Inholt

[2] Woer ein Minschen Kind henwandert

In der Werrelt wyt und breet,

Mercket men mit groet verdreet,

Dat sick alle dinck verandert:

Man moet sick verwundern sehr,

Nichtes blifft bestendig mehr.


Aller Minschen Doent, Gedancken,

Rede, Mening, Sinn und Waen,

Als ein Wind und Wedderhaen

Hen und her vnstedig wancken.

Wat dar was ein nie Gesanck,

Dat is nu de olde Klanck.


Wat vörm Jahr was Allemode,

Vnd van jederm wart geehrt,

Dat is itzund nicht mehr werth

Als dat schimmel van dem Brode:

Nie wert old, und old wert nie,

Kaken moet men frischen Brie.


Solcke doerheit wert gehalet

All uth Franckrick, darvör is

Mennig Schilling, ja gewis

Mennig tunne Gold betalet.

Vör Vernufft und Wyßheit goet

Gifft men kuem ein stücke Broet.


Nemand hölt sick na dem Stande,

Dar en Gott hefft tho gebracht,

Nemand blifft bi siner Dracht,

De gebrücklick is im Lande,

Schlichtes Volck ein Levend förth,

Als dem Adelstand gebörth.


Vnderscheet der Ständ und Orden

Is den Lüden man ein Spot,

Welcker doch wyßlick van Gott

Sülvest is gestifftet worden.[3]

Börgers willen holden sick,

Na der hogen wise und schick.


Kleder, Sprake, Versche schriven,

Endert sick fast alle Jahr,

Man ick achte idt nicht ein haer.

Bi dem olden will ick bliven:

Höger schal min Styll nicht gahn,

Als mins Vaders hefft gedahn.


Quelle:
Johann Lauremberg: Niederdeutsche Scherzgedichte, Halle 1879, S. 2-4.
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