Vierte Szene.


[92] Cato. Katharine. Dann Wilhelmine; später Bolza.


CATO hat schon vorher Katharina gewinkt, und während jene links abgehen, führt er sie rasch in den Vordergrund. Katharine, will Sie mir einen Gefallen tun?

KATHARINA. Will Er mich heuraten?

CATO. Nein.

KATHARINA. Sei Er doch nicht so grob! Er ist ja ein hübscher Bursche, und Gott weiß, wenn einmal Friede wird und Vetter Siegmund Rat schaffen kann!

CATO. Ich werde dir den Dienst, welchen ich wünsche, schon einmal vergelten, wenn mich nicht in dieser Konfusion der Teufel holt.

KATHARINA. Er wird doch nicht!

CATO. Höre, Katharina! Draußen im Saalfenster Sehr rasch. liegen meine Habseligkeiten: ein Büchsenranzen, an dem nichts verloren geht, ein Paket, worin mein guter Rock, und ein Mantel, worein ein Degen gewickelt ist –

KATHARINA. Ein Degen?!

CATO. Der kann hier gar bald nötig werden. Also höre: Ich weiß nicht, wohin ich gleich mit den Sachen soll, da sie in des Schladritz Kammer nicht sicher sind vor der Neugier des Bengels, und da ich nicht wünsche, daß sie von den Kürassieren gesehen werden. Besonders der Mantel nicht. Nimm die Sachen in deine Kammer und zeig' mir, wo du den Schlüssel hinlegst, willst du?

KATHARINA. Ja doch! – Zum Abgehen sich wendend. und heuraten will Er mich nicht?

CATO. Nein, mein Kind! Du sollst aber verheuratet werden! Mit ihr zum Gehen sich wendend.

KATHARINA. Wahrhaftig?

WILHELMINE hastig aus dem ersten Zimmer rechts, schon bei den Worten »Du sollst aber.« Fritz, Fritz! Entdecke dich und schütze mich!

CATO. Wilhelmine![92]

WILHELMINE ohne sich zu unterbrechen. Weshalb ich an Gellert schrieb, das wird Ernst! Die Mutter sagt mir eben, dieser Bolza sei der ausländische Graf aus Dresden, an den ich verheuratet werden sollte, und ich sollte mich bereit erklären – das kann ich in alle Ewigkeit nicht!

CATO. Gute Wilhelmine!

WILHELMINE ohne sich zu unterbrechen. Tritt hervor! Endige dies betrügerische Wesen, welches mich peinigt, nimm mich offen in Schutz!

KATHARINA links, etwas im Hintergrunde. Per Du! und Fritz! die Komtesse!

CATO. Wilhelmine! Das soll heute noch geschehen, wenn du Mut hast, gegen Vater und Mutter zu mir zu treten – Katharina, meinen Mund, und meine Sachen beiseite!

KATHARINA. Ja, ja! Ab.

WILHELMINE. Gegen Vater und Mutter?!

CATO. Hast du den Mut? – Wilhelmine! Hast du den Mut, unser Recht zu behaupten?

WILHELMINE. Nein, Fritz, ich muß ja Vater und Mutter gehorchen!

CATO. Das Weib soll Vater und Mutter verlassen und ihrem Gatten folgen!

WILHELMINE. Du bist ja aber noch nicht mein Gatte, du bist ja nur mein Geliebter. –

BOLZA bei diesen Worten eintretend und sogleich rufend. Komtesse Wilhelmine! – was heißt das?

WILHELMINE Catos Hand ergreifend. Hilf mir, Fritz, ich fürchte mich vor diesem Manne!

BOLZA zu Cato. Bursche!

CATO. Jetzt ist keine Zeit zu Erklärungen, Graf Bolza! Machen Sie sich fertig, dies Haus auf der Stelle zu verlassen, oder Ihre Freiheit mit dem Leben zu verteidigen!

BOLZA. Gegen dich, Bursche?!

CATO. Jetzt nicht gegen mich, mein Herr – später o ja!

BOLZA. Dreister Geselle, ich werde dir eine Lektion geben –

CATO. Vorlauter Graf, hören Sie, statt zu schwätzen. Jetzt gilt Ihre Rüstung den Seydlitzer Kürassieren, welche jeden Augenblick hier sein können – Beim Worte »Augenblick« hört man wie von[93] jenseit des Vorsaals kommend zwei Trompeten, welche binnen einer halben Minute so nahe kommen, daß sie an der Vorsaaltüre zu stehen scheinen. – da sind sie!

BOLZA. Die Seydlitzer?!

CATO. Die Seydlitzer! Nun ist's zu spät! Zu Wilhelmine, sie bei der Hand fassend und sie nach der Türe links führend. Ins Zimmer zurück, und auch die Mutter solle ja nicht hier eintreten!

WILHELMINE. Ich will bei dir bleiben, Fritz!

CATO. Es geht nicht! Hinweg, Wilhelmine, ich bitte dich!


Wilhelmine ab.


KATHARINA mit dem zusammengewickelten Mantel, so daß man den Degen nicht bemerkt, hinten hastig eintretend. Sie sind da! Sie sind da! Ich kann nicht mehr mit dem Mantel in meine Kammer!


Während Cato den Mantel ihr abnimmt, über die Bühne links nach vorn schreitet und den Mantel hinter das Sofa wirft, tritt ein von links.


Quelle:
Heinrich Laube: Gesammelte Werke in fünfzig Bänden. Band 25, Leipzig 1908–09, S. 92-94.
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