3. Auftritt

[34] Vorige. Gröber. Schöller von links.


SCHÖLLER. Sie haben ja ganz recht, mein lieber Major, aber bitte beruhigen Sie sich nur jetzt wieder.[34]

KLAPPROTH leise zu Kißling. Aha, das ist gewiß einer von den gefährlichen Patienten – eh Pensionären dieses Hotels wollte ich sagen.

GRÖBER. Kreuzmillionenbombendonnerwetter! Das ist ja nicht auszuhalten! Dieses Fräulein Krüger ist ja weit schlimmer als der leibhaftige Satan! Das verrückte Frauenzimmer bringt einen ja um mit ihrer ewigen Fragerei!

KLAPPROTH zu Alfred. Er nennt die andere verrückt! Großartig!

GRÖBER. Das sage ich Ihnen, Direktor, wenn diese Dame hier bleibt, dann ziehe ich aus. Wütend hinten rechts ab.

KLAPPROTH zu Kißling. Er will ausziehen! Das ist ja gottvoll!

KISSLING. Ader Herr Klapproth, bedenken Sie doch –

SCHÖLLER entschuldigend. Nehmen Sie es nicht übel, unser lieber Major hat heute seinen schlimmen Tag, da ist nicht gut mit ihn Kirschen essen.

KLAPPROTH. O bitte, das haben wir ja gar nicht anders erwartet.

ALFRED gibt ihm verstohlen einen Rippenstoß.

KLAPPROTH. Ich wollte sagen, so was kommt überall vor.

SCHÖLLER. Er hat sich über eine Dame geärgert, die heute bei uns eingezogen ist, diese Dame schreibt nämlich Romane und hat die leidige Gewohnheit, um schriftstellerisches Material zu sammeln, alle Menschen, die ihr in den Wurf kommen, durch ihre Fragen geradezu auf die Folter zu spannen.[35]

KLAPPROTH beiseite. Wie fein ausgedrückt: sie schreibt Romane – hat die leidige Gewohnheit. Tüchtiger Mensch, dieser Herr Direktor Schöller! Aber diese Dame muß er mir vorstellen, der werde ich Geschichten erzählen.

SCHÖLLER. Und mit dem guten Major muß man sich sowieso furchtbar in acht nehmen, um ihn nicht wütend zu machen. Er hat so seine kleinen Eigenheiten, die man kennen muß, wenn man sich mit ihm unterhalten will. Von militärischen Angelegenheiten darf man in seiner Gegenwart nicht sprechen, denn da er seiner Zeit den blauen Brief bekam, so wittert er auch in der harmlosesten Aeußerung eine versteckte Anspielung auf dieses unliebsame Ereignis. Von Advokaten und allem, was drum und dran hängt, kann er auch nichts hören, seitdem er einmal einen Prozeß verloren hat, und das Kapitel Liebe, Ehe, Weiber ist ihm womöglich noch verhaßter. Er scheint in dieser Beziehung sehr schlimme Erfahrungen gemacht zu haben.

KLAPPROTH. Sapperment, sich mit diesem Major zu unterhalten, ist ja ungefähr so belustigend, wie in einem Garten spazieren zu gehen, in dem verborgene Fußangeln liegen.

SCHÖLLER. Ja, ja, er hat seine Eigenheiten.

KLAPPROTH beiseite. Mit dem unterhalte ich mich nicht, so viel ist sicher.


Quelle:
Carl Laufs: Pension Schöller. Berlin 11[o.J.], S. 34-36.
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