Sieben und achtzigster Brief

Rosalia an Mariane S**

[372] Es ist wahr, ich schrieb von Wollinghof nur zwey Briefe und von hier nur Zettelchen; aber hören Sie mich Liebe! denn nun bin ich zurück, in meinem eigenen Hause; nachdem mein Cleberg noch zwey Tage für Madame Guden aufgeopfert hatte, weil er nach der Stadt W** ging, um dort Erkundigung von Pindorf einzuholen. – Er ist nur so halb und halb mit dem Manne zufrieden, ob ihm schon sein Haus und Garten sehr wohl gefiel. Ich[372] schicke Ihnen, meine theure Freundinn, die Abschrift von Briefen meines Mannes an einen seiner vertrautesten Freunde, worinn Sie ihn, und das was wir sahen, besser erkennen werden, als wenn ich es bezeichnete. Dünkt Sie nicht, daß ich mir von dem Geist und Herzen meines Gatten viel Gutes und Glückliches, auch für den Winter meines Lebens versprechen kann? Er ist voll Kenntnisse, Einsicht und edlen Ehrgeitzes, ein bischen schnell und spitz in seinen Urtheilen; weßwegen ich sehr froh bin, weit von unserm Hofe zu leben, wo er sich sonst, durch diese Eigenschaft seines Kopfs, große und kleine heimliche Feinde zugezogen hätte. Er liebt meine Empfindsamkeit, sagt er, weil sie edel ist und sich nicht mit kleinem Gewimmer abgiebt. – Ich war nach unserer Zurückkunft, aus Ermattung von der Reise, und dann, zu übereiltem Betreiben, alles wieder in Ordnung zu bringen, vier Tage krank, unter denen zwey Tage voll Schmerzen waren. Cleberg besorgte mich mit der äussersten Zärtlichkeit, schlief in einem Nebenzimmer, wovon man die Thür offen lassen mußte, hatte auch fünf Nächte seinen Schlafrock immer an; denn bey dem mindesten[373] Geräusch, oder dem leisesten Ton meiner Stimme, wenn ich was von meiner Magd begehrte, war er an der Thür, und sah, ob ich gut besorgt wäre. Oft kam er auch ohnedies nach mir, um zu sehen, zu horchen, wie ich athmete, oder ob die Wärterinn wachsam sey. Da traf es sich eine halbe Stunde, daß die arme Person schlief, weil ich äusserst ruhig war, die Augen geschlossen hatte, und sie mir die Arzney, die ich nur alle Stunden nehmen durfte, kurz vorher gegeben; – meine Schmerzen aber sehr heftig wütheten, und ich da, ganz still und abgebrochen, Gott um Geduld und Hülfe bat, damit das arme Geschöpf, von dem ich Mutter zu seyn hoffe, sein kleines Leben mit mir erhalten möchte. Ein Dank für die Liebe meines Gatten, eine Bitte für sein Wohl, und um die Dauer seiner Liebe, war auch unter dem, was ich flehte. –– Cleberg hörte dies an dem Fusse meines Bettes. Er unterbrach mich nicht, aber sammlete, was er gehört hatte, in sein Herz und verdoppelte seine Sorgfalt für mich; beobachtete aber auch stets mein Verhalten; – besonders da der Arzt, den er sehr früh Morgens rufen ließ, nach dem krampfigen Bewegungen und[374] den starkverzogenen Gesichtslinien, auch aus dem Puls, ihm von der Stärke der Schmerzen und Krankheit sprach. – Ich bemerkte immer, so viel mein Uebel zuließ, daß er gleich große Achtsamkeit für den Gang meiner Ideen, und meiner Leiden hatte. Als ich nun ganz genesen war, hörte ich ihn oft mit so vielem Lobe von meiner Geduld reden, daß ich ihn bat, es nicht mehr zu thun, weil es bey einigen Personen Mißvergnügen geben könnte. –– »Nicht Alle können still seufzen, so wenig alle ohne Geräusch lachen können. Wer Gott mit lauter Stimme um Beystand ruft, thut es gewiß mit eben der Unterwerfung, wie ich es lisple. Du kannst, mein Lieber, ungerechte Männer antreffen, die dann über ein vom Schmerz erpreßtes Ach, ungeduldig werden, und mich als Vorwurf nennen könten, da ich, bey wenigem Weh, auch natürlich weniger klagte.« ––

