Neunter Auftritt.

[37] Der Hauptmann Pinxi mit Soldaten bringet den Prinzen Miketey, und den Feldherrn Sigelvax gefangen in Ketten.


PINXI.

Mein König! siehe hier zum Zeichen meiner Treu

Bring ich dir auf einmal gefangen diese Zwey.


Zeigt auf Miketey.


Der stekte untern Beth.


Zeigt auf Sigelvax.


und jener lage oben,

Der schläft noch immer fort.

KULICAN.

Dein Eifer ist zu loben.


Zu Sigelvax, indem er ihn schüttelt


Wie gehts? Herr Sigelvax,[37]

SIGELVAX welcher aus dem Schlaf kommet.

So so, jetzt bin ich da.

PUMPHIA.

Ach! mein Kind Miketey.


Umarmet heimlich dem Prinzen Miketey.


MIKETEY.

O herzige Mama!

Darf jetzt dein Lieber Sohn der Mutter Hände küssen?

PUMPHIA.

Schweig still, mein armes Kind! es darf kein Mensch nicht wissen,

Daß ich die Mutter bin.

MIKETEY.

Warum dann?

FAUSTIBUS zu Miketey.

Du hast recht.

Betrognes falsches Weib! seynd wir dir jezt zu schlecht?

Wilst du dein eignes Kind, und deinen Mann verschweigen?

PUMPHIA.

Gedult, bald will ich euch der gantzen Welt darzeigen.

KULICAN.

Was soll das Schwätzen seyn? Holla, verkauft man mich?

PUMPHIA hönisch.

Man nihmt sich nicht die Müh, man redet nur von sich

KULICAN.

Du! Cyrus wann du wilst mit mir als Bruder leben,

So must du Pumphia mir zur Gemahlin geben.

Wo nicht, so ist für euch der Tod gewiß bestellt;

Erwähl aus beyden nun das, was dir wol gefällt,

CYRUS.

Was Raht in dieser Sach? dem Unglück zu entgehen.


Zu Pumphia.


Mein Kind! ich mein du solst jetzt durch die Finger sehen,

Du schenckest uns dardurch das Leben, und die Ruh,

Er liebt auch herzlich dich.[38]

KULICAN.

Ja setze auch dazu,

Daß ich sie hab so gar auf meinen Thron genommen.

PUMPHIA.

Von diesem bin ich auch recht grob herab gekommen.


Zornig.


CYRUS.

Nu nu, das ist vorbey, geh reiche ihm die Hand.

FAUSTIBUS.

O Weh! was wird sie thun?

PUMPHIA.

Das bin ich nicht im Stand.

Jetzt geht der Henker loß, O widriges Geschicke,

Mein Vatter!

CYRUS.

Säume nicht, was haltet dich zurücke?

PUMPHIA.

Die Forcht, die Angst, mein Mund, der dir nicht sagen kann.

CYRUS.

Was stekt in dieser Sach?

PUMPHIA.

Ich hab schon einen Mann.

CYRUS.

Wie? du hast einen Mann? nun laß dirs wol bekommen,

Wer war der saubre Herr, den du zum Mann genommen?

PUMPHIA in Aengsten.

Ach! diese Frag gibt mir den letzten Herzens-druck.

Er war bey dir, O weh!

CYRUS.

Was war er dann?

PUMPHIA.

Heyduck.

CYRUS.

Heyduck? O Mahomet! Ach was für tolle Sachen!

Was Schimpf, was Schand, was Spott kan nicht die Liebe machen?[39]

O Himmel! ein Heyduck! der ist mein Schwiger-sohn?

Ein Heyduck hat mein Kind?

FAUSTIBUS demütig kniet.

Ja Herr! hier ist er schon,

Und will das erste mal sich als dein Eydam zeigen,

Das Haupt zu seiner Straf vor seinem Richter beugen,

Ich kenne meine Schuld, es war des Himmel-schluß,

Wir beyde liebten uns.

CYRUS.

Wie? du mein Faustibus!

Bist meiner Tochter Mann? O Himmel! so viel Gaaben

Soll ein Heyduck, ein Sclav, von denen Göttern haben?

