Sechster Auftritt.

[29] Cathrine, Peter, Muffel.


MUFFEL. Nun, meine lieben Kinder, habt ihr ausgesungen und ausgebetet? hier bring ich euch zwey goldene Ringe zum Verlöbnisse, welches auf den Abend in Gegenwart aller Fremden vor sich gehen soll.

PETER mit einer heiligen Mine. Ums Himmels willen Herr Pastor, wo ihnen meine arme Seligkeit lieb ist, so verschieben sie das Verlöbnis noch, oder lassen es nimmermehr vor sich gehen.

MUFFEL. Was ich gethan habe, schadet euch so wenig als ihr, weil Ich es gethan habe.

PETER. Dieses ist eben mein Gewissensscrupel, daß sie es gethan haben, Herr Pastor. Soll ich den Ort, den sie und ihre Geistlichkeit geheiliget haben, mit meiner weltlichen Ichheit wieder beflecken? davor behüte mich der Himmel!

MUFFEL. Euer Gewissensscrupel ist von Wichtigkeit, Peter, doch wir Prediger wissen dergleichen zu heben. Hört nur, guter Peter, heyrathet ihr Cathrinen immer,[29] was ich geweyhet habe, will ich für mich behalten, und ihr werdet auch wohl gute Herzen antreffen.

CATHRINE. Daß muß eine verdammte Postille seyn, nach welcher er diesen Gewissensscrupel auflöset Für sich.

MUFFEL. Euer Zweifel ist euch nun gehoben, strecket nur die Hand nach den 100 Rthln. aus.

PETER zieht sich unter dieser Rede zurück. Ach! um alles in der Welt nicht. Der Herr Pastor haben Cathrinen vom Haupte bis zu den Fußsolen zur Heilige gemacht, an mir aber haben sie nur den Kragen geheiligt, als sie neulich Brüderschaft mit mir trunken. Ich bin ein armer sündiger Mensch gegen Cathrinen. Ich muß mich vor ihr schämen, und mich der Sünde fürchten, der Himmel würde sie meinetwegen strafen. Nein, dazu hab ich sie viel zu lieb. Verändert die Stimme. Behalten sie ihre gemuffelte Cathrine für sich, und machen sie keinen für 100. Rthlr. zum Hahnrey. Lauft eilend ab.


Quelle:
Johann Christian Krüger: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt und Leipzig 1743, S. 29-30.
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