Vorrede.

Unsere Zeit hat mehr als irgend eine frühere der Sage ihr Recht angedeihen lassen, und der Forscher geht nicht mehr vornehm an ihr vorüber, sondern erkennt in ihr eine Quelle der Geschichte, die, wenn sie auch oft die geschichtlichen Thatsachen nicht in ihrer objektiven Wirklichkeit darstellt, doch immerhin der größesten Aufmerksamkeit werth ist, indem sie dieselben nach der Auffassungsweise der Massen kennen lehrt. Von ganz besonderer Wichtigkeit wird die Sage daher da, wo es der Geschichte grade um diese Auffassungsweise zu thun ist, wo sie ein Volk in seinem innern Leben kennen lernen will, und um so größer muß diese Wichtigkeit werden, je mehr die übrigen Quellen, aus denen jene sich schöpfen ließe, versiegt sind. Das ist aber bei unserer Mythologie der Fall; nur spärlich sind die älteren Nachrichten über dieselbe, die Fülle der mythischen Vorstellungen unserer Vorfahren liegt in der Sage, und die Geschichte, will sie anders den Zustand des vorchristlichen religiösen Bewußtseins[3] der Deutschen kennen lernen, hat sich vorzugsweise an diese zu wenden. Daß sie auch hier, wie überall, Kritik üben muß, versteht sich von selbst, denn die Glaubwürdigkeit der Zeugen ist natürlich bald größer, bald geringer, aber sie darf auch nicht zu weit gehen, und, wie es wohl geschehen ist, darum alles verwerfen, weil es nie objektive Wirklichkeit hatte, und weil das heutige Zeugniß einen Zustand, der vor etwa tausend Jahren sein Leben hatte, schildert. Denn die subjektive Wirklichkeit, auf die es hier allein ankommt, ist, mag auch das Einzelne Verwandlungen erlitten haben, in den Grundzügen der mythischen Vorstellungen sicher erhalten, und behauptet um so mehr ihr Recht, als sie sich die ganze Zeit hindurch neben dem Christenthum in mannichfacher Lebendigkeit zu erhalten wußte.

Die Gebrüder Grimm waren in der Zeit, da Deutschlands Bewußtsein wieder erwachte, die ersten, welche diesen unschätzbaren Werth der Sage erkannten, und der ältere der Brüder lieferte später die erste treue Darstellung unserer deutschen Mythologie. Aber gar manches blieb noch dunkel und machte die Auffindung neuer Quellen wünschenswerth, und so forschte man denn ämsiger als zuvor und sammelte, was im Strome der Zeit unterzugehen drohte. Darum war auch das Hauptziel, das Vorhandene zu erhalten, aus ihm Bestätigung für das Bekannte oder Zweifelhafte zu gewinnen, und das Neue ans Licht zu ziehen.

Von diesem Standpunkt ist der Herausgeber der vorliegenden Sammlung ausgegangen und in diesem[4] Sinne besonders hat er gesammelt; das Hauptresultat derselben ist zunächst der Beweis, daß fast alle mythologischen Erinnerungen unsres Landvolkes deutschen Ursprungs sind, und der Herausgeber hat diesen Punkt bereits in dem ersten Bande der Märkischen Forschungen1 weiter ausgeführt, und wenn er auch einige dort aufgestellte Ansichten jetzt als nicht mehr haltbar verwirft, so vertritt er doch noch heute wie damals den Hauptinhalt derselben. Zwar scheint es hin und wieder, als habe unsre Bevölkerung auch slavisches bewahrt, allein es ist im Verhältniß zum deutschen so gering, daß es gegen dasselbe durchaus nicht in Betracht kommt; wenigstens kann es, wenn es in höherem Grade vorhanden sein sollte, nur in der Art der Fall sein, daß es mit dem deutschen so verwandt ist, daß eine Unterscheidung gar nicht mehr möglich ist. Indem wir daher die in der oben angeführten Abhandlung durchgeführte Behauptung zum Grunde legen, wollen wir in Kürze das, was uns besondrer Erwähnung werth scheint, hervorheben.

