlich[404] die Menschen und der Seelen Gewinn unterschiedlich beschaffen / welches ein guter Seelen-Hirt wohl verstehen soll. Die eine muß man so / die andere anderst gewinnen und einnemmen / bald mit Glimpff und Trost / bald mit Ernst und Droh-oder Straff-Worten. Deßwegen der H. Apostel Paulus / als ein terfflich wohl erfahrner Seelen-Fischer seinem Timotheo zuschreibend / ihne unterrichtet hat /wie er fischen soll: Argue, inerepa, sagt er / obsecra in omni patentia & doctrina:22 Straffe / ermahne /bitte und schelte in aller Gedult und Lehr.

Ein Seelsorger muß wie die Fischer mühe- und wachtsam seyn / fürsichtig und verständig / daurhafft und gedultig im Ungewitter / in Trübsal und Verfolgung: Er muß die Sitten / Inclination und Gewohnheit der jenigen / die er zu gewinnen oder zu bekehren verlangt / fleißig in Obacht nemmen / ihren nichtigen Ausflüchten vorbiegen / ihre Zweiffel auflösen / und Beschwernussen überwinden helffen etc. Zu diesem End soll er auch mit geistlichem Handwerckszeug /also zu reden / wohl versehen seyn / das ist / mit Erfahrenheit in der H. Schrifft und Heil. Vätteren / mit Antrieb und Beweg-Ursachen die Laster zu meiden /die Tugend zu üben etc. und dieses alles wohl anzuwenden wissen. Auf solche Weiß wird er einen glücklichen Fischfang thun / oder einen reichlichen Seelen-Gewinn machen.


Berühmt ist in dem Evangelio der Fischzug / welchen Petrus mit seinen Gesellen auf den Befehl Christi gethan hat; dann sie haben auf einmahl 153. grosse Fisch gefangen / und diese bedeuteten alle Völcker /die in der Schoos der Catholischen Kirchen solten versammlet werden.23 Aber zu mercken ist / daß Christus seinen Jüngeren ausdrucklich befohlen hat /das Netz auf die rechte Seiten des Schiffs auszuwerffen / und also haben sie einen reichlichen Zug gethan: Durch dieses wird den sittlichen Seelen-Fischeren angezeigt / daß / wann sie einen guten Fang thun wollen / da müssen sie das Netz nothwendig auf der rechten Seiten / ja niemahl auf der lincken auswerffen / das ist / sie müssen all ihre Mühe und Arbeit der Seelsorg aus rechter gut- und reiner Meinung anwenden und verrichten / nicht aus einem zeitlichen Absehen des menschlichen Respects / eines Gewinns und dergleichen etc.

Fußnoten

1 Art und Beschaffenheit des Hechts.


2 Ungerechte und Geitzhälß seynd gleich den Hechten.


3 Wie dem höllischen Raubfisch zu begegnen.


4 Des Karpffen Beschaffenheit.


5 Listigkeit des Karpffens ist zu imitiren.


6 Psal. 68. v. 3.


7 Art und Eigenschafft des Aals.


8 Listige Betrüger seynd gleich den Aal-Fischen.


9 Eccli. c. 7. v. 16.


10 lib. de intern affect.


11 Wie der Lachs oder Salm beschaffen sey.


12 Exodi. c. 8. v. 8.


13 Die Forellen.


14 Die Felchen deuten die Müßiggänger an.


15 Petrarca lib. 1. c. 63.


16 Fischen ist ein allgemeine und bewehrte Ubung.


17 Gen. c. 2. v. 22.


18 Das Fischen ist unterschidlich.


19 Wie ein rechter Fischer soll beschaffen seyn.


20 Sittlicher Fischfang oder Seelen-Fischer.

Joann. c. 21.


21 Marci. c. 1. v. 17.


22 2. Tim. c. 4.


23 Joan. c. 21. v. 11.


Quelle:
Kobolt, Willibald: Die Groß- und Kleine Welt, Natürlich-Sittlich- und Politischer Weiß zum Lust und Nutzen vorgestellt [...]. Augsburg 1738.
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