12. Szene.

[110] Vorige. Hasemann.


HASEMANN von links, für sich. Sie will wirklich nicht, ganz entschieden nicht. Hm! Hm! Das tut mir leid wegen Körner; aber zwingen kann ich sie doch nicht.[110]

EMILIE. Guten Tag, Vater.

HASEMANN. Tag, Mile. Wie geht's dir? O, da ist ja auch dein Mann! Na, Wilhelm, Sie haben ja heute früh Feierabend gemacht. Reicht ihm die Hand.

WILHELM. Es ist nur, weil ich gern ein Paar Zeilen mit der Frau Schwiegermutter reden möchte.

HASEMANN. Mit meiner Frau?

WILHELM. Wenn Sie nichts dagegen haben – ja.

HASEMANN. Bewahre. Sie ist drinnen bei Rosa. Du kannst es ja Muttern sagen, Mile.

EMILIE hat Wilhelm Zeichen gemacht, zu schweigen.

WILHELM lächelnd. Na, Emilie, hörst du nicht, was dein Vater befiehlt? Gehe 'rein und rufe die Mutter.

EMILIE. O, du! du! Droht ihm heimlich und geht dann links ab.

WILHELM hat Emilie bis zur Tür begleitet.

EDUARD vortretend. Herr Hasemann –

HASEMANN. Herrjeh, der Provisor im Frack!

WILHELM. Wahrhaftig, das bemerke ich auch erst jetzt. Du gehst wohl auf die Freite?

EDUARD verlegen. O – nicht doch!

HASEMANN. Na, na, ich glaube, Wilhelm hat den Nagel auf den Kopf getroffen.

WILHELM. Dafür bin ich Schlosser.

HASEMANN. Wenn Sie übrigens wirklich heiraten wollen, dann will ich Ihnen einen guten Rat geben.

EDUARD. O, das würde mich sehr glücklich machen.

HASEMANN. Sie sind ja, so viel ich weiß, aus wohlhabender Familie?

EDUARD erfreut zustimmend. Gewiß, gewiß!

HASEMANN. Na, dann kaufen Sie sich ein Kursbuch und gehen Sie auf Reisen.

EDUARD enttäuscht. Ein Kursbuch?

HASEMANN. Ja, aber das neuste, von diesem Monat, denn es wird alle Augenblicke was an den Zügen geändert. Wenn Sie eine Weile in der Welt 'rumkutschiert sind, dann werden Sie um hundert Prozent klüger zurückkommen und vielleicht gar nicht mehr ans Heiraten denken.

EDUARD. O, dieser Gedanke ist der Entschluß reiflicher Ueberlegung – so leicht kann ich mich nicht von ihm trennen.

WILHELM. Bist du denn verliebt?

EDUARD. Ach ja, sehr![111]

WILHELM. In wen denn?

EDUARD deutet nach der Tür links.

WILHELM. Was machst du denn für Pantomimen? Die Seitentür öffnet sich, Albertine tritt, von Emilie gefolgt, ein. In meine Schwiegermutter?

EDUARD macht ihm Zeichen, zu schweigen.


Quelle:
Adolph L’Arronge: Gesamt-Ausgabe der dramatischen Werke. Berlin 1908, S. 110-112.
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