Ob der bei mehreren Gelegenheiten (s. Gebr. Weihnachten, Fastnacht, Hochzeit) erscheinende Reiter auf einem Schimmel, dem zur Seite die Feien, die alten Schicksalsgöttinnen, auftreten, der Wodan sei, wie ich in obiger Abhandlung annahm, lasse ich jetzt dahin gestellt,[5] da diese Figur weder einen bestimmten Namen führt, noch sonst besondre auf die Annahme hinweisende Gebräuche vorhanden sind. Der einzige Grund für die Vermuthung liegt im Auftreten der Feien mit ihm und etwa in der Gestalt des Reiters in breitem Hut und weiten Mantel, wie sie besonders in der Altmark auftritt, vielleicht auch in der eigenthümlichen Strafe der sich aus dem Hochzeitsaale entfernenden, die in der Prignitz herrscht (Gebr. S. 362), indem in christlicher Zeit niemand den heidnischen Gott mehr darstellen mochte und nur Strafe dazu zwingen konnte. – In einem andern Gebrauch, denke ich, erscheint derselbe Gott deutlicher, nämlich in dem altmärkischen Ärntegebrauch (S. 377 ff.), der den Namen Vergodendeel führt; der Name hat als Vergütigungstheil gar keinen Sinn, denn das Ärntefest als eine Vergütigung für den sauren Schweiß des Schnitters zu fassen, wäre wohl ganz in der Ordnung, aber warum denn das Theil im letzten Gliede der Zusammensetzung? Ich denke, wir dürfen gar keinen Zweifel hegen, Vergodendeel als Frô Goden Deel aufzufassen, also der Theil, der Antheil des Herrn Wodan, und dieser Antheil ist eben der Ärntebüschel, den man dem Gott als Opfer stehn läßt, und nach ächt heidnischer Sitte unter Jubel und Musik umtanzt. Man sieht deutlich, es ist dies die von Grimm d.M.S. 104 ff. und 153 geschilderte Sitte; die jubelnd ins Dorf geführte aus der letzten Garbe gefertigte Gestalt (Gebr. S. 341 ff.) scheint ebenfalls der alte Segen spendende Gott, den das Christenthum später zur Strafe ins Dorf tragen ließ. –[6] Der Name Vergodendeel ist dann aber auch in andrer Beziehung interessant, indem der erste aus Fro verwandelte Bestandtheil die Bestätigung liefert, daß die in der Prignitz bekannte Fruu Gode erst durch Umgestaltung aus dem männlichen Gotte entstanden sei; denn ich sollte meinen, wenn man im ersten Worte von je an nur an eine Frau dachte, so sei die ganze jetzige Form des Worts sowie die Auslegung desselben, die ihm das Volk giebt, unmöglich, wohl aber konnte das bei dem früh veralteten frô eintreten. Ueberdies tritt die Gleichheit von Frau Gode, die in einigen Gegenden, namentlich um Grabow und Ludwigslust, auch Frau Gaue heißt, und Wodan darin hervor, daß sie wie dieser an der Spitze des wilden Heeres daher zieht.

An die Stelle der nur in der Prignitz bekannten Frau Gode tritt in der übrigen Mark Frau Harke, die sich schon darin als altheidnische Figur zeigt, daß sie mit der Einführung des Christenthums in der Mark in Conflikt gesetzt wird (vergl. Sagen No. 138.). Soviel sich von ihrem Wesen zeigt, scheint sie mit der Holda und Perahta eine Person und nur ein andrer Name für beide; es scheint, daß die angelsächsische Erce (Grimm d.M. 154) mit ihr zusammenzustellen sei. Ueber den Ursprung des Namens, der in älterer Zeit Here (vergl. S. 372) gewesen zu sein scheint, wage ich nichts zu bestimmen. Stehen Harke und Erce sicher neben einander, so möchte auch Here neben Ere zu stellen sein, und die Göttin wäre dann vielleicht die Gemahlin des Er oder Ziu. – Ist vielleicht der Ortsname Erxleben der in alten Urkunden [7] Arkislewen genannt wird, so wie die in der Statistik der heidnischen Denkmäler des Königreichs Hannover S. 250 genannte Arkeburg hierher zu beziehen? Den obengenannten beiden Gottheiten wird noch in der Altmark die Roggenmuhme in sofern gleichgestellt, als sie den faulen Mägden, die an dem Tage der heiligen drei Könige ihren Rocken nicht abgesponnen haben, allerhand Possen spielt. (Vgl. über die Altmark S. 147).