Das glaub ich nimmermehr, du bist von höhern Stand.

FAUSTIBUS.

Ich war bey dir Heyduck, das ist der Welt bekannt.

CYRUS.

So muß es lange seyn?

PUMPHIA.

Etwann vor vierzig Jahren

Hat mein noch junger Geist die Macht der Lieb erfahren,

Sein Ansehn, sein Gesicht, sein lang, und schlanker Leib,

Die Art, sein zärtlich Herz, genug, ich bin sein Weib.

CYRUS.

Die Sache geht zu weit, ich will nichts weiters wissen,

Steh auf, du bist mein Sohn! du kanst den Vattern küssen.


Faustibus Steht auf, und umarmet Cyrum.


PUMPHIA.

Jetzt zeige dich mein Kind!


Nihmt den Prinz Miketey bey der Hand.


Herr! dieses ist mein Sohn!

Der Folger deines Reichs, und deiner Königs-kron.

CYRUS.

Solst du schon einen Sohn von solcher Grösse haben?

Es leucht ein grosses Licht aus diesem jungen Knaben.

PUMPHIA.

Ach! dieses zarte Kind, das fast in Windlein noch

Trägt leider, O was Schmerz! schon des Tyrannen Joch.[40]

CYRUS.

Ihr Kinder tröstet euch, bald enden sich die Plagen.

Komm her, mein Miketey! was wirst du zu mir sagen?

MIKETEY küst Cyrus die Hand.

In Demut küsse ich dem Groß-papa die Hand.

CYRUS.

Auf seine jungen Jahr hat er zu viel Verstand.

KULICAN springt vor zorn in die Höhe.

Potz Pulver, Blech und Bley, last man mich hier so stehen?

Wo hab ich die Gedult so lange zuzusehen?

So bist du schon ein Weib? und dieses ist dein Kind?

O ich Betrogener! wie war ich doch so blind.

Jetzt mache dich bereit, du Zoberl voller Tugend,

Mit deinem saubern Mann, und deiner lieben Jugend.

Holla! bringt Strick und Schwerd, die Liebe ist vorbey,

Es herrscht an ihren Platz der Rache Raserey.

Pinxi! die zwey bring weg,


Auf Miketey und Sigelvax zeigend.


Ihr aber solt verbleiben,

Mein Säbel wird euch bald das Todes-urtheil schreiben.


Pinxi nihmt Sigelvax und Miketey beym Arm.


Fort! fort mit euch.

MIKETEY in Abgehen.

Mama! wo führt man mich dann hin?

SIGELVAX schläffrig.

Ich gehe willig mit, weil ich noch schläffrig bin.


Beyde werden durch Pinxi und Soldaten abgeführt.


KULICAN.

Ihr aber richtet euch zum Tod und zum Verderben.

PUMPHIA, CYRUS UND FAUSTIBUS.

Ja Wüttrich! ja Tyrann! wir wollen alle sterben.

PUMPHIA.

Es wird durch unsern Tod der Qual ein End gemacht.[41]

FAUSTIBUS UND PUMPHIA.

Adieu, mein liebster Schatz!

CYRUS.

Ihr Kinder gute Nacht.


Alle 3. umarmen sich, und weinen, hier folget das Quartetto von Kulican, Cyrus, Faustibus, und Pumphia.


Quartetto.


Von Pumphia, Kulican, Cyrus, und Faustibus.


PUMPHIA.

Vatter! weine nicht um mich,

CYRUS.

Tochter! ach, du sollst erblassen?

FAUSTIBUS.

Soll ich dich mein Schatz verlassen.

PUMPHIA.

Tröste dich, mein andres ich

CYRUS.

Kinder! ach! ihr dauret mich.

KULICAN.

Fort zum Tod?

PUMPHIA, CYRUS UND FAUSTIBUS.

Ein gesetzter Geist

Der die Sorg verschmeist,

Weiß von keiner Noht.

KULICAN.

Fort zum Tod!

PUMPHIA, CYRUS UND FAUSTIBUS.

Wann, O ihr Götter! wird sich doch

Unser Centner schwäres Joch,

Einmal von uns wenden?

KULICAN.

Durch den Tod, ja durch den Tod.

