2. Szene.

[20] Minna. Hempel.


HEMPEL. Warum sind Sie denn heute so grob zu mir, Minneken?

MINNA. Heute? Bin ich sonst vielleicht höflicher zu Ihnen gewesen?[20]

HEMPEL. Wenn auch nicht zu mir, aber zu Andern. Gestern Abend zum Beispiel sah ich Sie im Hausflur –

MINNA rasch. Das war mein Cousin!

HEMPEL. So, so. Dann hörte ich so ein eigentümliches Geräusch, wie –

MINNA. Das war ein Abschiedskuß – er verreist. Herr Hempel, von Ihrer Ehrenhaftigkeit als Schuster erwarte ich, daß Sie reinen Mund halten.

HEMPEL. Wenn Sie wünschen, daß ich den Mund halten soll, müssen Sie ihn mir verschließen.

MINNA. Womit?

HEMPEL. Mit demselben Siegel, welches Sie dem Cousin aufgedrückt haben.

MINNA. Ich sollte eigentlich nicht, aber – Tritt einen Schritt näher zu ihm heran.

HEMPEL küßt Minna.


Quelle:
Adolph L’Arronge: Gesamt-Ausgabe der dramatischen Werke. Berlin 1908, S. 20-21.
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