Die Sagen über weiße Frauen sind zahlreich, überall harren sie auf Erlösung, und sie erscheinen namentlich auch in den Klöstern, wo brandenburgische Fürsten (freilich noch keine Hohenzollern) begraben liegen. Bemerkenswerth ist der gelbe Pantoffel der weißen Frau zu Chorín, der an den Schwanenfuß der Perahta erinnert, ebenso das goldne Spinnrad derjenigen zu Biesenthal. Die zu Jänickendorf und Sperenberg erscheint halb weiß, halb schwarz und erinnert an die dänische Huldra, die vorn schön, hinten häßlich ist. – Die Sagen No. 68. u. 157. vom weissagenden Schwan und der Schwanenkette scheinen aus der Erinnrung an die Schicksal verkündenden Schwanjungfrauen entstanden zu sein.

Von der Natur der Elbe hat sich nur weniges in Sagen und Aberglauben erhalten; der neben Alp hauptsächlich gebräuchliche Name, die Mahre, der Mahrt, scheint slavischen Ursprungs, wenigstens ist polnisch mar der Alp. Dieser Name hat dann auch offenbar die Gestalt desselben, wonach man ihn sich als Marder denkt, hervorgerufen. – Die Bilwize sind unter dem Namen Bihlweisen zu Zauberern geworden; vielleicht sind solche[8] die in No. 124. bei Berlin erschienenen gespenstigen Mäher. – Die Sagen von den Zwergen oder Unterirdischen bieten keine besondre Eigenthümlichkeit dar.

In Bezug auf den Nix oder Wassermann ist die Sage No. 79. bemerkenswerth; der auf dem Wasser schwimmende Hut scheint der des Nix, wie er in einem dänischen Volksliede einen grünen Hut trägt (Grimm d.M.S. 277), er wirft ihn gleichsam als Köder aus, um damit Menschen zu fangen, sich das ihm nicht mehr freiwillig gebrachte Opfer zu holen. Die in Seen an Ketten liegenden häßlichen Thiere, wie Laus und Krebs (Sagen No. 36. 230.) gehören vielleicht slavischer Mythologie an, wenigstens wüßte ich in der deutschen nichts ähnliches, und die erste Sage gehört einer noch bis ins vorige Jahrhundert von Slaven bewohnten Gegend an.

Die Sagen von Kobolden zeigen deutlich, daß sie ursprünglich Feuergottheiten seien, und zwar ist es zunächst das Feuer des Heerdes, das man verehrte. Darum bezeichnet man auch die Irrwische zuweilen mit demselben Namen und setzt den Kobold unmittelbar dem Drachen gleich. Bei den meisten Thiergestalten, unter denen man sie sich erscheinend denkt, ist deshalb auch roth die Hauptfarbe, oder sie haben doch wenigstens immer feurige Augen. Daher auch der Name »rother Junge«. Die daneben stehende Bezeichnung »grüner Junge« könnte auffallen, allein ich glaube, sie rührt von dem provinziellen Ausdruck »grün«, worunter man noch etwas unreifes, nicht erwachsenes versteht, her;[9] man schilt einen Knaben, der es an Ehrfurcht gegen ältere fehlen läßt, gradezu »du grüner Junge«. Die ämsige, heimliche Geschäftigkeit des Kobolds im Hause hat, wie Grimm bemerkt, zu der Gestalt der Katze geführt, und dieser scheint der Hase wegen Aehnlichkeit der Gestalt substituirt zu sein. – Zu den vertraulicheren Namen dieser Hausgeister gehört auch der in der Altmark vorkommende Gumpke, entstellt aus Chimmeke für Joachim ( Grimm d.M. S. 286).


Die Riesensagen knüpfen sich hauptsächlich an die Denkmäler des grauen Alterthums, an gewaltige Steine und Erdaufwürfe, die vergangne Geschlechter aufgerichtet; die jüngsten Riesen sind die Wenden, wie No. 36. deutlich zeigt. Ist der dort erwähnte Jan Kåle eine historische Person? – In Rücksicht dee Lokalität möchten einige Sagen über Riesenschlachten beachtenswerth sein, so namentlich No. 149.; vielleicht ist hier das Schlachtfeld an der Taxa oder Raxa.


Von der noch erhaltenen Verehrung der Elemente zeugt das Nothfeuer; daß man grade ein Wagenrad dazu nimmt, scheint mir in Verbindung mit dem Gebrauche ein solches zum Gedeihen des Viehes über den Thüren der Häuser aufzuhängen (Gebr. S. 369) von Bedeutung. Das Rad scheint Bild der Sonne, des reinen himmlischen Elements. – Interessant ist die Sage No. 167. »von der Windsbraut«, in welcher diese ähnlich wie Frau Harke und Holle, und namentlich wie der wilde Jäger mit feurigen Thieren dahinjagend auftritt.[10] War sie vielleicht unsern Vorfahren, die Gemahlin Wuotans, des Stürmenden?

