Leonore

[326] Als ich, als ich jung an Jahren

Bin gewandert weit und breit,

Hatte ich ein feines Liebchen,

Treu und voller Zärtlichkeit;

Leonore, unser Lieben

Tut die Schlechtigkeit betrüben,

Leonore, schönstes Kind,

Auf der Heide pfeift der Wind.


Als ich, als ich mußte scheiden,

War sie voller Traurigkeit,

Und mir ist das Herz gebrochen,

Vor der Trennung bitt'rem Leid;

Leonore, unser Lieben

Tut die Schlechtigkeit betrüben,

Leonore, schönstes Kind,

Auf der Heide pfeift der Wind.


Wo ich, wo ich immer walle,

Sommertags und wenn es schneit,

Dein geliebtes Bild ich sehe,

Halb mit Lust und halb mit Leid;

Leonore, unser Lieben

Tut die Schlechtigkeit betrüben,

Leonore, schönstes Kind,

Auf der Heide pfeift der Wind.


Wenn ich, wenn ich einmal sterbe,

Noch zuletzt gedenk' ich dein,

Deinen Namen will ich flüstern

Und im Tode bei dir sein;

Leonore, unser Lieben

Tut die Schlechtigkeit betrüben,

Leonore, schönstes Kind,

Auf der Heide pfeift der Wind.

Quelle:
Hermann Löns: Sämtliche Werke, Band 1, Leipzig 1924, S. 326.
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