Kleefelder Villenlied

[409] (28. April 1907.)


In des Waldes tiefsten Gründen,

Bis zur Nasenspitz' versteckt,

Schlaf' ich armer Trockenwohner,

Bis ein Muckenstich mich weckt.


O verflixt, ruf' ich erwachend,

O verflucht, brüll' ich vor Wut,

Dieses geht entschieden über

Jede Schnur an meinem Hut.


O ich Esel, ich gehörnter,

Daß ich auf den Mostrich kroch,

Und verführt von schönen Reden

Hier in diese Wildnis zoch.


Abends wimmelt da die Gnitte

Und die Mücke, langgebeint,[409]

Und drei Sorten blinder Fliegen

Kommen, wenn die Sonne scheint.


Außerdem gibt's da Bazillen,

Es ist wirklich alles da;

So zum Beispiel die Amöbe

Lebt dort, der Malaria.


In den Adern hab' ich Serum,

Mit Karbol bin ich beschmiert,

Und trotzdem ganz blutvergiftet

Und vollkommen infiziert.


Eine einz'ge dicke Beule,

So ist meines Kindes Leib,

Ein Konglomerat von Pickeln

Mein mir angetrautes Weib.


Kratzen müssen wir uns immer,

Kratzen im und außer'm Haus,

Und ich schlage vor: das Beste

Ist, wir kratzen nächstens aus!

Quelle:
Hermann Löns: Sämtliche Werke, Band 1, Leipzig 1924, S. 409-410.
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