Von Sagen über Sonne und Mond tritt am meisten hervor die über den Mann in letzterem; die havelländische Sage, die ihn Christoph nennt und Kohl am Sonntag stehlen läßt, ist vielleicht erst eingewandert, da das Havelland vielfach auch durch Holländer kolonisirt ist, und die holländische Sage den Mann im Monde ebenfalls Gemüse stehlen läßt. – Hübsch ist das Märchen No. 10., in dem Wind, Mond und Sonne als Riesen mit Siebenmeilenschuhen erscheinen, deren alte Mutter daheim sitzt und das Haus bewahrt. – Die Sage No. 87. vom Tempel der Morgenröthe ist rein slavisch. – Von der persönlichen Vorstellung des Regenbogens zeugt der hier in Berlin übrig gebliebene Anruf: »Regenbogen mach mir nich naß, mach ander Leitens Kinder naß!« zu dem man noch den Pommerschen aus Swinemünde nehme: »Rägenbån, låt över gån un de lääwe Sünn upgån!«

Sehr umfassend sind noch die Frühlingsgebräuche, namentlich der Altmark, aber hier wird sich slavisches und deutsches am schwersten scheiden lassen; daß sie fast überall auf das Pfingstfest übertragen sind, erscheint, wenn man die Zeit berücksichtigt, in welcher dieses Fest gewöhnlich fällt, ziemlich natürlich. Die in den ehmals slavischen Dörfern bei Salzwedel auf die Kuh gebundene Strohpuppe scheint sich an den von Grimm wohl mit Recht als slavisch bezeichneten Gebrauch des Todaustragens anzuschließen.[11]

Die Sage von dem übergefahrenen Tode (No. 129.) verdient in sofern Beachtung, als der Theil des Kahns, in welchem der Tod sitzt, tief ins Wasser sinkt; es sind wohl die zahlreichen Seelen, die er mit sich führt, welche diese Wirkung hervorbringen. – Erwähnenswerth ist noch, daß in einer altmärkischen Schulweihepredigt (S. Pohlmann und Stöpel Geschichte von Tangermünde S. 293) den Hartherzigen gedroht wird, sie würden doch zuletzt alles Hans Hunen überlassen müssen. Offenbar ist das ein Name des Todes, der als Hüne, Riese wie der lange Mann in der Mordgasse zu Hof (Grimm d. Sagen No. 167.) erscheint; ist daraus vielleicht der bei Claudius zuerst auftretende Freund Hain (zunächst also hochdeutsch Heune, Heun) entstanden? – Allgemeine Bezeichnung für den Aufenthalt der Todten scheint in der Altmark (Sagen No. 19. vergl. 62. 110.) ursprünglich Nåberskrooch. Ist das gleich Nachbarskrug, und der Tod in seinem Reiche als Nachbar der Lebendigen gefaßt?2 Ich glaube fast, daß man sich den Ort Neu-Ferchau, der in jenem Theil der Altmark den Beinamen Nåberskrooch führt, als Aufenthalt der Todten dachte; die Lokalität spricht ganz dafür, denn ehedem erstreckte sich das wasserreiche undringliche Elsbruch, der Drömling, bis zu diesem Orte; alles Leben hörte gewissermaßen dort auf, und man war durch das Wasser der Ohra von den südlich gelegenen[12] Ortschaften den größeren Theil des Jahres über geschieden, und selbst heutzutage ist man mit ihnen nur durch eine erst im vorigen Jahrhundert wegsam gemachte Straße verbunden. Der Dialekt in diesen südlichen Ortschaften ist, wie die bei den Pfingstgebräuchen mitgetheilten Lieder beweisen, sehr abweichend von dem in der übrigen Altmark gesprochenen, und das Bruch scheint somit die Gränze zweier Völkerschaften gebildet zu haben. Dazu kommt, daß Nåberskrooch oder Nobiskrug nur der modernere Name für Ferchau ist, der aufkam, als die alte Bezeichnung Ferchau-Seelenau unverständlich geworden war. Der Gebrauch, dem Todten einen Sechser in den Mund zu geben, weist wohl auf ein wie bei Römern und Griechen übliches Fährgeld hin, und der Todte scheint nicht eingelassen zu werden, wie die Schatten in den Hades, wenn er es nicht hat, denn er wird zum Nachzehrer (Sagen No. 30.), d.h. er bleibt an die Erde gebunden, und straft die Verwandten, die ihm das Geldstück nicht gaben, dadurch, daß er sie ebenfalls in den Tod nachzieht.