»Meine theure Salie, nun kenn ich Dich erst ganz; und sieh! nun bin ich auch ganz glücklich. – Ich habe Dich in Allem gesehen, – in Krankheit allein war ich noch neugierig, Dich zu beobachten. Ich hätte Dich immer beklagt, weil ich weiß, daß ihr armen[375] Weiber vieles Leiden zu tragen habt. Aber gewiß ists, daß Deine sanfte Art mit der Wärterinn, Deine Geduld, Deine Gebete zu Gott und Deine unausgesetzte Reinlichkeit mich da noch mehr an Dich fesselten. Denn auch hierinn hat Dein edles Ertragen des Weh's, den Theil männlichen Muths angezeigt den ich stets in Dir schäzte; und Deine Gelassenheit und Sorge, reinlich zu seyn, ist das Schöne des Weiblichen Charakters. Ich danke Dir für die Freude, die Du mir giebst, in gesunden und kranken Tagen stolz auf meine Gattin zu seyn.« ––

Sehen Sie, Mariane, stolz will er auf mich seyn! – Der gefährliche Mensch! – mich so gar im Krankenbett zu belauschen. Dem Himmel sey Dank, daß der Zufall so für mich sorgte und ihn Gutes hören und sehen ließ. Es schmerzt mich doch, zu denken, daß die beste, würdigste Frau, bey einem solchen Manne, durch eine Thräne, einen Schrey, – die uns doch von der Ratur zu Erleichterung des drängenden und zerreissenden Schmerzes gegeben sind, eine Verminderung seiner Zärtlichkeit erlitten hätte. Meine Geduld ist nichts als Gerechtigkeit, die ich aus[376] Beobachtung meiner und Andrer, bey Krankenbetten lernte. Ich sah, daß man über ungeduldige Kranke müde wurde und ich weniger Mitleiden fühlte. Vor Schmutz und Unordnung eckelte mir so sehr, daß beynah der Kranke mir widrig wurde. Bin ich da nicht verbunden, zu sorgen, daß niemand eins von beyden Stücken an mir finde? – weil ich ja sonst auch die nehmliche Bewegungen der Seele erwecken könnte, die ich bey diesen Gelegenheiten fühlte. O, Mariane! wenn nun jemand berechnen wollte, wie viel Werth innerlicher Tugend in meiner Gelassenheit und in Clebergs Güte für mich lag, – was bliebe im Rest? – Gelernt habe ich noch, recht klug mit dem Glück meiner Ehe zu wirthschaften und ja meinen Kopf nirgends in Ermahnungen oder Bemerkungen hervor zu thun, weil beydes die schlimsten Würkungen haben würde. Ich verlange auch die Ordnung der Unterwürfigkeit und des Nachgebens nicht zu unterbrechen, und bin gewiß immer noch viel glücklicher als Tausend der Besten meines Geschlechts nicht sind. ––

