Von der Feuersbrunst und dem, was Asmodeus bei dieser Gelegenheit aus Freundschaft für Don Cleophas that.
Anfänglich vernahmen sie verworrene Stimmen mehrerer Personen, wovon die Einen Feuer schrieen, und die Andern nach Wasser verlangten. Bald darauf bemerkten sie, daß die Treppe, welche in die Hauptgemächer von Don Pedro's Hotel führte, ganz in Feuer stand, und daß Flammen und Rauch wirbelnd durch die Fenster drangen.
Wie das Feuer wüthet, sagte der Dämon; es hat bereits das Dach erreicht und fängt schon an es zu durchbrechen. Die Funken fliegen in der Luft umher. Die Gluth wird so groß, daß das Volk, welches von allen Seiten zum Löschen herbeiströmt, nichts anders mehr thun kann, als müßig zuschauen. Der Greis im Schlafrock, den Ihr unter der Menschenmenge erblickt, ist der Senhor de Escalano. Hört Ihr sein Schreien und Jammern? Er wendet sich an die Leute, die ihn umringen, und beschwört sie, seine Tochter aus den Flammen zu retten, aber obgleich er eine große Belohnung verspricht, will doch Niemand sein Leben für diese Dame wagen, die erst sechszehn Jahre zählt und unvergleichlich schön ist. Da er sieht, daß er vergeblich um Hülfe fleht, zerrauft er sich das Haar und den Bart, er zerschlägt sich die Brust und geberdet sich im Uebermaß seines Schmerzes wie ein Wahnsinniger. Unterdessen ist Seraphine, von ihren Frauen verlassen, ohnmächtig vor Schrecken in ihrem Zimmer niedergesunken, und bald wird der dichte Rauch sie ersticken. Kein Sterblicher kann ihr zu Hülfe eilen.[5]
Ach! Senhor Asmodeus, rief Leandro Perez, von dem innigsten Mitleiden hingerissen, habt Erbarmen mit dieser jungen Dame, und hört auf meine Bitte, sie dem nahen Tode, der sie bedroht, zu entreißen. Ich fordre dies als Lohn für den Dienst, den ich Euch geleistet habe. Widersetzt Euch meinem Wunsche nicht, es würde mir einen tödtlichen Kummer verursachen!
Der Teufel lächelte, als er den Studenten so reden hörte. Senhor Zambullo, sprach er, Ihr besitzt alle Eigenschaften eines guten fahrenden Ritters. Ihr habt Muth, Mitgefühl mit der Noth Anderer, Ihr seid voll Eifer im Dienste junger Damen. Ich glaube, Ihr wärt im Stande, Euch gleich einem zweiten Amadis mitten in die Flammen zu stürzen, um Seraphinen zu retten und sie ihrem Vater wohlbehalten zurückzubringen? – Wollte Gott, daß das möglich wäre, rief Don Cleophas, ich würde es ohne Zögern unternehmen. – Euer Tod würde der ganze Lohn einer so schönen Helden that sein, erwiederte der Teufel. Ich habe es. Euch bereits gesagt, daß menschliche Macht in diesem Falle nichts auszurichten vermag, und ich werde wohl selbst einschreiten müssen, um Euch zufrieden zu stellen. Gebt Acht, wie ich die Sache angreifen werde, und beobachtet von hier aus mein ganzes Verfahren.
Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als er zum größten Erstaunen des Studenten dessen Gestalt annahm, sich unter das Volk mischte, durch das Gewühl drang und sich dann ins Feuer stürzte, als ob es sein Element wäre. Ein Schrei des Entsetzens entfuhr den Zuschauern, und Jedermann eiferte wider diese Verwegenheit. Welcher Wahnsinn! sagte der Eine, wie hat ihn die Geldgier bis zu diesem Grade verblenden können! Wenn er nicht ganz und gar von Sinnen wäre, würde ihn die ausgesetzte Belohnung gewiß nicht gereizt haben. – Dieser junge Wagehals, sprach ein Anderer, muß wohl ein Liebhaber von Don Pedros Tochter sein, der entschlossen ist, entweder seine Geliebte zu retten oder mit ihr unterzugehn. – Kurz, Alle erwarteten, daß er das Schicksal des Empedocles1 theilen werde, – als sie ihn einen[6] Augenblick später, Seraphinen in seinen Armen haltend, aus den Flammen hervortreten sahen. Ein Freudengeschrei erfüllte die Luft. Das Volk hatte tausend Lobsprüche für den tapfern Ritter, dem die schöne That gelungen war. Wenn ein tollkühnes Unternehmen einen glücklichen Ausgang hat, wird es nicht mehr streng beurtheilt, und das geschehene Wunder erschien nunmehr eine ganz natürliche That spanischen Muths.