Die Sagen vom wilden Jäger sind mannichfaltig; ihnen scheint sich No. 205. vom Förster Bärens anzuschließen, wenn man sie mit der Sage vom Hackelnberg (Grimm d.M.S. 518) vergleicht. Vielleicht, daß sich auch darum der Name des angeblichen Försters erhielt, der dann freilich den ersten bedeutungsvollsten Theil des Worts Hakelberend eingebüßt hätte.[13] Das Grab scheint der Beschreibung nach (ich habe es nicht selbst gesehen) eins jener durch Steine bezeichneten Riesengräber, und giebt der Sage keine größere historische Wirklichkeit, als die Gräber des Hackelberg im Harz und Solling.


Die Teufelssagen fallen zuweilen mit Riesensagen zusammen, so No. 196. vom Teufelsdamm im Paarsteinschen See, wo auch erzählt wird, eine Hüne hätte den Damm mit drei Schürzen voll Erde gebaut, als sie aber die dritte Schürze herbeibrachte, habe sie ein Bein gebrochen und da sei das Werk unvollendet geblieben.


Dies sind ungefähr die Hauptpunkte, welche die vorliegende Sammlung in mythologischer Beziehung darbietet. – Bei Anordnung der einzelnen Sagen bin ich der geographischen Eintheilung gefolgt, da sie die zweckmäßigste schien, und sie namentlich für die Absonderung der Altmark von den übrigen Landestheilen durchaus nothwendig war, weil jene von je her überwiegend deutsche Bevölkerung hatte, diese aber eine Zeitlang hauptsächlich von Slaven bewohnt waren. Ueberdies würde eine Zusammenstellung dem Inhalt nach zusammengehöriger Sagen für den Leser, der kein wissenschaftliches Interesse an der Sache hat, zu große Einförmigkeit hervorgebracht haben. – Was die Quellen betrifft, so ist die größere Anzahl der Sagen nach mündlicher Ueberlieferung, zum Theil im Dialekt der Gegend, aufgeschrieben, im übrigen aber auch angegeben,[14] welcher gedruckten Quelle sie entnommen sind. Dasselbe ist bei den Märchen, Gebräuchen und beim Aberglauben geschehen. – Der Herausgeber bedauert, daß einzelne Landestheile bis jetzt in der vorliegenden Sammlung nicht genug vertreten sind, allein er hofft, wenn einmal ein zweiter Band möglich werden sollte, dann auch diese soviel als möglich zu berücksichtigen, da ihm bei ihrer jetzigen leichteren und schnelleren Verbindung mit der Hauptstadt, auch Ausflüge in entferntere Gegenden gestattet sind, die ihm bisher bei sparsam zugemessener Zeit versagt waren. – Anfänglich lag es auch in der Absicht des Herausgebers, dem Buche als Anhang noch eine Sammlung von Kinderliedern und Spielen beizugeben, allein, da es wider sein eignes Erwarten umfangreich geworden, so behält er sich die Herausgabe derselben für spätere Zeit vor. Aus demselben Grunde sind auch mehrere Sagen, die anderwärts schon gedruckt waren, zurückgelegt worden.


Schließlich erfülle ich die angenehme Pflicht, denen, die mir bei dem Sammeln förderlich waren, meinen aufrichtigen Dank zu sagen, und dieser gebührt vor allen meinem Schwager, Wilhelm Schwartz, der auf mancher Wanderung mein treuer Gefährte, mir die oft mühsame Arbeit durch eifrige Regsamkeit erleichterte, und durch unermüdliche Ausdauer oft genug neue Sagen ans Licht ziehen und ihren Inhalt weiter begründen half. Wenn daher diese Sammlung[15] einigen Werth hat und sich die Anerkennung des Lesers gewinnt, so möge er diese Anerkennung jenem ebenfalls zu Theil werden lassen.


Berlin, den 25sten November 1842.


A. Kuhn.


1

In der Abhandlung: Ueber das Verhältniß Märkischer Sagen und Gebräuche zur Altdeutschen Mythologie. S. 115 ff.

2

Dabei wäre aber die Form Åberskrooch (Sagen No. 62.), die auch vorkommen soll, zu berücksichtigen.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. III3-XVI16.
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