Der Plan, den Sie aus meinen ersten Briefen, als Clebergs, kennen, ist schon völlig[377] ausgeführt. Garten und Haus darinn ist gebaut, nur daß wir dieses Jahr noch nicht da wohnen. Aber im künftigen Lenz soll ich meine Wochen da balten, weil ich und mein Kind lauter reine Luft athmen, ohne alles Geräusch seyn, auch dabey die vielen Wachenbesuche vermeiden würde, ohne daß es zu Feindseligkeiten Anlaß gehen könne. – Was mich innig freut, ist, daß Kahnberg nur eine halbe Stunde von unserm Landhaus ist und Orte ein Bauerhaus in unserm Dorfe gekauft hat, es völlig stehen ließ, wie es ist, und nur von außen es bewerfen und tünchen ließ; – die Stiege innen abbrach und eine Pilatus-Stiege von aussen aufführte, von welcher man in die artigsten kleinen Stübchen kommt, die so einfach als möglich ausgetäfelt sind und nicht einen Gedanken städtischer Geräthe haben. Den großen Baumgarten des angränzenden Bauers, hat er auf einer Seite, und die schöne Flur auf der andern zur Aussicht. Unten ist die Küche, Speißkammer und Eßzimmer; oben sechs kleine Zimmerchen mit einem Fenster, einem Bettchen, Stuhl und Wandtischgen und ein kleiner Schrank, wovon die Hälfte, Kleider auf zu hängen, und die andere[378] Weißzeug zu legen, eingerichtet ist. – Auf dem Speicher ist die Weißzeug- und Kleiderkammer für Julie und Otten, die Kinderwärterinn, das Kind nebst der Köchin und Stubenmädchen. Der Bediente hat seine Schlafstelle an dem Eßzimmer; es ist recht artig. Aber von Madame G** und von Herr F** bin ich etwas weit: doch im Herbst und Winter finden wir uns wieder. Diese sind würklich schön für mich; denn ich sehe, wie Cleberg es einrichtete, täglich von zwey Uhr, alle Leute, die von unsern Bekannten zu uns kommen wollen, und muß Ihnen etwas in der That recht Liebes, von einer sehr würdigen Nachbarinn erzählen, bey der es uns Mühe kostete, den Zutritt zu erhalten. – Unser Haus hat einen Erker, in dem sich mein Mann gern umsieht. Vor acht Tagen, da ich wieder im großen Besuchzimmer mich aufhalten konnte, waren einige Leute bey uns. Man spielte noch nicht, weil man das Ende des Gottesdiensts abwartete, indem wir nicht gut finden, Karten durchzublättern, anstatt in der Kirche zu seyn; und ich muß sagen, daß unsre Unterredungen gewiß moralisch sind. Cleberg blieb im Erker und sahe dann die Leute aus[379] der Kirche kommen. Da fing er endlich an: Salie! da ist meine artige, himmelblaue Nachbarinn wieder mit ihrer braunen Mama nach Hause gegangen; wenn ich nur etwas von dieser Familie wüßte. ––

Einer von den Männern und Otte eilten zu Clebergen um das himmelblaue Mädchen zu sehen, aber mein Mann konnte ihnen nur noch das Haus weisen. »Ach, das ist die Frau und ältere Tochter des Rath Itten gewesen. Die zwey Töchter und die Söhne sind sehr hübsche junge Leute, aber man sieht die Erstern nur Sonn- und Feyertags auf dem Kirchweg, und Letztere, auf dem nach den Schulen; den Mann, in Amtsgeschäften und von sieben bis acht im Kaffehause, sonst ist keine Seele sichtbar.« ––

»Das ist wahr,« sprach Cleberg, »denn am Fenster sieht man niemand, es müßte denn in dem kleinen Maulkorb jemand verborgen liegen, der über ihrer Thüre steht.« –

Otte lächelte gegen einen artigen jungen, oder vielmehr unverheyratheten Mann, der neben ihm saß, klopfte auf seine Achsel. »Da ist jemand der mehr weiß, als wir,« sagte er,[380] »aber auch mit mehr Mühe.« – »Doch nicht mit mehr Vortheil.« ––

»Wie das, Freund Linke? erzählen Sie uns doch etwas von der Geschichte des blauen schönen Mädchens und der braunen Mama, denn ich habe beyde immer, in diesen Kleidungen gesehen.« ––

