Siebenter Auftritt


[54] Franz – Der Greis.


GREIS ihm entgegen. Nun, sieht Er wohl, Herr? Vertrauen auf Gott läßt nicht zuschanden werden. Ihm den Beutel hinhaltend. Hier ist Gottes reicher Segen.

FRANZ. Glück zu! aber wer gab dirs?

GREIS. Sein braver Herr, dem der Himmel dafür lohnen wolle.

FRANZ. Amen! – Der sonderbare Mann! Also deswegen mußt' ich das Buch hineintragen? Er wollte keinen Zeugen seiner Wohltätigkeit.

GREIS. Auch wollt' er nicht einmal meinen Dank mit sich nehmen. Er war fort, eh' ich noch reden konnte.

FRANZ. Das sieht ihm ähnlich.

GREIS. Nun, Herr, nun will ich gehn, so schnell mich die alten Füße tragen wollen. Ach! ein süßer Gang! – ich gehe meinen Hans loszukaufen. Wie wird der gute Junge sich freuen! – Er hat auch ein Mädchen unten im Dorfe, eine brave Dirne. – Welche Freude! welche Freude! – Gott, wie gütig bist du! Jahrelange Leiden vermögen die Rückerinnerung[54] an ehemalige Freuden nicht auszulöschen, aber ein einziger froher Augenblick tilgt jahrelange Leiden aus unserm Gedächtnis. – Ich gehe; beschreib' Er seinem Herrn meine Freude; das wird ihm lieber sein, als mein Dank. – Im Gehen. Ach! warum kann ich nicht laufen? warum nicht fliegen? – Er steht plötzlich stille. Halt! das war unrecht. Mein alter Gesellschafter muß mit mir gehen. Er hat mit mir gehungert und gewinselt; er soll sich auch mit mir freuen. Er und mein Sohn sind alte gute Freunde. O wie wird der gute Fidel vor uns herspringen!


Er geht in die Hütte.


FRANZ ihm nachsehend. Warum bin ich nicht reich? oder ein Fürst? Augenblicke, wie diese, sind es, in welchen ich Fürstenreichtum beneide. Er geht ab.


Quelle:
August von Kotzebue: Schauspiele. Frankfurt a.M. 1972, S. 54-55.
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