Wandrer und Wind

[263] Herbstwind, o sei willkommen!

Fünf Tage lag das Meer

So still, so bang beklommen,

Kein Lüftchen zog daher.


O Wind, nach deinem Rauschen

Sehnt ich mich auf der See,

Wie einst mein Jägerlauschen

Im Wald nach Hirsch und Reh,


Wie geht es meinen Wäldern

Am frischen Neckarfluß?

Den heimatlichen Feldern?

Bringst du mir keinen Gruß?[263]


›Entlaubt hab ich die Wälder

Im raschen Wanderzug,

Nahm durch die Stoppelfelder

Den ungehemmten Flug.


Nun ich durch Feld und Auen

Mein Wanderliedlein pfiff,

Komm ich nach euch zu schauen

Im Emigrantenschiff.


Weil alter Liebesbande

Das Schifflein müd und matt,

Jag ichs vom Mutterstrande

Dahin, ein welkes Blatt!‹

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 263-264.
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