Sechzehnter Auftritt


[70] Baron. Baculus.


BARON tut, als ob er folge und kehrt dann um; für sich. Wahrhaftig, lebten wir noch in finstern Zeiten, so würde ich glauben, das Mädchen habe mir einen Liebestrank gegeben. Laut. He, Schulmeister!

BACULUS. Noch keine Ruhe! Was beliebt?

BARON. Ich habe Euch einen Vorschlag zu machen. Wenn ihr einwilligt, so geb' ich Euch mein Wort, daß Ihr nicht allein Euer Amt behalten, sondern noch tausend Taler obendrein verdienen sollt.

BACULUS. Ei der Tausend! Wie denn das?

BARON. Wollt Ihr mir Eure Braut abtreten?

BACULUS. Meine Braut? Ei beileibe! Was will der Herr denn mit meiner Braut anfangen?

BARON. Ich will sie heiraten. Das holde Wesen machte gleich, als ich sie in Eurem Dorfe sah, einen tiefen Eindruck auf mich.[70]

BACULUS. Das glaub' ich wohl, aber ich habe meine Braut lieb.

BARON. Sind Euch tausend Taler nicht noch lieber?

BACULUS überlegend. Tausend Taler? Nein, Herr Stallmeister, tausend Taler sind mir nicht lieber.

BARON. Aber zweitausend?

BACULUS. Zweitausend? Für sich. Potz Adam Riese und Pestalozzi! Laut. Nein, auch zweitausend Taler sind mir nicht lieber.

BARON. Aber fünftausend?

BACULUS. Fünftausend! – Alle Wetter, Herr Stallmeister, wenn das Ihr Ernst ist und meine Braut nichts dawider hat –

BARON. Ihr müßt sie zu überreden suchen.

BACULUS. Das wird schwerhalten, sie liebt mich unmenschlich, in acht Tagen sollte ja unsre Hochzeit sein. Wie wär' es denn, wenn ich sie erst auf ein Jahr heiratete, und wir machten hernach das Geschäft ab?

BARON. Wo denkt Ihr hin! Morgen oder nie! Morgen mit dem frühesten.

BACULUS. In Gottes Namen denn, ich will's versuchen. Aber geben Sie acht, sie wird nicht wollen.

BARON. Sie wird wollen – wir sind schon halb und halb einig.

BACULUS. So? Das wär' der Teufel!

BARON. Überlegt es wohl! Mit fünftausend Talern könnt Ihr Euch ein schönes Gütchen kaufen, und Bräute gibt's ja noch genug in der Welt. Morgen mit dem frühesten erwarte ich Euren Entschluß.


Geht ab.


Quelle:
Albert Lortzing: Der Wildschütz oder Die Stimme der Natur. Nach Kotzebue frei bearbeitet, Stuttgart 1969, S. 70-71.
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