9. Szene.

[50] Weigelt. Emma.


WEIGELT bei Seite. Die Kleine ist mir unangenehm, und dabei kann ich nicht 'mal von Herzen grob zu ihr sein, sie hat so'n paar Augen –

EMMA. Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen, mein Herr. Meine Schwester Marie besitzt diverse Briefe Ihres Herrn Sohnes. Es wäre mir wünschenswert, diese Briefe auszutauschen gegen diejenigen, welche Ihr Herr Sohn von meiner Schwester empfangen hat.

WEIGELT. Warum denn? Ihre Schwester scheint mir ein sehr gutes Mädchen zu sein, sie wird meinem Sohn gewiß nichts Unrichtiges geschrieben haben.[50]

EMMA. O nein, sie schreibt orthographisch richtig. Es ist auch nicht der Inhalt der Briefe, welcher ihr Schande machen könnte, sondern die Adresse.

WEIGELT mit dem Finger drohend. Sie, das ist wieder 'ne Malice. Sie sind überhaupt eine kleine, dreiste Person.

EMMA lächelnd. Finden Sie?

WEIGELT. Ja, ja. Ich werde Leopold fragen, ob er Briefe hat und ob er sie 'rausgeben will – damit Basta! Im übrigen kann ich von Ihrem geehrten Besuch keinen Gebrauch mehr machen, ich muß jetzt an meine Toilette gehen, denn ich erwarte heute noch verschiedene Leute. Wenn ich sage verschiedene Leute, dann meine ich –

EMMA ruhig. Gespenster.

WEIGELT. Ach was, Gespenster! Sehr vornehme, sehr reiche Leute erwarte ich. Vornehm. Bon soir, Mamsell. Will nach rechts abgehen.

EMMA. Sie entschuldigen, das ist wohl ein kleines Mißverständnis? Bon soir heißt nämlich guten Abend und da wir jetzt vormittags elf Uhr haben –

WEIGELT ärgerlich. Das ist ganz egal. Dann meine ich bon – bon – bon was anders. Morgen! Ab rechts.

EMMA macht Weigelt einen tiefen Knix und geht dann laut lachend durch die Mitte ab.


Quelle:
Adolph L’Arronge: Gesamt-Ausgabe der dramatischen Werke. Berlin 1908, S. 50-51.
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