Herr Linke sagte: »Ich auch, schon länger als Sie. – Aber die schöne Gestalt, der Gang, die feine Haut, Bildung und Blick des Mädchens, reizte meine Neugierde. Ich suchte aus dem Hause gegen über in die Fenster zu sehen, aber das half nicht; da sind immer weiße Vorhänge in einem Zimmer, und in dem Andern der Vater zu sehen. Meine Ungeduld ließ mich ein Hausmittel brauchen. Ich beschenkte die Magd meiner Schwester, damit sie Bekanntschaft mit der Ittenschen alten Magd machen, und diese ausforschen solle. Das half, und ich hörte, es wären sieben Kinder im Hause, für welche die Frau Räthin immer selbst gesorgt habe, ihre Kindermagd, Nätherin, und Strickerin gewesen sey. ihr, der Magd, habe sie immer helfen waschen, plätten, den Garten am Hause bestellen, worinn sie alles Gemüs[381] und Obst zögen, ihre Leinwand bleichten, und eine Kuh ernährten. – Mutter und Töchter strickten, nähten und spännen das ganze Jahr, sie, die Magd, wäre die Schwester eines guten, aber armen Webers; ihre Mutter hätte bey der alten Frau Itten gedient. Dieser habe das Haus gehört, und weil sie ihre gute Liesbet ungern durch ihre Heyrath verlohr, so habe sie ihr aus dem alten Pferdestall, der in das Nebengäßgen gehr, eine Wohnung zurichten lassen, worinn ihr Vater umsonst war, und ihre Mutter darneben als Köchinn bey der alten Frau fort diente, den halben Lohn und Essen hatte. Sie wäre im Haus erzogen und der Frau Räthin als Magd zugegeben worden. Als ihre Eltern gestorben, habe man ihren Bruder und jüngere Schwester, die ein paar krüpplichte Zwillinge gewesen, im Hause behalten, weil die alte Frau Itten wohl gesehen, daß sie die Ursache sey, warum die arme Kinder in ihrer Jugend versäumt worden, da die Mutter immer bey ihr seyn mußte, nur zu Hause schlief, Morgens die Kinder ankleidete, Mittags das Essen zurecht machte, und Abends eine Stunde kam. Denn sie mußte[382] so gar ihre Spuhlarbeit bey Frau Itten machen, als diese bettlägerig war. – Die junge Frau hätte bey der Schwiegermutter viel ausgestanden, so gar sie junges Ding hätte sie in allem verrathen müssen. Dennoch sey sie ihr gut geblieben und habe ihren Geschwistern mehr Liebe erwiesen, als die Alte. Der Herr Rath sey nicht so brav, wie seine Frau, laße sie aber alles thun was sie wolle, und da lebten sie einsam, aber recht vergnügt, so fort. Ihr Bruder sey Meister und webe das ganze Jahr für Frau Itten; ihre Schwester führe die kleine Haushaltung, spuhle und zettele ihm, webe auch Handrächerzeug. – Stürbe aber ihr Bruder, so würde sie heyrathen und das Webergewerbe führen, denn sie werde für ihre viele Arbeit auch so gut belohnt, daß sie Geld auf Zinsen gelegt habe.« ––

Diese Erzählung gefiel mir und Clebergen sehr. Mein Mann fragte, ob Herr Linke denn niemals im Hause gewesen sey, oder mit der Mademoiselle Itten gesprochen habe?

Nein, er hätte dies Vergnügen noch nie genossen. ––[383]

»Ey, pfui,« sagte mein Mann, »sich in zwey Jahr Zeit so wenig Mühe um ein liebenswürdiges Mädchen geben! – Ich will Sie nicht mehr zu meinem Freund haben.« –

»Sachte, sachte! Sie Feuerbrand, hören Sie mich erst an. – Sie wissen doch, daß ich Ehrlichkeit und gesunde Vernunft habe. Konnt ich mir denn, eh ich im Besitz meines Vermögens und einer Bedingung war, den Zutritt in eine Familie schaffen, wo so ordentlich und streng auf Wohlstand und häußliche Klugheit gehalten wird? – Die Ittensche Töchter sind mir selbst zu ehrwürdig, als daß sie nur zu einem leeren Umgange der müßigen Stunden eines ledigen Kerls da seyn sollten. Denn reich kann die Familie nicht seyn, und wie viel junge Pursche suchen jetzt ein Mädchen nur wegen ihrer guten Gestalt und Erziehung? – Sollt ich mir allein, oder auch Andern das Haus öffnen lassen, ohne Absichten zeigen zu können die der Eltern und Kinder würdig wären? – Wir thun oft genug guten Familien Schaden, die freundlich und treuherzig ihr Haus, Gesellschaft und Tisch einem wohlschwätzigen Menschen überlassen. Eltern, und ein redliches,[384] edles Mädchen glauben dann, das Herz des jungen Manns ganz zu fesseln, und der Kerl genießt jede Achtung und Güte, sieht die Hoffnung und Wünsche keimen, läßt so gar die Vermuthung in Andern entstehen. – Aber wenn er an das artige Aussehen gewöhnt, und durch den täglichen Umgang der Reitz der Neuheit verlohren ist, wendet er sich ab, wird kalt und sucht auf einer andern Stelle sein Glück. –– Das wollt ich nicht, – that es auch niemals. Aber wenn Clebergs Kopf und das Mittel zu der Bekanntschaft mit der Mutter und Töchtern finden kann, so werd ich ihm danken. Den Vater kenn ich; denn ich gestehe jetzt auch, daß ich mit Otten, seine Freundschaft auf dem Kaffehause zu gewinnen suchte.« ––

