Dreizehnter Auftritt


[332] Damis. Valer. Anton.


VALER. Verzeihen Sie, liebster Freund, daß ich Sie in Ihrer gelehrten Ruhe störe –

ANTON. Wenn er doch gleich sagte, Faulheit.

DAMIS. Stören? ich sollte glauben, daß Sie mich zu stören kämen? Nein, Valer, ich kenne Sie zu wohl; Sie kommen, mir die angenehmsten Neuigkeiten zu hinterbringen, die der Aufmerksamkeit eines Gelehrten, der seine Belohnung erwartet, würdig sind. – – Einen Stuhl, Anton! – – Setzen Sie sich.

VALER. Sie irren sich, liebster Freund. Ich komme Ihnen die Unbeständigkeit Ihres Vaters zu klagen; ich komme, eine[332] Erklärung von Ihnen zu verlangen, von welcher mein ganzes Glück abhängen wird. – –

DAMIS. O! ich konnte es Ihnen gleich ansehen, daß Sie vorhin die Gegenwart meines Vaters abhielt, sich mit mir vertraulicher zu besprechen, und mir Ihre Freude über die Ehre zu bezeigen, die mir der billige Ausspruch der Akademie – –

VALER. Nein, allzugelehrter Freund; lassen Sie uns einen Augenblick von etwas minder Gleichgültigem reden.

DAMIS. Von etwas minder Gleichgültigem? Also ist Ihnen meine Ehre gleichgültig? Falscher Freund! – –

VALER. Ihnen wird diese Benennung zukommen, wann Sie mich länger von dem, was für ein zärtliches Herz das Wichtigste ist, abbringen werden. Ist es wahr, daß Sie Julianen heiraten wollen? daß Ihr Vater dieses allzuzärtliche Frauenzimmer durch Bande der Dankbarkeit binden will, in seiner Wahl minder frei zu handeln? Habe ich Ihnen jemals aus meiner Neigung gegen Julianen ein Geheimnis gemacht? Haben Sie mir nicht von je her versprochen, meiner Liebe behülflich zu sein?

DAMIS. Sie ereifern sich, Valer; und vergessen, daß ein Weibsbild die Ursache ist. Schlagen Sie sich diese Kleinigkeit aus dem Sinne – Sie müssen in Berlin gewesen sein, da die Akademie den Preis auf dieses Jahr ausgeteilet hat. Die Monaden sind die Aufgabe gewesen. Sollten Sie nicht etwa gehört haben, daß die Devise –

VALER. Wie grausam sind Sie, Damis! So antworten Sie mir doch!

DAMIS. Und Sie wollen mir nicht antworten? Besinnen Sie sich; sollte nicht die Devise: Unum est necessarium, sein gekrönt worden? Ich schmeichle mir wenigstens – –

VALER. Bald schmeichle ich mir nun mit nichts mehr, da ich Sie so ausschweifend sehe. Bald werde ich nun auch glauben müssen, daß die Nachricht, die ich für eine Spötterei von Lisetten gehalten habe, gegründet sei. Sie halten Julianen für Ihrer unwert, Sie halten sie für die Schande ihres Geschlechts; und eben deswegen wollen Sie sie heiraten? Was für ein ungeheurer Einfall![333]

DAMIS. Ha! ha! ha!

VALER. Ja lachen Sie nur, Damis, lachen Sie nur! Ich bin ein Tor, daß ich einen Augenblick solchen Unsinn von Ihnen habe glauben können. Sie haben Lisetten zum besten gehabt, oder Lisette mich. Nein, nur in ein zerrüttetes Gehirn kann ein solcher Entschluß kommen! Ihn zu verabscheuen, braucht man nur vernünftig zu denken, und lange nicht edel, wie Sie doch zu denken gewohnt sind. Aber lösen Sie mir, ich bitte Sie, dieses marternde Rätsel!

DAMIS. Bald werden Sie mich, Valer, auf Ihr Geschwätze aufmerksam gemacht haben. So verlangen Sie doch in der Tat, daß ich meinen Ruhm Ihrer törichten Neigung nachsetzen soll? Meinen Ruhm! – – Doch wahrhaftig, ich will vielmehr glauben, daß Sie scherzen. Sie wollen versuchen, ob ich in meinen Entschließungen auch wankelhaft bin.

VALER. Ich scherzen? der Scherz sei verflucht, der mir hier in den Sinn kommt! –

DAMIS. Desto lieber ist mir es, wann Sie endlich ernsthaft reden wollen. Was ich Ihnen sage: die Schrift mit der Devise Unum est necessarium –


Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 1, München 1970 ff., S. 332-334.
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