6. Auftritt

[26] Alfred. Kißling. Kellner. Gäste. Klapproth.


KLAPPROTH mit zerknülltem Hut, derangierter Toilette und hinkend, einige Gäste die ihm beim Abgang nachgegangen, lachend hinter ihm her, stolz zu Alfred. Der Streit ist geschlichtet, die beiden Kämpfer sind Arm in Arm als die besten Freunde fortgegangen. Und das habe ich fertig gebracht.

ALFRED. Aber Onkel, wie siehst du denn aus?[26]

KLAPPROTH kleinlaut. Ein paar tüchtige Püffe habe ich freilich weggekriegt, aber ...

ALFRED. Da siehst du, was dabei herauskommt, wenn man sich um Sachen kümmert, die einen nichts angehen.

KLAPPROTH. Das verstehst du nicht. – Sage mal, Alfred, hast du das überlegt, was ich vorhin sagte?

ALFRED verzweifelt, beiseite. Er läßt nicht locker. Laut. Ja, wenn du denn durchaus auf deinem Wunsch bestehst –

KISSLING nähertretend. Aber lieber Alfred, es ist doch abgemacht.

ALFRED vorstellend. Mein Freund Kißling, Maler – mein Onkel Klapproth.

KLAPPROTH. Sehr angenehm!

KISSLING. Sehr erfreut! Hände schüttelnd.

KLAPPROTH. Alfred hat Ihnen wohl von meinem Vorhaben erzählt? Und es ist abgemacht, sagen Sie?

ALFRED. Ja, heute abend also!

KLAPPROTH entzückt. Heute abend schon? Das ist ja prächtig!

ALFRED. Freund Kißling wird uns begleiten.

KLAPPROTH. Ah, Sie verpflichten mich außerordentlich. Eifrig. Aber was ich sagen wollte, sind denn auch interessante[27] Patienten dort? So von der Sorte, die sich einbilden, der Kaiser von China zu sein, und einen zu ihrem Großvezier machen wollen?

KISSLING für sich. Der verlangt ein bißchen viel.

ALFRED für sich. Himmlische Barmherzigkeit! Das kann gut werden.

KLAPPROTH. Oder einer, der sich einbildet, er wäre ein Klavier und nun immer Angst hat, man könnte ihm aufs Pedal treten, oder wolle auf ihm herumspielen? Haha!

KISSLING. Mein lieber Herr Klapproth, Sie werden in dieser Beziehung gewiß sehr enttäuscht sein, denn mit den gefährlichen Patienten kommen Sie bei solchen Gelegenheiten nie zusammen.

ALFRED eindringlich. Du machst dir eine ganz falsche Vorstellung, lieber Onkel, du wirst sehen, die Leute benehmen und unterhalten sich gerade so wie vernünftige Leute.

KLAPPROTH. Und doch ist's bei ihnen im Oberstübchen nicht richtig, das ist ja gerade für mich das Interessante dabei.

ALFRED. Daß du dir aber um des Himmels willen nicht merken läßt, daß du weißt, mit wem du es zu tun hast, oder wo du dich befindest.

KLAPPROTH. Wo werde ich denn?

KISSLING. Selbst gegen den Direktor nicht.

KLAPPROTH. O, ich weiß genau, wie ich mich zu benehmen habe. Jetzt aber zu Tische und dann, wie heißt denn eigentlich die Heilanstalt?[28]

ALFRED. Schöller.

KISSLING. Pension Schöller.

KLAPPROTH. Und dann also in die Pension Schöller. Kinderchen, so viel ist sicher, ein interessanter Abend wird's!

KISSLING für sich. Das glaube ich auch!

ALFRED für sich. Wenn das die Tante wüßte!


Während alle drei abgehen, fällt der Vorhang.


Quelle:
Carl Laufs: Pension Schöller. Berlin 11[o.J.], S. 26-29.
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