Mit dieser Erklärung waren wir alle herzlich zufrieden. Es wurde noch viel von dem jetzigen Ton der Sitten und Lebensart gesprochen, und daß der eingeführte Aufwand Ursach sey, warum so wenig junge Männer den Muth hätten, sich zu verheyrathen.

»Das ist nur zur Hälfte wahr,« fiel Cleberg ein. – »Die Reitze der Abänderung[385] sind es! denn seit dem man sich durch Geschenke bald dieses, bald jenes artige Geschöpf eigen machen kan, und dabey der Sorgen für eine Familie überhoben ist, so verschleudert man seine blühende Lebensjahre und Vermögen in Spielgesellschaften, und dem Abschaum der Liebe, und hat allen Geschmak an Ordnung und Beschäftigung verlohren. Die wenigen Stunden, welche man einer armen verdorbenen Seele gibt, werden freylich von ihr durch Scherz, Lächeln und Anmuth süß und leicht gemacht, was die beste Frau nicht immer thun kan, besonders, wenn ihr unser Wohl, unser Hauswesen und ihre Kinder angelegen sind. ––

Ich muß, meine Rosalia, eine Unbilligkeit von uns Männern eingestehen, die wir gegen euch auszuüben gewohnt sind. Wir wissen uns so viel mir den vorzüglichen Kräften und Gaben unsers Geistes; und dennoch erliegt unsre Gleichmüthigkeit bey dem geringsten Anstoß in dem Gange der Geschäfte, des Schicksals, oder bey einer kleinen Anhäufung der Arbeit. Und von Euch schwächlichen Kindern fordern wir eine immer gleiche Heiterkeit und Munterkeit des Gemüths!«[386]

Madame G** und Julie, welche mich zu besuchen gekon men waren und aus Muthwillen der Erstern in meinem kleinen Zimmer eine Zeitlang gelauscht hatten, klatschten mit beyden Händen, und riefen bravo! »glücklich müsse der Mann seyn, der seine Regierung mit so viel Gerechtigkeit anfängt!« ––

Ich sagte wenig, weil ich in Allem, was Ehmänner angeht, immer lieber eine fremde Frau will reden lassen; besonders in meinem Hause und mit meinem Manne; – und diese Vorsicht dient meiner Ruhe. ––

Nach einigen Augenblicken fragte Madame G**, was denn wohl den Anlaß zu dem aufrichtigen Geständniß des Herrn Clebergs gegeben hätte? – Da wurde die Geschichte der Ittenschen Familie kurz wiederholt, und mein Mann beschloß feyerlich, morgenden Tags das Haus zu bestürmen. Alle bestärkten ihn. Er ließ sich auch, als Nachbar, beym Herrn Rath Itten melden, der nahm aber seinen Besuch nicht an. – Nun will Madame G** mit, und, wie sie sagt, Mauerbrecher Dienste thun. –– Aber Cleberg hatte einen neuen und edlen Gedanken. Er schrieb ein Billet an Herrn Itten, und verlangte seinen ältesten[387] Sohn als Secretair für sich. – Der junge Mensch hat schöne Zeugnisse von seinen Lehrern; bey Clebergen kann er was werden. – Diesen Nachmittag werd ich Frau Itten sehen.

Quelle:
Sophie von La Roche: Rosaliens Briefe an ihre Freundin Mariane von St**. Theil 1–3, Teil 2, Altenburg 1797, S. 372-388.
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