Da die Dame noch immer in Ohnmacht lag, wagte ihr Vater nicht, sich seiner Freude zu überlassen. Er sah sie zwar glücklich den Flammen entrissen, doch fürchtete er, sie möchte an den Folgen des schrecklichen Eindrucks, den die drohende Gefahr auf sie gemacht haben mußte, vor seinen Augen sterben. Bald aber wurde er beruhigt, denn es gelang den Bemühungen ihrer Umgebung, sie aus ihrer Ohnmacht zu erwecken. Sie sah den Greis mit zärtlichem Blicke an und sagte: Senhor, ich würde mich über meine Rettung mehr betrüben als freuen, wenn ich Euch nicht ebenfalls gerettet sähe. – Ach, meine Tochter, antwortete er und umarmte sie, da du mir erhalten worden bist, werde ich mich über den Verlust alles Anderen zu trösten wissen. Laß uns, fuhr er fort, und stellte ihr den vermeintlichen Don Cleophas vor, laß uns diesem jungen Cavalier danken. Er ist dein Retter, ihm verdankst du die Erhaltung deines Lebens. Wir können ihm nie genug unsre Dankbarkeit bezeigen, und die von mir verheißene Belohnung kann meine Schuld gegen ihn nicht tilgen.
Hierauf ergriff der Teufel das Wort und sagte mit dem Anstande eines Mannes von Welt zu Don Pedro: Senhor, ich habe bei dem Dienste, den ich Euch zu er weisen so glücklich war, nicht an eure Belohnung gedacht; ich bin Edelmann und Castilianer; das Vergnügen, eure Thränen getrocknet und eure reizende Tochter den Flammen entrissen zu haben, ist eine genügende Belohnung für mich.
Die Uneigennützigkeit und Hochherzigkeit des Befreiers gewannen ihm Don Escalanos größte Achtung; er lud ihn ein, ihn zu besuchen, bat ihn um seine Freundschaft und bot ihm die seinige an. Nach vielen gegenseitigen Höflichkeitsbezeigungen verließen ihn Vater und Tochter, um sich in ein Gebäude am Ende[7] des Gartens zu begeben. Der Teufel aber kehrte zum Studenten zurück, und als dieser ihn in seiner ursprünglichen Gestalt wieder vor sich sah, sagte er: Senhor Asmodeus, sollten mich meine Augen getäuscht haben? Erschient Ihr nicht soeben in meiner Gestalt? – So ist es, antwortete der Hinkende, verzeiht und laßt Euch die Ursache dieser Verwandlung sagen. Ich habe einen großen Plan gefaßt; ich beabsichtige Euch mit Seraphinen zu verheirathen; ich habe ihr bereits unter eurer Gestalt eine heftige Leidenschaft für Euch eingeflößt. Don Pedro ist ebenfalls ganz von Euch eingenommen, weil ich ihm sehr höflich gesagt, daß ich bei der Rettung seiner Tochter keinen andern Beweggrund gehabt, als ihnen Beiden einen Dienst zu erweisen, und daß die Ehre, ein so gefahrvolles Abenteuer glücklich bestanden zu haben, der schönste Lohn für einen spanischen Edelmann sei. Der gute Mann hat edle Gesinnungen, er wird nicht an Großmuth zurückstehen wollen, und ich sage Euch, daß er in diesem Augenblicke schon mit sich zu Rathe geht, ob er Euch nicht zu seinem Schwiegersohne machen soll, um seine Dankbarkeit der Größe des Dienstes gleichzustellen, den Ihr, wie er glaubt, ihm erwiesen habt.
Indeß, während er diese wichtige Frage in Ueberlegung zieht, fügte der Hinkende hinzu, wollen wir uns nach einem Orte umsehen, der geeigneter ist als dieser, unsre Beobachtungen fortzusetzen. Bei diesen Worten trug er den Studenten hinweg und ließ sich mit ihm auf einer hohen Kirche nieder, die voll von Grabmälern war.
1 Ein sicilianischer Philosoph, der sich in den Krater des Aetna stürzte.
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Der hinkende Teufel
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