Sechster Auftritt

[1581] Julius. Aspermonte, mit einigen Bewaffneten. Alle verlarvt.


ASPERMONTE. Hier lassen Sie uns warten. – Einen bessern Abend hätten wir nicht treffen können. Wie schön der Mond scheint!

JULIUS. Vortrefflich, und ich habe nie die Nachtigall zärtlicher schlagen, oder die Grille angenehmer zirpen hören.

ASPERMONTE. Sie haben auch noch nie Ihr Brautlied gehört.

JULIUS. Und doch hör ich etwas bange, eher mit dem unruhigen Erwarten einer Braut, als dem raschen Entzücken eines Bräutigams.

ASPERMONTE. Fassen Sie Mut.

JULIUS. Mein Mut wird schon wiederkommen, wenn nur erst Gefahr und Tumult da wär.

ASPERMONTE. Sehn Sie, in der Kirche ist noch Licht, die Nonnen halten die letzte Hora.

JULIUS. Ach Blanka hat auch für mich gebetet; – mein Name in Blankas Stimme im Himmel gehört, was für eine Idee!

EINER VON DEN BEWAFFNETEN. Sehn Sie, die Rakete – dort über der Kirchhofsmauer?

ASPERMONTE. Wo? ja dorten, so ist Philipp mit den andern schon an der Gartentür! Eine Pistole, Thomas! – Man möchte die Tür verschließen, wenn man uns so in hellen Haufen anziehen sähe. Ich will allein vorausgehn, und mich des Türhüters versichern. –

JULIUS. Tun Sie das.


Aspermonte geht einige Schritte vorwärts.


GUIDO der mit gezogenem Dolche auf ihn zuspringt. Halt, so leicht entführt man Guidos Geliebte nicht!

ASPERMONTE. Ist das die Stimme eines Fürsten, oder eines Banditen?

GUIDO reißt sich die Larve ab. Was? – Bandit?

JULIUS der mit den übrigen näher gekommen. Sei ruhig, Bruder! – Du wirst mich nicht hindern. – Marcellus, Ämilius, haltet ihm die Hellebarden vor!

GUIDO. Mich halten? Guidon von Tarent?


Er ersticht Julius.


JULIUS indem er sinkt. Blanka!

ASPERMONTE wirft sich auf den Leichnam. Julius, Julius ermuntern Sie sich!

GUIDO. So schwer wird mich der Himmel nicht strafen.[1581]

ASPERMONTE schreit dem Leichnam ins Ohr. Blanka, Blanka! Springt auf. Da er das nicht hört, wird er nie wieder hören.


Wirft sich wieder auf den Leichnam.


GUIDO. Erst eben starb er – Denn erst eben fuhr der Fluch der Brudermörder durch meine Gebeine! – Seht ihr nicht das Zeichen an meiner Stirne, daß mich niemand töte? Aspermonte, Fluch über mich und dich!

ASPERMONTE dreht sich um. Behalt deine Flüche für dich, ich will mir selber schon fluchen.

GUIDO. Nun so werde denn der ungeteilte Fluch über mich ausgegossen, und daß kein Blitz beizu sprütze!


Ab.


ASPERMONTE nach einer Pause. Ach, es war dein Sterbelied – Springt auf, nimmt Guidos blutigen Dolch. Da, Thomas, bring ihn dem Alten, frag ihn, ob das sein und seines Sohnes Blut sei. Bei alledem ist er doch ein Greis – doch ich kann mich ja selbst zum Greise machen! Zieht den Degen. Marcellus führe mein Pferd vor.

MARCELLUS. Wohin, gnädiger Herr!

ASPERMONTE. Die Frage eines Dummkopfs! – nach Ungarn in die Säbel der Ungläubigen.

Quelle:
Sturm und Drang. Band 2, München 1971, S. 1581-1582.
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