Achter Auftritt


[109] Die Gräfin – der Major.


GRÄFIN. Wahrhaftig, die Verliebten denken, man hungere nicht, man durste nicht, weil sie selbst von Rosenduft und Mondschein leben. Kaum hab' ich ein paar Tassen Tee hinuntergeschlürft, so läßt mich der Herr Bruder schon abrufen; und was steht zu Befehl?

MAJOR. Du kannst noch fragen? Hast du mit Madam Müller gesprochen?

GRÄFIN. Ja.

MAJOR. Nun?

GRÄFIN. Nichts.

MAJOR. Nichts?

GRÄFIN. Das heißt, wenn der Herr Bruder nicht bald einen andern Hafen sucht, so wird er bis ans Ende seines Lebens auf offener See herumtreiben müssen.

MAJOR. Ist sie verheuratet?

GRÄFIN. Das weiß ich nicht.

MAJOR. Ist sie von guter Geburt?

GRÄFIN. Das darf ich nicht sagen.

MAJOR. Kann sie mich etwa nicht leiden?

GRÄFIN. Darauf muß ich dir die Antwort schuldig bleiben.

MAJOR. So so, ich bewundere deine schwesterliche Zuneigung; sie ist exemplarisch. Gut, daß ich gleich anfangs nicht sehr darauf baute. Gut, daß ich einen Freund wiederfand, der die Frau Schwester beschämen wird.

GRÄFIN. Einen Freund?

MAJOR. Aufzuwarten. Der Fremde, der diesen Morgen deinem Manne das Leben gerettet, ist mein alter Freund.

GRÄFIN. Wie heißt er?

MAJOR. Das weiß ich nicht.

GRÄFIN. Ist er von guter Geburt?

MAJOR. Das darf ich nicht sagen.

GRÄFIN. Wird er herkommen?

MAJOR. Darauf muß ich dir die Antwort schuldig bleiben.

GRÄFIN. Du bist unerträglich.[109]

MAJOR. Magst du denn deine eigene Komposition nicht einmal da Capo hören?


Quelle:
August von Kotzebue: Schauspiele. Frankfurt a.M. 1972, S. 109-110.
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