Achter Auftritt.

[120] Herr von Roseneck, Wilhelmine.


HERR VON ROSENECK. Ich habe zwar eine seltsame Zeitung hören müssen, aber ich habe derselben noch nicht den geringsten Glauben beygemessen, weil sie von Muffeln gekommen. Dieser trat eben jetzt ganz triumphirend über ihre Bekehrung in das Zimmer, und brachte die Zeitung, daß Fräulein Wilhelmine nicht mehr vernünftig, und noch vielweniger eine Philosophin wäre.

WILHELMINE. Der Betrüger wuste erst nicht, auf was für eine Weise er es anfangen sollte, mich zu hintergehen. Er ist so verliebt dabey gewesen, daß ich mich seiner Hände nicht genug habe erwehren können.

HERR VON ROSENECK. Ein ander Frauenzimmer würde vielleicht nicht so viel Herz gehabt haben, sich vor einem Geistlichen zu wehren, sie würde es wohl gar für eine Sünde gehalten haben.

WILHELMINE. Als er endlich sahe, daß er mit der Liebe und mit Bitten bey mir nichts vermochte; So wollte er Menschheit, Vernunft[120] und Weltweisheit nicht anders austreiben, als ob er 3. Teufel verbannen sollte. Jene sind aber nicht so furchtsam vor seinem Geplärre gewesen, als diese zu seyn pflegen, denn ich kan mich Gott Lob überzeugen, daß mir alle 3. so gut gewesen, und bey mir geblieben sind. Er beschwur sie zugleich, von ihm auch auszufahren, und ob sie gleich der Wohnung bey ihm sehr überdrüssig seyn mögen, so haben sie doch auf höhern Befehl vermuthlich noch bey ihm aushalten müssen.

HERR VON ROSENECK. Ihre Frau Mutter ist über diese Nachricht, wie sie vielleicht selbst vermuthen können, vor Freuden ganz ausser sich, und liegt anjetzt mit Muffeln und Tempelstolzen auf den Knien, dem Himmel für die Ausfahrung ihrer Vernunft Dank zu sagen.

WILHELMINE. Der Heuchler will also durch sein Gebet den Himmel sogar betrügen? Tempelstolz wird sonderlich sehr viel Andacht dabey haben; ich will wetten, daß er für Neid über Muffeln bersten möchte. Aber meynen sie nicht, mein Herr Oheim, daß meiner Mama Leichtglaubigkeit von üblen Folgen für mich und Wahrmund seyn könnte?

HERR VON ROSENECK. Besorgen se nichts von derselben, schönstes Fräulein. Ihre Frau Mama wird sie nun freylich, Muffeln zu heyrathen, ohne Zweifel zwingen wollen, aber ich[121] habe solche Anstalt vorgekehret, daß sie nicht mehr können gezwungen werden. Ihre Verwunderung und Freude wird so dann desto reicher an vielen Empfindungen werden, je weniger sie sich diese Anstalten vermuthen.

WILHELMINE. Ich hatte schon den Entschluß gefast, dem Herrn Wahrmund getreu und beständig zu verbleiben, ihre gemachte Hofnung aber befestiget mich in demselben. Wissen sie nicht, wo sich mein Geliebter seitdem aufhält, daß ihn meine Mama aus ihren Augen verjaget?

HERR VON ROSENECK. Er erwartet das vergnügte Ende seines Schicksals in dem Garten.


Quelle:
Johann Christian Krüger: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt und Leipzig 1743, S. 120-122.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die Geistlichen auf dem Lande
Die Geistlichen auf dem Lande. Mit Materialien