Wird sich alles enden.

PUMPHIA, CYRUS UND FAUSTIBUS.

Alle Qual und Plagen

Wollen wir ertragen,

Und uns ligt an dir Tyrann,


Alle 3. verspotten ihn.


So viel dran.

KULICAN.

O das geht zu weit,

Holla! es ist Zeit.


Nihm zum Schluß,

Diesen Abschieds-kuß.

PUMPHIA.

Vatter!

Liebster!

CYRUS.

Tochter!

Eydam!

FAUSTIBUS.

Vatter!

Liebste!

ALLE.

Und durch den Tod

Da endet sich die Noht.


Nach dem Quartetto zeiget sich Kulican ganz rasend.[42]


KULICAN.

Mortong! greif Cyrum an, Soldaten! reist ihn nieder.


Dieses geschiehet von Soldaten, Kulican mit Caricatur hauet dem Cyrus den Kopf auf der Erden ab, so daß man sehen kan, daß er einen falschen Kopf genommen, der abgehauene Kopf siehet lächerlich aus, und des Cyrus seinem gar nicht gleich, Kulican haltet den Kopf in der Hand.


Da hast du deinen Lohn, der kommt gewiß nicht wieder.


Wirft den Kopf der Pumphia vor die Füsse.


Jetzt folget nach der Reih die falsche Pumphia

Und letztlich macht den Schluß, der schöne Heyduck da.

PUMPHIA ganz erstaunt.

Wie ist mir! Seh ich recht? Ach! ja es ist geschehen

Ich muß das schöne Blut von meinem Vattern sehen.

O Himmel! steh mir bey in meiner grösten Noht,

Mein Vatter ohne Kopf, ich glaub er ist schon tod.

Die Wunde ist zu stark, die ist nicht zu curiren,

Ich stehe in Gefahr den Vattern zu verliehren.

Dies alles kommt von dir, du Wüttrich! du Tyrann!


Zu Kulican.


Mein Unglück ist zu groß, es greift zu sehr mich an.


Sie hebt den Kopf auf.


Du allerliebstes Haupt! das hier erblasset liget,

Du siehst es selbst mit an, wie mich mein Schmerz besieget.

Schlinkt Artemisia des Mannes Asche ein,

So soll mein Leib für dich ein Mausoleum seyn.

Mein Name bleibt der Welt, sie wird auch nie vergessen,

Daß Pumphia aus Lieb des Vatters Kopf gefressen.


Stellt sich, als ob sie in den masquirten Kopf beissen wolte, Faustibus und Kulican aber halten sie ab.


FAUSTIBUS.

Pfuy deichsel Pumphia!

KULICAN.

Wie bist du rasend toll?

PUMPHIA.


Stellt sich, als ob sie dem Kulican den Kopf wolte ins Gesicht schlagen.[43]


Geh fort, und packe dich, du wilder, grober Schroll.

Ich ändre meinen Schluß, dich ewig zu beklagen,

Will ich dich Lebens lang in meinem Schupsack tragen.


Steckt den Kopf in Sack.


KULICAN steigt auf den Thron.

Du richte dich zum Tod, und stell dein Plaudern ein.

PUMPHIA.

Ja, Plumpsak! Mopsel-kopf! es soll sogleich auch seyn.

Man gebe mir was her die Lippen noch zu netzen,

Dann will ich mich in Stand zu meinen Tode setzen.

MORTONG.

Was willst du? sage frey, für dich ist alles hier,

Verlangst du Wasser?

PUMPHIA.

Nein, viel lieber gebt mir Bier.


Ein Soldat lauffet ab, und bringt gleich auf einer Tatzen ein Maß-zimment mit Bier.


Beklagens-werter Stand! entsetzliches Geschicke!

Ich war in dieser Welt wol wenig Augenblicke.


Sie nimmt das Zimment oder die Kanne, und trinket.


Bläst mir des Todes-pfeil gleich Licht und Leben aus,

I! nu! was ligt daran, ich mache mir nichts draus.

Was hab ich dann alhier auf dieser schnöden Erden,

Man stirbt ja nur einmal, es wird schon besser werden.

