26. Kamilla an Alberta.

[139] Um Gottes willen ist es wahr, ist es wirklich, was ich eben im Hause der Fürstin vernommen – Ludoviko hat den[139] Valerius erschossen? O ich beschwöre Dich, fertige den Boten sogleich wieder ab, damit ich heut noch Nachricht habe. Ich stehe zwischen lauter Gräbern und will doch wissen, in welches ich springen soll. O Gott, meine Gute, ich kann nicht schreiben, weil ich nicht sehen kann vor dem Tränenstrome. Nein, nein, Gott wird seinen Liebling doch nicht von einem heißblütigen Tölpel ermorden lassen, dessen einzig Verdienst das heiße Blut ist. Armes Mädchen, was magst Du leiden. Ach es ist Unsinn! Der Mann, der noch soviel in der Welt zu tun hat, kann nicht erschossen sein von einem nutzlosen Menschen. Ist dieser Narr doch gar verrückt genug, mich hier auszukundschaften und meine Hand zu verlangen, während er mir auf die nächste Frage eingestehen muß, daß er Valerius niedergeschossen, und nicht wisse, ob er noch lebe. Und jenes Herz sollte still stehen – o wozu klappern die tausend unnützen dann noch weiter?! O Liebe, schreibe mir sogleich! Ludoviko ist schon auf dem Wege nach Berlin, um mich einzuholen – der Übeltäter soll in den Wind fahren, ich bleibe vorderhand hier – und meine gute Alberta, nicht wahr, Du schreibst sogleich – ach Gott, ich weiß nicht was ich sage, was ich will – ja, ja, Gewißheit nur, nichts weiter. –

Quelle:
Heinrich Laube: Das junge Europa, in: Heinrich Laubes gesammelte Werke in fünfzig Bänden, 3 Bände, Band 1, Leipzig 1908, S. 139-140.
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