Ich ächze mich zu Tod, die Zunge wird ganz sper,

Der Speichel wird zu Salz, gebt noch zu trinken her.


Sie trinket wieder.


Soll dann mein junges Blut so fruh die Erde färben,

Soll diese Blume schon in ihrer Blüh verderben?

Ich seh schon, wie man mich zu meinen Tode führt,

Ich höre schon, wie sich der Puls so sachte rührt.

Ich merke, wie das Schwerd durch meine Adern schneidet,

Ich fülle schon den Schmerz den man im Sterben leidet.

Und wie der blasse Mund den letzten Hauch ausspricht,

Und wie das arme Herz in meinem Leibe bricht.

Mir fangen würklich an die glieder schon zu sinken,

Es wankt der matte Fuß, ich will noch einmal trinken.


Sie trinkt wieder.[44]


Hinweg mit diesem Schmuck, hinweg mit aller Pracht,

Die Sonne neiget sich, der Tag wird jetzt zur Nacht.


Sie nimmt allen Schmuck von Kopf, und gibt ihn an die Seiten.


Der Rosen gleiche Mund, das Aug, das Gold der Haare,

Hand, Leil, Fuß, Schuh, und Strümpf kommt alles in die Baare.

Die Angst benimmt mir schon die Sinnen und Verstand,

Adieu! Gemahl! und Kind! Adieu mein Vatterland.


Pumphia täumlet zurück auf einen Sitz, Faustibus und Mortong lauffen ihr zu helfen.


FAUSTIBUS.

Ach! Herr! Sie ist schon tod, ich spüre gar kein Leben.

MORTONG.

Sie riecht nach Bier, ich glaub sie hat sich übergeben.

KULICAN.

Mortong! Bring Cyrum weg

MORTONG.

Ja Herr, gleich soll es seyn.

KULICAN zeiget auf Faustibus.

Und diesen sperre man indessen sorgsamst ein.


Cyrus wird mit Lazo abgetragen, und Faustibus von denen Soldaten abgeführet. Mortong, und Soldaten kommen gleich wieder zurück.

Zu Pumphia.


Mein Herze klopft in mir, O Heldin seltner Gaben!

Soll dich ein schlechter Mensch, und nicht ein König haben?

Doch Kulican beherzt, und zeige einen Mann,


Zu Mortong.


Schlep sie in Tempel hin, sie soll, und muß daran.


Mortong, und die Soldaten wollen sie fortführen.


PUMPHIA erholt sich.

Ach Unglücks-voller Tag! da ich die Welt erblickte,

Da man mich als ein Kind mit Mutter-milch erquickte,

Da mich Geburt, und Geist zu denen Göttern wies,

Und man mich in der Welt, die Allerschönste hieß.

Verzweiflung, Mut, und Zorn bringt mich von meinen Sinnen,[45]

Ich weiß nicht was ich thu, und was ich soll beginnen.

O schrecklicher Ausspruch! der mich jetzt sterben heist,


Pumphia reist sich bey denen Haaren.


Und der mir alle Haar aus meinem Kopfe reist.

KULICAN abseits.

Wär nur ein Mahler hier, so ließ ich mir sie mahlen.

MORTONG zu Kulican.

Jetzt ist sie gar zu schön, nun sieht man erst die Strahlen.

PUMPHIA so in Gedanken war.

Auf, Pumphia beherzt, gedenk an keine Noht,

Du willst es Kulican? ich geh zu meinen Tod.


Aria.


NB. Der Verfasser hat in der Ober-pfalz in Wald-München ohngefähr vor drithalb Jahren in einer schmerzhaften Comödie von der dasigen sogenannten ersten Actrice eine Wälische Aria singen hören, in welcher er kein Wort, als Tschiri Tschantschere verstehen können, der Text kann also nicht hieher gesetzt werden, diese Arie wird also nach seinen Gusto von ihme imitiret, und Pumphia wird nach der Aria von denen Soldaten abgeführet.


KULICAN.

Kann wol die grosse Welt, was Schöners in sich haben?

Nein, mit der Pumphia wird alles heut begraben.


Quelle:
Joseph Kurz: Prinzessin Pumphia. Wien 1883, S. 37-46.
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